Mary Wollstonecraft

(1814–1881)

Leben & Wirken für Frauenrechte

Von: Die Inkognito-Philosophin

Mary Wollstonecraft

Eine Revolutionärin im Schatten ihrer Tochter

Mary Wollstonecraft war eine der ersten und einflussreichsten Verfechterinnen der Frauenrechte und ist bis heute eine zentrale Figur in der feministischen Theorie.

Ihr Hauptwerk, „Die Verteidigung der Rechte der Frau“ (1792), stellt ein kraftvolles Plädoyer für die Bildung und Gleichberechtigung von Frauen dar. Leider wurde sie lange nur als Mutter von Mary Shelley, der Autorin von „Frankenstein“, wahrgenommen.

Dabei sind Marys Leben und Werk ein eindrucksvolles Zeugnis ihres unermüdlichen Kampfes für Gleichberechtigung. Ihre Geschichte erinnert uns daran, wie sehr Fortschritte oft mit persönlichen Opfern erkämpft werden müssen.

Mary Wollstonecraft (1759-1797)

Zitate von Mary Wollstonecraft

Die Tyrannei der Männer ist Ursache fast aller Geisteskrankheiten der Frauen, und ihr Ränkespiel liegt an der Unterdrückung.
— M. Wollstonecraft, In: Vindication of the Rights of Women, 1793
Ein Gatte ist ein angenehmes Möbelstück, vorausgesetzt, dass er nicht unbeweglich an Ort und Stelle klebt.
— Mary Wollstonecraft
Schwäche kann Zärtlichkeit erregen und den männlichen Stolz erfreuen. Doch die gebieterischen Zärtlichkeiten eines Beschützers werden niemals einen edlen Verstand befriedigen, der danach lechzt und es verdient, respektiert zu werden.
— Wollstonecraft

Persönliches Leben und Herausforderungen

Um die Bedeutung von Marys Werk voll zu erfassen, muss man den historischen Kontext verstehen: Im 18. Jahrhundert waren Frauenrechte nicht existent. Frauen hatten weder das Wahlrecht noch Schutz vor häuslicher Gewalt oder Vergewaltigung in der Ehe.

Marys Leben war von Anfang an alles andere als einfach. Sie wuchs in einer armen, 8-köpfigen Familie auf. Ihr Vater war Alkoholiker und schlug die Mutter regelmäßig. Schon als Mädchen erfuhr sie also Gewalt und finanzielle Sorgen. Ständige Umzüge und eine unzureichende Schulbildung prägten ihre Kindheit. Doch sie ließ sich davon nicht entmutigen und bildete sich autodidaktisch weiter.

Die Schläge ihres Vaters stimmten sie keineswegs demütig, sondern empörten sie vielmehr. Bei solchen Gelegenheiten fühlte sie ihre Überlegenheit und neigte dazu, ihre Verachtung auch zu zeigen
— William Godwin 1798 in seinen Erinnerungen an seine Frau
wollstonecraft

Unglückliche Liebe & Krise

Wollstonecraft hatte sich vorgenommen, nie zu heiraten. Mit 19 Jahren arbeitete sie als Gesellschafterin, gründete eine private Schule in London, ging pleite und schlug sich als Schriftstellerin und Übersetzerin durch.

Ca. 1792 lernte sie den US-Geschäftsmann Imlay kennen. Nur 2 Jahre später brachte sie ihre gemeinsame Tochter Fanny zur Welt und ging mit dieser 1795 von Frankreich nach London. Doch die Beziehung zu Imlay gestaltet sich kompliziert und kraftraubend.

Mary wünschte sich finanzielle Sicherheit für sich und ihre Tochter, wollte aber auch nicht die Abhängigkeit einer Ehe in Kauf nehmen. Gleichzeitig war Imlay „geschäftsbedingt“ ständig unterwegs und wies viele ihrer Forderungen zurück. » Philosophinnen: Frauen in der Philospophie

Wollstonecraft Buch-Cover

Depressionen & 2 Suizidversuche

Mary gerät durch die Beziehungsprobleme und finanziellen Sorgen in eine psychische Krise. 1795 scheitert ihr erster Suizidversuch, weil Imlay sie noch rechtzeitig findet und Hilfe holt. Doch Wollstonecraft muss sich eingestehen, dass ihre uneheliche Partnerschaft nicht funktionierte. Frustriert und enttäuscht schlug sie Imlays Angebot einer finanziellen Unterstützung aus, allerdings geht sie in seinem Auftrag zusammen mit der kleinen Tochter nach Skandinavien. Eine Reise von 3 Monaten, die nachhaltige Eindrücke in ihr hinterlassen.

