Philosophie der Epikureer

über Glück, Leben und Tod

Autorin: Die Inkognito-Philosophin

Epikur von Samos (341 – 270 v. Chr.)

Epikur gründete die philosophische Schule des Epikureismus. Seine Lehren konzentrierten sich auf das Streben nach Glück und die Überwindung von Angst und Leid.

Dabei entwickelte er eine Ethik, die die Suche nach innerem Frieden und die Bedeutung von Freundschaft in den Fokus stellte.

In einer Zeit, in der die antike Lebenswelt von Unsicherheiten geprägt war, suchte Epikur nach einem Weg, das Leben in seiner Fülle und Ruhe zu genießen, ohne sich von übermäßigen Begierden und falschen Werten leiten zu lassen.

Fakten zu Epikureischen Schule

  • 307 v. Chr. gründete Epikur in Athen eine Schule: "Der Garten" (Kepos), in dem er ca. 36 Jahre lang lehrte und lebte

  • Seine Philosophie befasst sich mit Erkenntnistheorie, Naturphilosophie, Theologie, Psychologie und Ethik

  • Der Epikureismus definierte das höchste Glück des Menschen durch ein Leben in Ataraxia (Seelenruhe) und Aponia (Schmerzfreiheit)

  • Die Philosophie Epikurs stand im Gegensatz zu anderen vorherrschenden Philosophien jener Zeit, v. a. Stoa (eine wirkliche Konkurrenz war sie jedoch nie)

  • Epikurs Schule hatte kein Interesse daran, politischen Einfluss auszuüben, und pflegte – bis auf einige Anhänger vielleicht – kaum Verbindungen zu den Reichen und Mächtigen.

Zitate des Epikur

Selten tritt dem Weisen das Schicksal in den Weg.

Quelle: Seneca, Von der Unerschütterlichkeit des Weisen oder Von der Stärke des Weisen (De Constantia Sapientis). 15. Kapitel. Übersetzt von J. M. Moser, 1828

Es gibt keine Gerechtigkeit an sich, sondern sie beruht nur auf einem Vertrag, der beim gegenseitigen Verkehr an beliebigen Orten jeweils geschlossen wird mit dem Zweck, einandern nicht zu schädigen, noch sich schädigen zu lassen.

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus den Hauptlehren [33]

Man hat eher darauf zu achten, mit wem man esse und trinke, als was man esse und trinke.

Quelle: Seneca, Briefe an Lucilius (Epistulae morales ad Lucilium), 62 n. Chr. 19. Brief. Übersetzt von Otto Apelt, 1924. Seneca zitiert hier Epikur.

Man muß versuchen, den nächsten Tag immer besser zu gestalten als den vorhergehenden, solange wir noch auf dem Wege sind; sind wir aber ans Ziel gelangt, so dürfen wir gleichmäßiger Fröhlichkeit huldigen.

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [48]

Leben & Wirken des Epikur

Epikurs Geschichte beginnt mit bescheidenen Wurzeln: Sein Vater Neokles war als Kolonist von Athen und Attika auf die Insel Samos gezogen, wo er als Elementarlehrer und Landwirt wenig verdiente. Im Großen und Ganzen ist die Überlieferung über Epikurs Leben lückenhaft und wahrscheinlich auch mit fantasievollen Ausschmückungen behaftet.

Bildung und Ausbildung

Mit 14 Jahren soll er die Philosophie für sich entdeckt haben. Der Grund dafür waren seine tiefen Zweifel gegenüber dem dunklen Chaos (vgl. Hesiod). Anfangs studierte er beim Platoniker Pamphiles, konnte Demokrits Lehren jedoch mehr abgewinnen. Pamphiles langweilte ihn mit rhetorischen Phrasen. Doch der Atomismus des Demokrit prägte sein Denken nachhaltig.

Im Jahr 323 v. Chr. wanderte Epikur mit ca. 18 Jahren nach Athen. Dort absolvierte er im Gymnasion eine 2-jährige vormilitärische Ausbildung, um als Bürger Athens eingetragen zu werden. Doch die Zeit war voller sozialer und politischer Unruhen, Epikurs Spur verliert sich hier.

