
Virginia Woolf
(1882-1941)
Von: Die Inkognito-Philosophin
Virginia Woolf Zitate & Texte
Virginia Woolf (1882-1941) war eine britische Schriftstellerin und Verlegerin. Sie entstammte einer wohlhabenden intellektuellen Familie. Dank ihrer künstlerischen Werke zählt sie zu den bedeutendsten Autorinnen der klassischen Moderne und des Feminismus.
Sie wurde v.a. bekannt für ihre innovative Erzählweise und ihren Einfluss auf die moderne Literatur. Geboren in London war sie Teil der literarischen Bewegung der Bloomsbury-Gruppe, die sich durch progressive Ideen und künstlerische Experimente auszeichnete.
Woolf schrieb wegweisende Werke, darunter „Mrs. Dalloway“, „To the Lighthouse“ und „Orlando“, die häufig innere Monologe und das subjektive Erleben von Zeit und Raum erforschen.
Trotz ihres literarischen Erfolgs kämpfte sie zeitlebens mit psychischen Krankheiten, die sich in Phasen von Angst und psychotischen Episoden äußerten.
Über die Bloomsbury-Group (auch Bloomsbury Set)
Die Bloomsbury-Gruppe wurde zu einer einflussreichen literarischen und intellektuellen Bewegung in den frühen 1900er Jahren. Sie bestand aus einer Gruppe von Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen, darunter namhafte Persönlichkeiten wie E. M. Forster, John Maynard Keynes und Vanessa Bell. Ihre Treffen fanden häufig in der Londoner Bloomsbury-Viertel statt, was der Gruppe ihren Namen gab.
Die Mitglieder teilten eine kritische Haltung gegenüber den Traditionen und Normen der viktorianischen Gesellschaft. Sie setzten sich für persönliche Freiheit, sexuelle Gleichheit und eine neue Ästhetik in der Kunst ein. Ihre philosophischen Ansichten waren stark von den Ideen des Idealismus geprägt.
In literarischer Hinsicht waren die Werke der Bloomsbury-Gruppe oft experimentell und innovativ. Virginia Woolf beispielsweise ist bekannt für ihren Einsatz der inneren Monolog-Technik und den Bruch mit traditionellen Erzählstrukturen.
Die Gruppe beeinflusste nicht nur die Literatur, sondern auch die sozialen und politischen Strömungen ihrer Zeit, indem sie eine neue Form des Denkens und Lebens propagierten, die Individualität und künstlerische Freiheit in den Mittelpunkt stellte.
Ein zentrales Anliegen der Gruppe war es, eine offene Diskussion über Sexualität, Kunst und Gesellschaft zu führen, was zur Enttabuisierung vieler Themen beitrug, die zuvor als gesellschaftlich inakzeptabel galten.
Ihr Erbe ist bis heute sichtbar – in der modernen Literatur, Kunst und in den Diskussionen über soziale Gerechtigkeit und individuelle Freiheit.
Allgemeines zu Woolfs Leben
Die Ursache für ihre bipolare Depression liegt wahrscheinlich im jahrelangen sexuellen Missbrauch durch ihre Halbbrüder George und Gerald Duckworth.
Aber auch der frühe Tod der Mutter und der Umstand, dass sie Heimunterricht erhielt, sodass sie keine Kontakte außerhalb familiärer Kreise finden konnte, dürften sein Übriges dazu beigetragen haben.
Nach ihrer Heirat 2012 unternahm sie aus einer Depression heraus den ersten Selbstmordversuch (1913). Ob das an ihrer Ehe lag, ist zweifelhaft. Virginia beschrieb sich als glücklich, und ihr Ehemann ließ ihr viele Freiheiten.
In ihren Tagebüchern und Briefen hebt sie oft hervor, wie wichtig Leonard für ihr kreatives Schaffen war und sie darin unterstützte. Virginia schrieb auch über die Herausforderungen, die ihre psychischen Erkrankungen in ihrer Ehe mit Leonard mit sich brachten. Ihre depressiven Phasen und ihre periodischen psychotischen Episoden belasteten die Beziehung. Jedenfalls scheint ihr Ehemann zeitlebens eine wichtige Stütze für sie gewesen zu sein.
Sie selbst war nicht unbeteiligt an der Verschlechterung ihres Zustandes: den Rat der Ärzte, ein ruhiges Leben zu führen und das Schreiben am besten aufzugeben, schlug sie in den Wind. Regelmäßig überanstrengte sie sich – mental wie auch physisch – beim Schreiben.
