
Jean Paul Sartre
(1905 - 1980)
Von: Die Inkognito-Philosophin
Sartre Zitate & Sprüche
Jean-Paul C. A. Sartre war französischer Dramatiker, Philosoph und Publizist. Er ist als Hauptvertreter des Existentialismus bekannt und ein Paradebeispiel der französischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. Bezeichnend ist die Szene vom April 1980:
50.000 Menschen begleiteten den Trauerzug, als sein Sarg zum Friedhof getragen wurde.
Zu Lebzeiten befand sich Sartre mit der berühmten Philosophin Simone de Beauvoir in einer unkonventionellen Beziehung. Heiraten kam für beide nie infrage: Sartre wollte kein bürgerliches Leben führen und Beauvoir einfach nur Schriftstellerin sein.
Sartre und seine Generation prägt eine Kindheit im Schatten des Ersten Weltkrieges. Er und viele andere Intellektuelle wandten sich gegen den Rationalismus bzw. Neukantianismus. Die Menschen suchten nach einem Denken, das der Menschlichkeit gerecht wurde. Einer Philosophie, die nicht die Augen verschloss – vor dem menschlichen Leiden, vor geschichtlichen Entwicklungen und sozialer Lebenswelt. Auch Sartre war von dieser Sehnsucht geprägt.
Siehe auch: Existenzphilosophie
"(...) Der Mensch muß sich sein eigenes Wesen schaffen;
indem er sich in die Welt wirft, in ihr leidet, in ihr kämpft, definiert er sich allmählich;
und die Definition bleibt immer offen;
man kann nicht sagen,
was ein bestimmter Mensch ist, bevor er nicht gestorben ist,
oder was die Menschheit ist, bevor sie nicht verschwunden ist."
- Jean Paul Sartre –
Quelle: Zum Existentialismus. Eine Klarstellung, in Der Existentialismus ist ein Humanismus. und andere philosophische Essays, Jean-Paul Sartre, Hg. Vincent von Wroblewski, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 6. Auflage August 2012, S. 116
Sartre Zitate & Sprüche
Für uns gibt es so etwas wie die Philosophie als solche überhaupt nicht. Denn wie auch immer man diesen Schatten der Wissenschaft, diese graue Eminenz der Humanität, betrachten mag, sie ist nur eine hypostatierte Abstraktion. In Wirklichkeit gibt es nur Philosophien.
– Marxismus und Existenzialismus. Versuch einer Methodik. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1964
Morgen werden die schwarzen Vögel kommen.
– Die Wege der Freiheit 3: Der Pfahl im Fleische. Deutsch von Hans Georg Brenner. Rowohlt 1951, Schlußsatz. Zitiert in der Rezension der Frankfurter Hefte 1951, S. 601
"Drei Uhr, das ist immer zu spät oder zu früh für alles, was man machen will."
- Sartre: Der Ekel. Deutsch von Heinrich Wallfisch. 1963 ff. rororo S. 20

“Die Hölle, das sind die anderen."
– Sartre: Geschlossene Gesellschaft. Deutsch von Traugott König. 5. Auftritt. Rowohlt Taschenbuchverlag Hamburg 1991, S.59
"Der Mensch kann nichts wollen, wenn er nicht zunächst begriffen hat, daß er auf nichts anderes als auf sich selber zählen kann, daß er allein ist, verlassen auf der Erde inmitten seiner unendlichen Verantwortlichkeiten, ohne Hilfe noch Beistand, ohne ein anderes Ziel als das, das er sich selbst geben wird, ohne ein anderes Schicksal als das, das er sich auf dieser Erde schmieden wird."
Sartre: Zum Existentialismus. Eine Klarstellung, in Der Existentialismus ist ein Humanismus. und andere philosophische Essays, Jean-Paul Sartre, Hg. Vincent von Wroblewski, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 6. Auflage August 2012, S. 118
Jeder Mensch muss seinen Weg erfinden.
– Jean-Paul Sartre - Die Fliegen
In der Angst
wird dem Menschen
seine Freiheit bewusst.
– Jean-Paul Sartre - Das Sein und das Nichts
Man ließ mich in der Bibliothek vagabundieren, und ich stürmte los auf die menschliche Weisheit
– Jean-Paul Sartre
Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein.