Gründung der eigenen “Schule”

Erst im Jahr 306 v. Chr. tritt Epikur wieder auf den Plan. Erneut in Athen, da dort die Attische Demokratie zu einer neuen Blüte zu erstrahlen schien. Er erwarb einen Garten (Kepos), der nicht nur ein Ort des Lernens wurde, sondern das Herz seiner philosophischen Gemeinschaft bildete.

Hier versammelten sich Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und diskutierten Gedanken über das Leben. Nicht nur das, dort lebte er auch mit seiner Schülerschaft zusammen – manche kamen von weit her, besitz- und mittellos. Andere waren Ehepaare, Frauen (auch Hetären) sowie Sklaven, die an seinen Symposien teilnahmen.

Epikur Zitate über das Glück

„Wer sich um das Morgen am wenigsten kümmert, geht ihm mit der größten Lust entgegen.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus unbestimmten Schriften [111]

„Der Weise ist glücklich, selbst wenn er gefoltert wird und dabei stöhnt und klagt.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus unbestimmten Schriften [142]

„Eine kleine Seele wird durch Glück übermütig, durch Unglück niedergeschlagen.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus unbestimmten Schriften [109]

„Das Wort 'Sieh auf das Ende eines langen Lebens', ist unerfreulich, wenn es sich auf vergangenes Glück bezieht.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [75]

„Wer des Guten, das ihm geworden, nicht mehr gedenkt, ist in seinem Herzen ein Greis geworden.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [19]

Epikureismus über Lust und Unlust

Epikurs zentraler Gedanke ist außergewöhnlich prägnant: Jeder Mensch kann Glück erlangen – egal ob Herrscher oder Sklave. Um dies zu erreichen, sollte man alles tun, was Freude und Lust vermittelt, und gleichzeitig alles meiden, was Unlust oder Schaden bringt.

Epikur formuliert es so:

Die Lust ist der Ursprung und das Ziel des glückseligen Lebens. Sie ist das erste und angeborene Gut, von dem aus wir unsere Entscheidungen über das, was wir wählen oder meiden, treffen.

Epikur geht es nicht um sinnliches Genussstreben, sondern um lebenslange Selbstfürsorge, also ein ganzheitliches Konzept zur gesunden Lebensführung.

    • Was sind die grundlegenden Bedürfnisse, die zu einem glücklichen Leben führen?

    • Welche Bedürfnisse sind unerlässlich und welche sind es nicht?

    • Wie sollten wir konkret mit diesen Bedürfnissen umgehen, zum Beispiel in Bezug auf Essen, Trinken, Sexualität und Freundschaft?

    • Und warum sieht Epikur unter den 5 Grundbedürfnissen, die er betont, nicht Essen, Trinken oder Sexualität als die wichtigsten an, sondern vielmehr Freundschaft und Philosophie?

Zitate des Epikur über Lust & Begierde

„Jede Erregung körperlichen Vergnügens läßt eine Lust und Freude der Seele aus sich hervorgehen.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus unbestimmten Schriften [95]

„Wenn du [einen Menschen] reich machen willst, dann gib ihm nicht mehr Geld, sondern vermindere seine Begierde.“

Quelle: Stobaios, Eclogae und Florilegium (antike Sammlung von Exzerpten und Lehrmeinungen). 3, 17, 23

„Man soll das, was man hat, nicht beeinträchtigen durch die Begierde nach ihm, was man nicht hat, sondern bedenken, daß auch dies zu dem Wünschenswerten gehörte.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [35]

„An alle Begierden sollte man die Frage stellen: was wird mir, wenn ihr Wunsch befriedigt wird, und was, wenn nicht?“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [71]

„Keine Lust ist an sich ein Übel, aber die Wirkungen mancher Lüste bringen vielfache Störungen der Lust.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus den Hauptlehren [8]

Epikureismus als Provokation des antiken Zeitgeistes

Epikurs Lehre stand im krassen Gegensatz zur Philosophie seiner Zeit: Die Vorstellung, dass die Verwirklichung von Lust das ultimative Lebensziel sein soll, ist das Gegenteil der Lehren von Platon, Aristoteles und den Stoikern, die die Vernunft und ein rational geführtes Leben als die höchsten Werte des menschlichen Daseins betrachten.