Auch die Frage, wie die Masse ihre neuen Werke wohl aufnehmen würde, führte oft zu seelischen Zusammenbrüchen.
Unter den täglichen Luftangriffen auf London 1941 wurde das Leben mit der Depression für sie unerträglich.
Kurz-Bio
sie war das 7. von 8 Kindern (4 Halbgeschwister)
1895 starb ihre Mutter, was zu ihrem ersten Nervenzusammenbruch führte
1904 verstarb auch der Vater, Virginia zog mit ihrem Bruder Thoby und ihrer Schwester Vanessa zusammen
1912 heiratete Virginia den Journalisten und Schriftsteller Leonard Woolf
1917 gründete das Ehepaar den Verlag „The Hogarth Press“
1941 ertränkte sich Virginia (59 Jahre)
Zitate von Virginia Woolf
„Wenn du nicht die Wahrheit über dich selbst sagst, kannst du ihr nichts über andere Leute erzählen.“
„Der einzige Rat, den man jemand fürs Lesen geben kann, ist tatsächlich der, keinen Rat anzunehmen, dem eigenen Instinkt zu folgen, den eigenen Verstand zu gebrauchen und zu eigenen Schlussfolgerungen zu kommen.“
Ein Tag, ein Leben, eine ganze Welt
Es ist tausendfach zu bejammern, nicht zu sagen, was man fühlt.
»It is a thousand pities never to say what one feels.«
Bücher sind die Spiegel der Seelen
»Books are the mirrors of the soul.«
Die außergewöhnliche Frau ist von der gewöhnlichen Frau abhängig
Männer nehmen die Welt nicht wahr, weil sie selber glauben, sie seien die Wel
Die größte Klugheit einer intelligenten Frau besteht darin, ihre Klugheit nicht zu zeigen
Viele erfolgreiche Männer haben keine offensichtliche Qualifikation, außer der, keine Frau zu sein
Je älter man wird, desto mehr liebt man das Anstößige
Wahrscheinlich hat der Geist jedes Menschen einen Platz in der Zeit zugewiesen bekommen: Einige sind für das, andere für jenes Zeitalter geboren
Frauen waren jahrhundertelang ein Vergrößerungsspiegel, durch den sich Männer selbst in doppelter Lebensgröße sehen
Virginias Gesundheit
Ihre Erkrankung tritt das 1. Mal auf, als sie einen Nervenzusammenbruch erlitt, wahrscheinlich ausgelöst durch den Tod ihrer Mutter.
Wahrscheinlich begann ihre Krankheit aber schon früher: mit dem sexuellen Übergriff durch ihre Halbbrüder, als das Mädchen 5 Jahre alt war.
Nach dem Tod ihres Vaters fiel sie in schwere Depressionen und auf einer Parisreise, die sie kurz danach tätigte, begann sie zu toben, magerte ab, hatte Schlafstörungen, hörte Stimmen und sprang schließlich aus dem Fenster, ohne sich jedoch ernsthaft zu verletzen.
Ihre Krankheitsepisoden wurden immer häufiger und schlimmer.
Während akuter Krankheitsphasen steckte sie in schweren Depressionen, war überwältigt von hoffnungsloser Melancholie, wollte kaum sprechen oder essen und war selbstmordgefährdet. In manischen Perioden befand sie sich in einem Zustand heftiger Erregung und unbändiger Euphorie, in dem sie unablässig redete und in einer Welt von Wahnvorstellungen lebte. 1911 machten ihre schweren Depressionen einen Klinikaufenthalt notwendig, 1913 versuchte sie sich, aufgrund der immer wiederkehrenden Symptome ihrer Erkrankung, mit Schlaftabletten umzubringen.
Ihre Werke schrieb sie ausschließlich in Krankheitsperioden. Sie empfand ihr Schreiben als eine Art Therapie für sich (vgl. Welchen Sinn haben Depressionen?), obwohl es dabei immer wieder zu geistigen wie körperlichen Schwächeanfällen und Zusammenbrüchen kam, in deren Folge es oft Wochen und Monate dauern konnte, bis sie wieder in der Lage war, in ihr normales Leben zurückzukehren.
„Wenn ich noch zwei Wochen im Bett zubringen könnte (Es ist aber unmöglich), so meine ich, würde ich „Die Wellen“ beenden.....ich glaube, in meinem Falle sind diese Krankheiten gewissermaßen mythisch.
Etwas geschieht mit meinem Geist ... er weigert sich, weitere Eindrücke aufzunehmen. Er verschließt sich, verpuppt sich. Ich bleibe bewegungslos liegen, oft mit größten körperlichen Schmerzen, wie im letzten Jahr.