– Jean-Paul Sartre - Der Existenzialismus ist ein Humanismus
Sartres Leben & Wirken
Sartre war Sohn eines Marineoffiziers, doch der Vater verstarb schon 15 Monate nach der Geburt seines Sohnes an Gelbfieber. Seine junge Mutter Anne-Marie kehrte daraufhin zurück in ihr Elternhaus. Dort stand Sartre unter der Obhut seines Großvaters Charles Schweitzer, tatsächlich ein Onkel des berühmten Arztes Albert Schweitzer.
Der junge Sartre lernte äußerst schnell, Deutsch zu lesen, erlitt jedoch früh eine Linsentrübung am Auge. Es erblindete immer weiter und wanderte nach außen, so dass er immer stärker schielte. Traurig und bezeichnend für seine Entwicklung, ist Sartres soziale Isolation. Bis zum 10. Lebensjahr konnte der Junge kaum Kontakte zu anderen Kindern bzw. Menschen außerhalb seiner Familie knüpfen.
Dann erst kommt er auf eine höhere Schule, wo er Simone de Beauvoir kennenlernt und sich mit Maurice Merleau-Ponty anfreundet.
Sartre wird in den 1950er Jahren einem lautstarken Vertreter des Kommunismus. Aus diesem Grund kommt es zum Bruch mit Albert Camus, einem weiteren großen Existenzialisten. Erst nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Ungarn 1956 verurteilt Sartre den „roten Terror“ und wendet sich enttäuscht von dieser Ideologie ab.
„Ich kann meine Freiheit nicht zum Ziel nehmen, wenn ich nicht zugleich die Freiheit der andern zum Ziel nehme.“
Zitate & Sprüche von Sartre
"Denn in der ersten Zeit des Aufstands muß getötet werden: Einen Europäer erschlagen heißt zwei Fliegen auf einmal treffen, nämlich gleichzeitig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen. Was übrigbleibt, ist ein toter Mensch und ein freier Mensch."
– Vorwort zu Frantz Fanon: „Die Verdammten dieser Erde“. Deutsch von Traugott König. Suhrkamp Frankfurt/Main 1967, S. 18. Vgl. Alfred Grosser in DIE ZEIT 13. Dezember 1974
Und wenn wir sagen, dass der Mensch für sich selbst verantwortlich ist, so wollen wir nicht sagen, dass der Mensch gerade eben nur für seine Individualität verantwortlich ist, sondern dass er verantwortlich ist für alle Menschen.
– Jean-Paul Sartre - Der Existenzialismus ist ein Humanismus
Das Leben hat a priori keinen Sinn. Ehe Sie leben, ist das Leben nichts; es liegt an Ihnen, ihm einen Sinn zu verleihen, und der Wert ist nichts anderes als der Sinn, den Sie wählen.
– Jean-Paul Sartre - Der Existenzialismus ist ein Humanismus
Der Mensch wird zuerst das sein,
was er zu sein entworfen haben wird.
– Jean-Paul Sartre - Der Existenzialismus ist ein Humanismus
„Auch Götter sterben,
wenn niemand mehr
an sie glaubt.“
– Jean Paul Sartre
Sie können zwar wählen, aber was nicht möglich ist, ist nicht zu wählen. Ich kann immer wählen, doch ich muß wissen: wenn ich nicht wähle, wähle ich immer noch.
– Jean-Paul Sartre - Der Existenzialismus ist ein Humanismus
Sartres depressive Phasen
Sartre wusste selbst, dass er schon immer eine schwache Gesundheit aufwies. Nicht nur, dass er seit seiner Kindheit häufig und lange krank war. Auch habe er sich selbst als Kind nachts Gruselgeschichten erzählt, bis er müde wurde und einschlief. Außerdem beschrieb er sich als krankhaft empfindlich, reich an Fantasie und darum Ängsten stärker ausgesetzt.
Sartre klagte zeitweise über extreme Einsamkeit und das Gefühl, deplatziert zu sein. Depressive Episoden suchten ihn heim. Das alles vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise, die sich auch auf das Leben der Bürger spürbar auswirkte.
Vielleicht waren dies alles Gründe, warum sich Sartre 1935 von einem befreundeten Arzt die Droge Meskalin spritzen ließ. Doch der Versuch hatte nicht die erhoffte Wirkung. Der Philosoph bekam Wahn- und Panikattacken.
