
Franz Kafka
(1883–1924)
Von: Die Inkognito-Philosophin
Kafka Zitate, Aphorismen & Sprüche
Franz Kafka (1883–1924) war einer der wichtigsten deutschsprachigen Erzähler des 20. Jahrhunderts.
Sein Leben verbrachte er überwiegend in seiner Geburtsstadt Prag. Kafka ist berühmt für seine grotesken und absurden Erzählungen und Romane.
Viele davon erschienen postum: Herausgeber war Max Brod (1884–1968), sein enger Freund und Nachlassverwalter.
Kafkas Leben ist geprägt von einem grundlegenden Vater-Sohn-Konflikt, mit dem er sich zeitlebens auseinandersetzten musste.
Zwischen gesellschaftlich-familiärer Verpflichtung und dem inneren Wunsch nach Freiheit und Autonomie zerriss es den Schriftsteller förmlich. (vgl. auch Existenzängste)
“Das Buch ist die Axt
für das gefrorene Meer in uns.”
- Franz Kafka, Briefe 1902 – 1924
Zitate von Franz Kafka
„Es ist sehr gut denkbar, dass die Herrlichkeit des Lebens um jeden und immer in ihrer ganzen Fülle bereit liegt, aber verhängt, in der Tiefe, unsichtbar, sehr weit. Aber sie liegt dort, nicht feindselig, nicht widerwillig, nicht taub. Ruft man sie mit dem richtigen Wort, beim richtigen Namen, dann kommt sie. Das ist das Wesen der Zauberei, die nicht schafft, sondern ruft.“
Kafka Tagebücher, 18.10.1921
„Ein unglücklicher Mensch, der kein Kind haben soll, ist in sein Unglück schrecklich eingeschlossen.“
Kafka Tagebücher, 27.12.1911)
“Jeder, der sich die Fähigkeit erhält,
Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.”
(Laut Gustav Janouch (1903 – 1968) eine mündliche Aussage Kafkas)
Allgemeines über Kafka & sein Werk
Im 20. Jahrhundert entwickelte sich ein breites Spektrum an unterschiedlichen literarischen Stilmitteln und Zielgruppen. Es scheint fast unmöglich, Kafka konkret in einer Literaturepoche einzuordnen.
Politische Unsicherheiten
die Schrecken des 1. Weltkriegs
die allgemeine Sinnfindungskrise im großstädtischen Leben
und die Destruktion des traditionell religiösen Weltbildes in Kafkas Generation
Aus all dem scheint Kafka einen absoluten Agnostizismus abhängig von der menschlichen Identitätskrise und der gestörten zwischenmenschlichen Kommunikation entwickelt zu haben. Seine Protagonisten sind ohnmächtig anonymen Mächten ausgeliefert. Die Verhältnisse völlig undurchsichtig, sodass sich eine erschütternde Orientierungslosigkeit in den Figuren breit macht, die fast immer mit gesellschaftlichen Zwängen einhergeht.
Für Kafka irrt der Mensch Raum und Gott verloren umher auf der Suche nach Sinn. Die irrationale Hoffnung auf göttliche Erlösung bleibt aber.
In Kafkas Werken ist die Frage nach Schuld und Schuldlosigkeit der Subjekte verworren und unentwirrbar.
In der Verwandlung spielen daher grundlegende Kommunikationsstörungen und Erkenntnisunfähigkeit eine Rolle. Und sie rühren von der Instabilität des Selbst her, wie sich auch am Vater-Sohn-Konflikt zeigt.
Im Urteil beherrscht eine völlige Sinnlosigkeit die Aktionen, Situationen und Figuren. Die Wahrnehmung ist psychifiziert.
Im Heizer erweist sich die Unmündigkeit und Handlungsunfähigkeit des Protagonisten trotz einem kurzen Selbsterlebnis von Autonomie.
In Josefine, die Sängerin oder das Volk der Mäuse, manifestiert sich die skeptische Anthropologie Kafkas: Der Selbstverwirklichungsdrang des Individuums scheitert an der priorisierten Leistungsorientierung des Kollektivs und dessen unflexiblen Strukturen.
In der Strafkolonie steht die schreckliche Maschine für die uneingeschränkte macht der Maschinerie Gesellschaft über den Einzelnen.
Die Erzählung ein Hungerkünstler thematisiert die Dissoziation des Individuums von der Gesellschaft – beziehungsweise die problematische Kommunikation zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv.
Der Vater bei Kafka
Kafkas Texte kreisen um Macht und das Gefühl der Fremdheit – Themen, die stark von seinem eigenen Leben beeinflusst sind. Als deutschsprachiger Jude lebte er mitten unter Christen im Prag des späten 19. Jahrhunderts in doppelter Isolation. Diese Einsamkeit formte seine Werke tiefgreifend.