Es ist ein einziges Leiden, und dann entsteht etwas daraus.“
- Virginia Woolfs Tagebuch, Eintrag im Jahre 1930
Vgl. auch: Depression bei Frauen: Symptome der „weiblichen Depression“
“Bedenkt man, wie allgemein Krankheit ist, wie gewaltig die geistige Veränderung, die sie bringt, wie erstaunlich, wenn das Licht der Gesundheit schwindet, die unentdeckten Länder sind, die sich dann erschließen, welche Öden und Wüsten des Innern ein leichter Grippeanfall vor Augen führt, welche Abgründe und mit leuchtenden Blumen bestreute Wiesen ein leichter Anstieg der Temperatur offenbart, welche alten, unbeugsamen Eichen durch das Ereignis der Krankheit in uns entwurzelt werden, wie wir in die Grube des Todes einfahren und die Wasser der Vernichtung fühlen, die sich über unserem Kopfe schließen, und aufwachen im Glauben, uns in Gegenwart der Engel und Harfen zu befinden, wenn uns ein Zahn gezogen wird (...)
wenn wir das alles bedenken, und wir sind so häufig dazu gezwungen, dann erscheint es wirklich seltsam, dass nicht die Krankheit mit der Liebe und dem Kampf und der Eifersucht zusammen ihren Platz eingenommen hat unter den Hauptthemen der Literatur.”
Virginias Tod
1941, nachdem sie ihren letzten Roman Between the acts (Zwischen den Akten) geschrieben hatte, überkam sie erneut eine schwere Depression. In der Folge beging sie ihren 3. und letzten Selbstmordversuch. Da sie, wie sie in ihrem Abschiedsbrief an ihren Mann schrieb, keine weitere Krankheitsepisode mehr ertragen könne.
Sie hatte Angst, dass ihre früheren psychotischen Episoden zurückkehren könnten, in denen sie Stimmen hörte und nicht in der Lage war, zu arbeiten. Ihr Ehemann brachte sie noch zu einer Ärztin, mit der sie befreundet waren, doch schon einen Tag später nahm sich Virginia das Leben: Sie ertränkte sich im Fluss Ouse (Rodmell).
Weil sie gut schwimmen konnte, verpackte sie einen großen Stein in ihren Mantel, der sie sicher nach unten ziehen würde.
Im Abschiedsbrief an ihren Ehemann schrieb sie:
„Liebster, ich spüre mit Sicherheit, dass ich wieder verrückt werde. (...)
Alles, außer der Gewissheit Deiner Güte, hat mich verlassen. Ich kann Dein Leben nicht länger ruinieren. Ich glaube nicht, dass zwei Menschen glücklicher hätten sein können, als wir gewesen sind.“
Nachwirken von Woolfs Werken
Virginia Woolf hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die moderne feministische Bewegung. Ihre Schriften, insbesondere „A Room of One's Own“, sind nach wie vor eine wichtige Grundlage für feministische Gedanken und Diskurse.
In diesem Essay argumentiert sie, dass kreative und intellektuelle Freiheit nur dann für Frauen möglich ist, wenn sie über finanzielle Unabhängigkeit und einen eigenen Raum verfügen. Sie thematisiert damit gesellschaftliche und wirtschaftliche Faktoren, welche die kreative Freiheit von Frauen einschränken.
Sie kritisiert auch die patriarchalen Strukturen und beleuchtet die Diskrepanz zwischen männlichen und weiblichen Schriftstellern. Während viele große männliche Schriftsteller in einer Kultur hervorgegangen sind, die ihre Talente gefördert hat, haben Frauen oft nicht die gleichen Möglichkeiten. Woolf zieht Parallelen zu den gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen, die nicht nur ihre Kreativität, sondern auch ihre Identität beeinflussen.
Ebenso werden ihre anderen Schriften dafür geschätzt, die inneren Konflikte von Frauen in einer männlichen-geprägten Gesellschaft darzustellen. In Romanen wie „Mrs. Dalloway“ und „To the Lighthouse“ thematisierte sie die Komplexität des Lebens, die flüchtige Natur der Zeit und die Herausforderungen, denen Frauen gegenüberstehen.
Virginia wurde nicht umsonst zu einer zentralen Figur in der literarischen Moderne. Ihr Werk ist geprägt von einer tiefen Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche, dem Geschlechterdiskurs und den sozialen Normen ihrer Zeit. Sie experimentierte mit verschiedenen Erzähltechniken, insbesondere dem inneren Monolog, um die subjektiven Erfahrungen und Gedanken ihrer Charaktere einzufangen.