Das Thema war so provokant, dass ihn

  • einige Zeitgenossen als ‚Vielfraß‘ oder ‚Sittenstrolch‘,

  • der Dichter Timon als 'hündisch und säuisch'

  • und die Stoiker als 'Wüstling' beschimpften.

  • Das Ganze schaukelte sich im späteren Christentum so hoch, dass Epikur sogar als Antichrist bezeichnet wurde.

  • Halten wir fest: Epikurs Lehren waren für seine Zeit skandalös, da auch Frauen und Sklaven freien Zugang zu seiner Gemeinschaft erhielten.

    Das weitverbreitete Vorurteil, dass die Philosophie Epikurs einen ausschweifenden Hedonismus propagierte, beruht wahrscheinlich auf genau der Tatsache, dass sich in seinem berühmten Garten eben überhaupt Frauen und Sklaven aufhalten durften.

Tritt ein, Fremder! Ein freundlicher Gastgeber wartet dir auf mit Brot und mit Wasser im Überfluss, denn hier werden deine Begierden nicht gereizt, sondern gestillt.
— Inschrift am Eingang des Gartens des Epikur

Zitate des Epikur über Naturphilosophie

„Den Träumen kommt keine göttliche Natur noch prophetische Bedeutung zu, sondern sie entstehen durch das Eindringen von Bildern.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [24]

„Man soll die Natur nicht vergewaltigen, sondern ihr gehorchen. Gehorchen werden wir ihr aber, indem wir die notwendigen Begierden befriedigen, die natürlichen wenigstens so weit, als es nicht schädlich ist, die schädlichen aber rücksichtslos unterdrücken.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [21]

„Die Naturwissenschaft macht die Leute nicht zu geschäftigen Großtuern und Schwätzern, die mit ihrer, bei der Menge hochgeschätzten Bildung prahlen, sondern sie macht mannhaft und selbstständig und stolz, nicht auf äußere Güter, sondern auf den eigenen inneren Wert.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [45]

Kritik an der Götterlehre

Epikurs Theologie stellt keinen Atheismus dar, sondern war ein Versuch, religiöse Ängste zu überwinden und eine vernünftige Erklärung für die Welt zu liefern.

  • Die Götter sind, aber sie interessieren sich nicht für die Menschen

  • Die Götter wohnen zwischen den Welten (Intermundien) in herrlichster Glückseligkeit.

  • Die Götter mischen sich nicht in die Welt ein und bestrafen oder belohnen die Menschen nicht.

  • Epikurs Aussagen zielen u. a. darauf ab, den Menschen die Angst vor göttlicher Strafe zu nehmen und ihnen so zu einem glücklicheren Leben zu verhelfen.

    Die epikureische Theologie wurde häufig als atheistisch missverstanden. Die Überieferung gibt diese Interpretation aber nicht her: Epikur verleugnete keine Götter, sondern definierte ihre Rolle so, dass sie mit seiner Naturphilosophie und Ethik übereinstimmte. Für die Epikureer waren Naturphänomene wie Stürme oder Erdbeben nicht Zeichen göttlichen Zorns, sondern Naturphänomene.