Kafka wuchs mit einem gebrochenen Bezug zum Judentum auf, das ihm ebenso fremd blieb wie der weltliche Ehrgeiz seines Vaters. Dieser hatte es vom Armen zum erfolgreichen Ladenbesitzer gebracht und herrschte über die Familie wie ein Patriarch. Für die literarischen Bestrebungen seines Sohnes zeigte der Vater kein Interesse und erwartete eine konventionelle Karriere von ihm.
Die autoritäre Rolle des Vaters blieb für Kafka zeitlebens ein zentrales Thema. Selbst mit weit über 30 Jahren erinnerte er sich noch lebhaft an die Strafen und autoritären Ermahnungen, das Schreien und das Brüllen.
„In Deinem Lehnstuhl regiertest Du die Welt“, heißt es in einem Manuskript an den Vater, das mehr als 103 Seiten umfasst, aber niemals abgeschickt wurde. „Mein Schreiben handelte von Dir“, gesteht er er, „ich klagte dort ja nur, was ich an Deiner Brust nicht klagen konnte“.
Kafka Zitate in Spruch-Bildern
„Was ich geleistet habe, ist nur ein Erfolg des Alleinseins.“ (Tagebücher, 1913)
„Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von den Deinen. Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüsstest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.“
(Brief an Oskar Pollak, 8.11.1903)
„Je länger man vor der Tür zögert, desto fremder wird man.“
– Kafka, Heimkehr
„Die Demut gibt jedem, auch dem einsam Verzweifelnden, das stärkste Verhältnis zum Mitmenschen, und zwar sofort, allerdings nur bei völliger und dauernder Demut.“
– Kafka, Betrachtungen über Sünde, Leid, Hoffnung und den wahren Weg
„geschlafen, aufgewacht, geschlafen, aufgewacht, elendes Leben.“
– Kafka, Tagebücher, 19.06.1910
„Von einem gewissen Punkt an gibt es keine Rückkehr mehr. Dieser Punkt ist zu erreichen.“
– (Betrachtungen über Sünde, Leid, Hoffnung und den wahren Weg)
„Im Kampf zwischen dir und der Welt sekundiere der Welt.“
(Betrachtungen über Sünde, Leid, Hoffnung und den wahren Weg)
„Prüfe dich an der Menschheit. Den Zweifelnden macht sie zweifeln, den Glaubenden glauben.“
(Betrachtungen über Sünde, Leid, Hoffnung und den wahren Weg)
„Ein erstes Zeichen beginnender Erkenntnis ist der Wunsch zu sterben.“
(Betrachtungen über Sünde, Leid, Hoffnung und den wahren Weg)
Diverse Kafka Zitate
„Richtiges Auffassen einer Sache und Mißverstehn der gleichen Sache schließen einander nicht vollständig aus.“
(Der Prozess)
„Die Eltern, die Dankbarkeit von ihren Kindern erwarten (es gibt sogar solche, die sie fordern), sind wie Wucherer, sie riskieren gern das Kapital, wenn sie nur genug Zinsen bekommen.“
(Tagebücher, 12.11.1914)
„Der Freund ist die Verbindung zwischen Vater und Sohn, er ist ihre größte Gemeinsamkeit.“
(Tagebücher, 11.2.1913)
Kafkas Gesundheit
Kafka hat sich in seinen Briefen viele Male zu Ärzten als solchen geäußert. Er vertraute ihnen nicht. Er war ein Anhänger der Naturheilkunde. Unspezifische Krankheitssymptome wie Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Herzbeschwerden oder Gewichtsabnahme, unter denen er litt, versuchte er psychosomatisch zu deuten. Tatsächlich spricht einiges für einen Zusammenhang zwischen körperlichen Symptomen und den zahlreichen Konflikten, von denen Kafka sich zeit seines Lebens bedroht sah.
Minderwertigkeitskomplexe und Schuldgefühle plagten Kafka seit seiner Kindheit. Das schwierige Verhältnis zu seinem dominanten Vater tat ein Übriges. Das Schreiben war für Kafka später zwar ein Ausweg, mit einer tief empfundenen Lebensunfähigkeit zurechtzukommen; zugleich war es von erheblichen Selbstzweifeln begleitet.