Als Wollstonecraft nach England zurückkehrt, fühlt sie sich einsam: Niemand empfängt sie bei ihrer Rückkehr und niemand wartete auf sie. Der Super-GAU folgt, als sie erfährt, dass Imlay mit einer neuen Affäre zusammenlebt. Ihre Verzweiflung und innere Leere nehmen überhand. Sie begeht einen 2. Selbstmordversuch in der Themse. Zum Glück wird Mary erneut gerettet.

Weiter ihrer tragischen Liebe verfallen, macht sie Imlay ein unkonventionelles Angebot: Sie unterbreitet ihm eine Dreierbeziehung mit ihr als Geliebter neben seiner Ehefrau (da Mary die Ehe ohnehin nicht wollte). Allerdings lehnt Imlay ab. Mary beendet die krisenhafte Beziehung – einer der bedeutendsten und schwersten Momente ihres Lebens, wie sie selbst schrieb.

Vgl. auch: Depression bei Frauen: Symptome der „weiblichen Depression“

Zitate von Wollstonecraft

Fang immer gleich heute an.
— Mary Wollstonecraft (1759 – 1797)
Ehemänner ebenso wie ihre Artgenossen sind oft nur zu groß geratene Kinder.
— Mary Wollstonecraft
Ein bescheidener Mensch ist standhaft, ein demütiger furchtsam, und ein eitler anmaßend.
— Mary Wollstonecraft (1759 – 1797)
Mary Wollstonecraft-Godwin

A vindication of the rights of woman

In „Die Verteidigung der Rechte der Frau“ argumentiert Mary, dass das Fehlen von Bildung und rationalem Denken Frauen im Vergleich zu Männern benachteiligt. Sie betont: „Die Erinnerung ist die einzige Quelle der Ungerechtigkeit.“

Diese Aussage zeigt, dass die Ungleichheit nicht naturgegeben ist, sondern durch kulturelle und gesellschaftliche Konventionen entsteht. Wollstonecraft fordert eine umfassende Reform des Bildungssystems, um Frauen das gleiche Maß an Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln, das Männern zugänglich ist.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die kritische Betrachtung der idealisierten Frauenrollen. Sie greift die gesellschaftliche Tendenz an, Frauen als schwach, emotional und abhängig darzustellen. Mary forderte nichts Geringeres als eine Neubewertung der gesellschaftlichen Frauenrolle.

Starke Frauen sind nicht die Schrecken der Gesellschaft, sondern die Lichtstrahlen, die uns alle erhellen können

Neben „A Vindication of the Rights of Woman“ schrieb Wollstonecraft weitere Werke und Übersetzungen. Sie stand im Austausch mit bedeutenden Philosophen wie Richard Price, Georg Forster und Wilhelm von Humboldt.

Zitate von Wollstonecraft

Gegenseitig muß die Freundschaft sein, in gleichem Maß empfangen und erteilt.
Die Vernunft ist einfach die Fähigkeit zur Vervollkommnung.
Ich wünsche für die Frauen keine Macht über Männer, aber die Macht über sich selbst.
Wollstonecraft

Glückliche Ehe & früher Tod

1796: Als 37-Jährige lernte Mary schließlich den Philosophen und Schriftsteller William Godwin kennen. D. h. eigentlich kannten sie sich bereits flüchtig, doch nun entstand eine innige Freundschaft, durch die Wollstonecraft immer mehr ins Leben zurückfindet. Daraus entwickelte sich letztlich eine Liebesbeziehung.

1797 heiraten die beiden und Mary nimmt den Beinamen Wollstonecraft-Godwin an. Nur ein halbes Jahr später kommt ihre Tochter Mary Shelley zur Welt – und ihr Glück findet ein jähes Ende.

Mary erkrankt nach der Geburt – wie viele Frauen in jener Zeit – und stirbt nur 11 Tage später am Kindbettfieber. Godwin adoptierte daraufhin die kleine Fanny Imlay, verfasste 1798 Marys Biografie und veröffentlichte ihren Nachlass.

Zitate von Wollstonecraft

Ich liebe den Mann als meinen Gefährten. Aber seine Herrschaft, rechtmäßig oder angemaßt, erkenne ich nicht an.
Männer besitzen mehr Körperkräfte, doch gäbe es nicht diese falschen Schönheitsauffassungen, dann würden die Frauen ihren Körper genügend stärken, um sich ihren Lebensunterhalt verdienen zu können, da allein dies die wahre Unabhängigkeit bedeutet.
Es stimmt, ich werde meine Gedanken zu Papier bringen, auch wenn es ein unzulängliches Medium zur Vermittlung von Gefühlen ist.
Jetzt werfe ich den Fehdehandschuh hin und leugne das Vorhandensein spezieller geschlechtlicher Tugenden, einschließlich der Sittsamkeit. Für Mann und Frau muß die Wahrheit dieselbe sein.