Ein glückseliges und unvergängliches Wesen hat weder selbst Schwierigkeiten, noch bereitet es einem anderen solche.
— Epikur

Zitate über Ethik

„Niemand wählt mit sehenden Augen das Übel, sondern angelockt, wie wenn ein größeres Gut dabei wäre, wird man von dem Übel eingefangen.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [16]

„Die größte Frucht der Gerechtigkeit ist der Seelenfriede.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus unbestimmten Schriften [113]

„Es ist nicht möglich, lustvoll zu leben, ohne daß man vernunftgemäß, schön und gerecht lebt, noch vernunftgemäß, schön und gerecht ohne lustvoll zu leben. Wer dies nicht besitzt, der kann nicht lustvoll leben.“

Quelle: Epikur, Die Hauptlehrsätze (Kyriai doxai). [5]

Epikureische Ethik – über Glück & Tugenden

Ziel: Ataraxia und Aponia

Ataraxia ist ein Zustand innerer Ruhe, frei von jedweden Ängsten und Sorgen. Ein Zustand, in dem wir gelassen sind und uns nicht von äußeren Umständen oder inneren Konflikten aus der Bahn werfen lassen.

Aponia bezeichnet einen Zustand der Schmerzfreiheit. Die Kernaussage ist, dass wahres Wohlbefinden nicht nur von Lust, sondern auch von der Abwesenheit körperlichen Leidens abhängt.

Die Ethik ist das Herzstück der epikureischen Philosophie.

Das höchste Gut

Lust (Hedone) Lust wird hier nicht oberflächlich als bloßer Genuss verstanden, sondern als die Abwesenheit von Schmerz und Unruhe. Epikur macht deutlich, dass sich wahres Wohlbefinden und Glück aus innerer Gelassenheit ergeben – die Freiheit von körperlichem und seelischem Leid.

Epikurs Lob der Freundschaft

Der Epikureismus betont die Freundschaft als wichtigsten Faktor für ein glückliches Leben. Im Gegensatz zu anderen antiken Schulen wie dem Stoizismus, bei denen die Erfüllung sozialer oder politischer Pflichten im Vordergrund steht, konzentriert sich Epikur auf individuelle Glückseligkeit als das höchste Ziel.

Ein typischer Epikureer würde daher raten, sich vom stressigen politischen Leben zurückzuziehen. Stattdessen sollte man einen Garten pflegen, mit Freunden philosophieren und die einfachen Freuden des Lebens genießen.

Zitate über Freundschaft

„Bezeugen wir unsern Freunden unsere Teilnahme nicht durch Mitklagen, sondern durch Mitsorgen!“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [66]

„Um der Lust willen befreunde man sich auch mit der Tugend, nicht um ihrer selbst willen [...]“

Quelle: Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen. X, 138. Übersetzt von Otto Apelt, 1921

„Gewinne nie Habsüchtige zu Freunden.“

Quelle: Haringer (Hg.), Epikur. Fragmente zur Lebenskunst, 1947

Erkenntnislehre der Epikureer – Die Kanonik

Epikur war überzeugt davon, dass unsere Sinne uns nicht täuschen können; vielmehr liegt die Fehlerquellen in unserer Interpretation der Sinneseindrücke.

In diesem Zusammenhang definierte Epikur 3 Kriterien der Wahrheit:

Sinneswahrnehmungen (aistheseis)

Unsere Sinne sind der erste Zugang zur Welt.

Sie liefern uns unmittelbare Informationen über unsere Umgebung und ermöglichen es uns, Phänomene jeder Art wahrzunehmen.

Vorbegriffe (prolepsis)

Diese Begriffe entstehen aus wiederholten Sinneseindrücken.

Sie sind allgemeine Konzepte, die sich aus unseren Erfahrungen bilden und die uns helfen, die Welt zu kategorisieren und zu verstehen.

Gefühle (pathe)

Emotionale Reaktionen spielen ebenfalls eine zentrale Rolle in unserem Erkenntnisprozess.

Sie beeinflussen, wie wir Sinneseindrücke interpretieren und welche Bedeutung wir ihnen zuschreiben.

Diese empirische Herangehensweise steht im Gegensatz zu anderen philosophischen Schulen seiner Zeit, die oft auf abstrakte Vernunftschlüsse setzten.

Epikurs Perspektive fördert eine wertvolle Achtsamkeit gegenüber der unmittelbaren Erfahrung und geht davon aus, dass das Streben nach Wissen und Verständnis am besten durch das Erleben der Welt geschieht.