In der Folge verschlimmerte sich seine Depression zusehends.
Das sollte nicht die einzige Drogenpsychose bleiben. Sartre erlebte mehrere davon, nachdem er verschiedene Drogen getestest hatte.
Doch eine dieser drogeninduzierten Psychosen war so schwer, dass er 2 Wochen in einer Psychiatrischen Klinik verbringen musste.
In seinen letzten Jahren erblindete Sartre fast gänzlich. Er nahm die Droge Amphetamin, um überhaupt noch arbeiten zu können. Seine große Leidenschaft, das Schreiben, musste er schließlich aufgeben.
Jean-Paul Sartre starb im Alter von 74 Jahren 1980 in Paris. Er blieb bis zuletzt eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens: Sein Tod wurde weltweit wahrgenommen und betrauert.
Vgl. Macht die Gesellschaft depressiv? Kritik der Kulturkritik – sowie Über Depressionen sprechen: Sprache & Wahrnehmung
„Ich befinde mich in einem öffentlichen Park. Nicht weit von mir sehe ich einen Rasen und längs des Rasens Stühle. Ein Mensch geht an den Stühlen vorbei. Ich sehe diesen Menschen, ich erfasse ihn gleichzeitig als einen Gegenstand und als einen Menschen. Was bedeutet das? Was will ich sagen, wenn ich von diesem Gegenstand behaupte, daß er ein Mensch sei?“
– Sartre, Das Sein und das Nichts, S. 457
Sartres Philosophie
Wie für die anderen Existenzialisten spielt die Angst in Sartres Philosophie eine entscheidende Rolle. Sie ist für ihn das Bewusstsein von eigener Freiheit, Selbstverantwortung und vom Auf-Sich-Allein-Gestellt-Seins. (vgl. auch Existenzängste)
In seinem großen Werk „Das Sein und das Nichts“ (1944) verfolgte er ähnliche Gedanken wie Kierkegaard, Jaspers und Heidegger.
Sartre ist überzeugt: Der Mensch ist von Natur aus frei. Freiheit treibt ihn zu Entscheidungen und Verantwortung.
Das ist unumgänglich für jeden Einzelnen: Er hat keine andere Möglichkeit, als ständig Entscheidungen zu treffen.
Denn Selbstbestimmung ist die Bedingungen menschlicher Existenz.
Angst als Moment der Freiheit
Da der Mensch aber die Dimensionen an Möglichkeiten nicht überblicken kann, bekommt er Angst. Sie ist sein Bewusstsein darüber, was Mensch-sein bedeutet: nämlich in der eigenen Lebensführung, im eigenen Daseinsentwurf, nie festgelegt zu sein. Stattdessen ist ein Mensch immer mit einer unbestimmten, unvorhersehbaren, unkontrollierbaren Zukunft konfrontiert.
„Das Bewußtsein, seine eigene Zukunft nach dem Modus des Nicht-seins zu sein, ist genau das, was wir Angst nennen.“
Die entscheidende Frage lautet für Sartre daher: Wie mit der Angst umgehen? 2 typische Reaktionsweisen sind Selbstbetrug und Unehrlichkeit, die den Anschein erwecken, als wäre alles unter Kontrolle. Angst lässt sich nach Sartre allerdings nicht verdrängen, denn der Mensch ist Angst.
Angst ist der Grundzustand des modernen Menschen, der aufkommt, weil keine Religionen und sozialen Normen ihm mehr sagen, was sinnvoll und erstrebenswert ist. Der Mensch ist auf sich allein gestellt, gewinnt dadurch aber auch Freiheit – zu wählen, zu entscheiden und sein Leben nach seinem Willen zu gestalten.
Dadurch, dass der Mensch nach Sartre nicht das ist, was er ist, entsteht ein Nichts im Sein („Nicht-Sein”). Der Mensch ist der Ursprung des Nichts, denn er muss sein Leben erst aus der Existenz schaffen. Der Lebensentwurf eines Menschen ist nicht von Anfang an da, sondern muss im Laufe des Lebens erarbeitet werden. Person-sein bedeutet sich, als Mensch kontinuierlich selbst zu überschreiten, sich von Zeit zu Zeit neu zu definieren.