Ein weiterer Konflikt ergab sich aus der Notwendigkeit eines existenzsichernden Berufs und der ungeliebten Tätigkeit im »Brotberuf«. Auch sein ambivalentes Verhalten gegenüber Frauen zeugt von innerem Widerstreit und Verunsicherung. Nach einem Blutsturz im August 1917 diagnostizierte man bei Kafka Lungentuberkulose:
»Manchmal scheint es mir, Gehirn und Lunge hätten sich ohne mein Wissen verständigt. ›So geht es nicht weiter‹, hat das Gehirn gesagt, und nach fünf Jahren hat sich die Lunge bereiterklärt, zu helfen.« (Brief an Max Brod)
1918 erkrankte Kafka an der Spanischen Grippe. 1922 erlitt er einen Nervenzusammenbruch und wurde danach immer hinfälliger. Gegen Ende seines Lebens erhielt er die Diagnose einer unheilbaren Kehlkopftuberkulose. Franz Kafka verstarb am 3. Juni 1924 im Alter von nur 40 Jahren in Kierling bei Klosterneuburg in der Nähe von Wien.
„Die Schrift ist unveränderlich und die Meinungen sind oft nur ein Ausdruck der Verzweiflung darüber.“
(Der Prozess)
„Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht.“
(Der Prozess)
„Die Logik ist zwar unerschütterlich, aber einem Menschen, der leben will, widersteht sie nicht.“
– (Der Prozess)
Verbringe die Zeit nicht mit der Suche nach einem Hindernis. Vielleicht ist keines da.
– (Tagebucheintrag vom 16. September 1920)
Kafka und sein Schreiben
Die ersten Schreibversuche aus seiner Jugend hat Kafka später selbst vernichtet. Während seines Studiums arbeitete er an Skizzen, Prosagedichten und Erzählungen. Der erste erhaltene literarische Text ist eine Novelle aus dem Jahre 1904: »Beschreibung eines Kampfes«. Das Jahr 1912 bedeutete eine Wende für den Schriftsteller: Er gab seinen bis dahin gehegten Wunsch zur Auswanderung endgültig auf und begann, sein einsames Leben in Prag zu akzeptieren. Seine Familie zwang ihm die Verwaltung der verhassten Asbestfabrik des Schwagers auf. In der Folge trug Kafka sich mit Selbstmordgedanken.
Tatsächlich konzentrierte Kafka sich von nun an aufs Schreiben. Wegen seiner Beamtentätigkeit fand er nur nachts zwischen 22.30 Uhr und 2.00 Uhr früh Zeit für seine Erzählungen und Romane. Die Arbeit daran fand in fast manisch wirkenden Schüben statt. Er war dann äußerst produktiv. Dazwischen gab es lange Phasen der Untätigkeit.
Der literarische Durchbruch gelang Kafka 1912 mit der Erzählung »Das Urteil«.
Das literarische Schreiben war ihm Freude & Leiden
Vor allem aber stellte es eine existenzielle Ausdrucksform dar, die wie ein unverrückbares inneres Gebot befolgt werden muss. Kafka schreibt, er „bestehe aus Litteratur“ und sei „nichts anderes“, (Brief an Felice Bauer am 14. August 1913;).
Er startet in der Regel seinen Schreibprozess ohne ausführliche Vorbereitung. Ordnung war ihm, trotz seiner sonstigen Pedanterie, in diesem Bereich fremd. Anders als andere Autoren, die ihre literarischen Projekte sorgfältig planen und ihre Arbeitsprozesse minutiös vorbereiten, arbeitete Kafka ohne eine strenge Struktur. Er legte keinen Wert auf klar festgelegte Start- und Endpunkte. Stattdessen war sein Schreiben spontan und unvorhersehbar.
Zu Kafkas Schreibstil gehörte der ständige Versuch, seine Texte in einem ununterbrochenen Prozess und mit höchster Konzentration zu vollenden. Typisch für ihn war auch, dass er keine Notizen oder Entwürfe machte, weil seine kreative Eingebung aus spontanen Einfällen entstehen sollte. Das Ideal eines ununterbrochenen Schreibflusses hat seinen Preis:
Die panische Angst vor Unterbrechungen, die seine Produktivität stark beeinträchtigen konnten.
Was bedeutet eigentlich kafkaesk?
Das Adjektiv »kafkaesk« leitet sich vom Namen des Schriftstellers Franz Kafka ab. Dessen Erzählungen sind geprägt von undurchschaubaren Beziehungen, absurden Verwicklungen und unklaren Strukturen der Personen oder Orte. Sie wirken auf einzigartige und unergründliche Weise bedrohlich.
Vergleichbare Situationen oder Stimmungen werden mitunter als »kafkaesk« bezeichnet. Das Wort wurde nach Angaben der Duden-Redaktion 1973 erstmals in den Rechtschreibduden aufgenommen.