In einer Zeit, in der viele philosophische Diskurse theoretisch geprägt waren, bringt Epikur einen erfrischenden, sinnlichen Zugang zur Philosophie, der dazu einlädt, das Leben in seiner vollen Anschaulichkeit zu betrachten und zu genießen.

Zitate über Wahrnehmung und Erkenntnis

„Der Zufall spielt bei dem Weisen eine unbedeutende Rolle; das Größte und Wichtigste ordnet er seine ganze Lebenszeit hindurch mit seinem Verstande.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus den Hauptlehren [16]

„Bei den sonstigen Tätigkeiten stellt sich die Frucht kaum ein, wenn sie zu Ende geführt sind, bei der Philosophie aber ist die Freude die Begleiterin der Erkenntnis; der Genuß folgt nicht erst auf das Lernen, sondern das Lernen selbst ist Genuß.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [27]

„Die Anerkennung der Welt muß von selbst kommen; wir haben uns nur mit unserer eigenen Heilung zu befassen.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [64]

„Wir müssen erkennen: die lange Rede hat wie die kurze dasselbe Ziel.“

Quelle: Epikur, Vatikanische Spruchsammlung (Gnomologium Vaticanum Epicureum). [26]

Materialistische Seelenlehre

Die epikureische Philosophie bietet eine faszinierende Sicht auf die Seele und wies die traditionelle Auffassung über die Unsterblichkeit der Seele und ein Nachleben im Jenseits zurück.

Ein relevantes Ziel des Epikureismus war u. a., die Angst vor dem Tod zu mindern.

Gewöhne dich an den Gedanken, dass der Tod uns nichts angeht. Denn alles Gute und Schlimme beruht auf Empfindung; der Tod aber ist die Aufhebung der Empfindung.
— Epikur

Entsprechend seiner Naturphilosophie postulierte Epikur, dass die Seele aus besonders feinen Atomen besteht. Bei körperlichem Tod zerfällt auch die Seele.

Epikur teilte die Seele in 2 Hauptteile:

  • Der erste Teil ist der vernunftlose Aspekt (anima), der im gesamten Körper verteilt ist und unsere Empfindungen steuert.

  • Auf der anderen Seite steht der vernunftbegabte Teil (animus), der im Brustbereich lokalisiert ist und für unsere Denkprozesse und emotionalen Erfahrungen verantwortlich ist.

Diese materialistische Sichtweise hat tiefgreifende Folgen für die Lebensweise eines Epikureers. Sie unterstreicht die Wichtigkeit des gegenwärtigen Lebens und des Strebens nach diesseitigem Glück, anstatt sich auf ein Leben nach dem Tod zu konzentrieren.

Zitate über Tod

„Der Tod geht uns nichts an; denn ein aufgelöster Organismus empfindet nicht; was aber nicht empfindet, geht uns nichts an.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus den Hauptlehren [2]

„Wir sind einmal geboren; zweimal kann man nicht geboren werden und das Leben muß ein Ende nehmen. Du aber verschiebst das Erfreuliche, obwohl du nicht über das Morgen verfügst. Das Leben aller Menschen verzehrt sich im Zaudern und jeder Einzelne von uns stirbt mitten in seiner Geschäftigkeit.“

Quelle: Nestle, Die Nachsokratiker, 2 Bde., 1923. Aus der Spruchsammlung 'Also sprach Epikuros' [14

Was ist Epikureismus?

Philosophie der Antike

Der Epikureismus ist eine philosophische Strömung im 4. Jahrhundert v. Chr., nach ihrem Gründer Epikur von Samos benannt. Diese Denkschule legt großen Wert auf das Streben nach Glück und Wohlbefinden durch die Suche nach Lust (Hedone) und die Vermeidung von Schmerz (Aponia). Epikur und seine Anhänger glauben, dass das höchste Gut im Leben in der Erreichung von innerer Ruhe (Ataraxia) und Freude liegt, die durch eine bescheidene Lebensweise, Freundschaften und die Kultivierung der Tugend erreicht werden kann.

Ein zentraler Aspekt des Epikureismus ist die materialistische Auffassung von Körper und Seele: Die Seele besteht aus feinen Atomen und ist sterblich.