Ich überquerte die Meere, ließ Städte hinter mir, folgte den Quellen der Flüsse und tauchte in die Wälder ein. Ich konnte nie zurückgehen, so wie sich eine Festplatte nicht rückwärts drehen kann. Und wohin führte mich das? Genau zu diesen Moment.
(Jean-Paul Sartre)
Sartres: Das Sein und das Nichts
Der Mensch ist ein Nichts, das sich sein Sein erst schaffen muss. Doch auch bei Sartre beängstigt die Menschen, die enorme Auswahl an Alternativen und Optionen. Angst ist daher eine Grundkonstitution des modernen Menschen, der diese Angst immer wieder überwinden muss, um seine Zukunft schaffen.
Das Nicht-fest-gelegt-sein, Nicht-determinisiert-sein, die Ungewissheit der eigenen Existenz, die Unmöglichkeit, sich an Autoritäten oder der Natur anzuklammern, vermittelt das Gefühl der Verlassenheit bzw. Angst.
In seinem Werk „Das Sein und das Nichts“ von 1943 führt Sartre die zentralen Gedanken seiner Philosophie aus: Auch er folgt dem phänomenologischen Ansatz, wonach das menschliche Bewusstsein keine Substanz ist, sondern immer ein Bewusstsein von etwas. So ist auch der Mensch, der ja auf die Zukunft ausgerichtet ist, ein Nichts an Sein, denn er ist im Werden. Diese Unbestimmtheit ist es aber eigentlich die Freiheit.
Sartre Zitate aus “Das Sein und das Nichts”
„Niemals waren wir freier als unter der deutschen Besatzung (… .) Da das Nazigift bis in unser Denken eindrang, war jeder richtige Gedanke eine Eroberung …“
– Jean-Paul Sartre: Die Republik des Schweigens
„Der Blick des Anderen formt meinen Leib in seiner Nacktheit, läßt ihn entstehen, modelliert ihn, bringt ihn hervor, wie er ist, sieht ihn, wie ich ihn nie sehen werde.“
– Sartre, Das Sein und das Nichts S. 467
„Im Blick des Anderen
erfahre ich den Anderen
als Freiheit, die mich zum
Objekt macht.“
– Sartre, Das Sein und das Nichts, S. 457
„Der Andere besitzt ein Geheimnis (…) dessen, was ich bin.“
– Sartre, Das Sein und das Nichts S. 467
„Verführung heißt, meine Objektheit für Andere ganz und gar und als ein Risiko auf mich nehmen, heißt, mich dem Blick des Anderen auszusetzen, heißt, die Gefahr laufen, gesehen zu werden, um dann einen neuen Anlauf zu nehmen und mir den Anderen in meiner und durch meine Objektheit anzueignen; ich weigere mich, das Gelände zu verlassen, wo ich meine Objektheit erfahre; auf diesem Gelände will ich den Kampf beginnen, indem ich mich zum bezaubernden Objekt mache“
– Sartre, Das Sein und das Nichts S. 477
„Man will von einer Freiheit geliebt werden und verlangt, daß diese Freiheit als Freiheit nicht mehr frei sei, (…) daß diese Freiheit durch sich selbst gefangengenommen wird, daß sie (…), wie im Wahn, wie im Traum (…) ihre eigene Gefangenschaft will. Und diese Gefangenschaft soll freie und zugleich an unsere Hände gekettete Abdankung sein.“
– Sartre, Das Sein und das Nichts S. 471
„Wenn es einen andern gibt, wer er auch sei, wo er auch sei, was immer seine Bezüge zu mir sein mögen, auch wenn er auf mich nicht anders als durch das bloße Auftauchen seines Seins einwirkt, ich habe ein Außen, ich bin eine Natur; mein Sündenfall ist die Existenz des anderen; und die Scham ist - wie der Stolz - die Wahrnehmung meiner selbst als Natur, wenn auch eben diese Natur mir entgeht und als solche unerkennbar ist.“
– Sartre, Das Sein und das Nichts, S. 474
Der Mensch ist nichts anderes als sein Entwurf,
er existiert nur in dem Maße,
in dem er sich verwirklicht,
er ist also nichts anderes als die Gesamtheit seiner Handlungen, nichts anderes als sein Leben.
Jean-Paul Sartre - Der Existenzialismus ist ein Humanismus