Epikur betonte außerdem die Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung und erfahrungsgestützten Erkenntnis, um zu Wissen und Wahrheit zu gelangen.

Insgesamt trat der Epikureismus für eine Lebenshaltung ein, die das diesseitige Leben in den Vordergrund und den Genuss kleiner Freuden in den Fokus stellte.

Leontion

(spätes 4. Jh. / frühes 3. Jh. v. Chr.)

Leontion war eine Philosophin der antiken epikureischen Schule. Sie ist bekannt dafür, eine Schülerin und möglicherweise Geliebte von Epikur gewesen zu sein. Von ihr sind keine Werke erhalten, aber historische Quellen (Cicero, Plinius, Diogenes) legen nahe, dass sie eine Intellektuelle mit umfassender Bildung war.

Über Leontion wissen wir, dass sie es „wagte“ Kritik an Theophrast (Aristoteles’ Nachfolger) zu üben und die epikureische Lehre klug und wortgewandt verteidigte.

In der Neuzeit herrscht die Vorstellung, sie hätte feministisch argumentiert und v.a. seine frauenfeindliche Schrift über die Ehe kritisiert. So stimmt das allerdings nicht, vielmehr hat sich Leontions Gegen-Armentation mit naturphilosophischen Prinzipien beschäftigt. Ob sie einer der ersten “Feministinnen“ war, wissen wir nicht und es deutet auch nichts darauf hin.

Männerdomäne Philosophie

Die wenigen antiken Berichte über sie weisen deutliche Unterschiede auf, die stark davon abhängen, wie kritisch die Autoren Epikurs Philosophie gegenüberstanden und wie sehr sie Frauen abwerteten.

Das wird vor allem an Ciceros Kritik deutlich:

Hat nicht im Vertrauen auf diese Fantasien (…) auch diese kleine Hetäre, die Leontion, es gewagt, gegen Theophrast zu schreiben – gewiss, sie tat es geistreich und in gutem attischen Stil; aber trotz allem: So viel Dreistigkeit gab es im Garten Epikurs.
— Cicero: De natura deorum, I, 93

Der spätantike Historiker Diogenes Laertius berichtet:

Kritiker äußerten sich abfällig und behaupteten, Epikur habe angeblich „mit der Hetäre Leontion zusammengelebt“. Sie verknüpfen diese Aussage mit ihrer negativen Auffassung vom Epikureismus, den sie als eine Philosophie der Völlerei und sexuellen Freizügigkeit verurteilen.

Befürworter versuchten wiederum, die angebliche Beziehung zwischen Epikur Leontion in ein positives Licht zu rücken, denn der Philosoph habe „die attische Hetäre Leontion als Nebenfrau in sein Haus aufgenommen“.

Frauen in der epikureischen Philosophie

Frauen spielten eine außerordentliche Rolle in der epikureischen Schule, denn von allen anderen philosophischen Schulen wurden sie i. d. R. ausgeschlossen. Anders in der epikureischen Gemeinschaft: Hier nahmen viele Frauen aktiv an der Community teil und wurden als Philosophinnen anerkannt.

Es sind mehrere Frauen bekannt, mit denen Epikur engen Kontakt pflegte, v. a. über Briefe. Sie waren für ihn gleichwertige Gesprächspartner in philosophischen Fragen.

Neben Leontion waren auch andere Epikureerinnen bekannt: Mammarion, Hedeia, Erotion, Nikidion und Themiste, die Frau des Leonteus. Diogenes Laertios und andere Quellen belegen, dass diese Frauen aktiv an philosophischen Diskursen teilnahmen.

Die intellektuellen Werke der „epikureischen Hetären“ waren so bemerkenswert, dass sie selbst von zeitgenössischen Kritikern als Philosophinnen anerkannt wurden.

Themiste wird zu den bedeutendsten Schülerinnen des Epikur gezählt, Cicero lobte ihre Weisheit und Laktanz hielt sie für die einzige Frau, die den Titel Philosophin verdient.