Energetische Psychotherapie – Wirkung von PEP-Klopftechniken
Verbindung von Exposition mit sensorischer Stimulierung
Das Interesse an verschiedenartigen Vorgehensweisen der Energetischen Psychotherapie ist bei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei der Behandlung von Stress, Ängsten, Traumaphänomenen, Schmerzen sowie Depression in den letzten Jahren deutlich gewachsen.
Ich stelle in diesem Beitrag die grundlegende therapeutische Strategie der Energetischen Psychotherapie am Beispiel des von Bohne entwickelten PEP (prozess- und embodimentfokussierte Psychologie) vor.
Ich tu dies auch aus dem Grund, weil es auch immer noch kritische Stellungnahmen zur Energetischen Psychotherapie gibt, in denen sie als esoterisch oder unwissenschaftlich eingestuft wird.
Die bisweilen zu lesende Behauptung, die Wirkung dieser Behandlungen gehe nicht über einen Placebo-Effekt hinaus, wurde auf der Grundlage der bisher veröffentlichten randomisierten kontrollierten Studien (auch mithilfe von fMRT-Studien) allerdings überprüft und zurückgewiesen.
Grundlagen der energetischen Psychologie
Es gibt unterschiedliche theoretische Erklärungsansätze für die therapeutische Wirksamkeit der Energetischen Psychotherapie. Erklärungen auf der Grundlage des energetischen Paradigmas orientieren sich an Konzepten der Traditionellen Chinesischen Medizin.
Die energetische Psychotherapie weist Parallelen auf:
zur systematischen Desensibilisierung,
zum Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)
und zu Therapiemethoden, die die Bedeutung der Selbstakzeptierung betonen.
Mir erscheinen aber theoretische Erklärungskonzepte noch sinnvoller, die sich an bekannten psychologischen und neurophysiologischen Prinzipien orientieren (z. B. reziproke Hemmung dysfunktionaler emotionaler Reaktionen).
Die Stimulierung von Punkten der Körperoberfläche bei gleichzeitiger mentaler Aktivierung belastender Emotionen kann als eine wirksame Technik der Gegenkonditionierung betrachtet werden.
PEP-Klopftechniken in der energetischen Psychotherapie
Die unter dem Begriff Bottom–up Techniken bekannten Ansätze (Klopfen, EMI, EMDR, Brainspotting, etc.) sind allesamt sehr spannend und hilfreich, jedoch reichen auch sie nicht bei mentalen Problemen wie Grübeln, belastenden Glaubenssätzen oder ähnlich störenden Phänomenen, da Klopftechniken primär auf im Zwischenhirn organisierte neuronale Strukturen (i.w. pariolatereler Cortex, Amygdalae) zu wirken scheinen.
Diese entwicklungsgeschichtlich sehr alten Hirnareale enthalten Nervenzellen, die u.a. hirneigene Hormone herstellen, die bei Stress ausgeschüttet werden. Auch beim Phänomen Angst sind diese Hirnregionen sehr aktiv beteiligt.
Durch das (Selbst-)beklopfen wird nun vornehmlich der ventrale Vagusnerv angetriggert, der als entwicklungsgeschichtlich jüngster Teil des Nervus vagus zur Beruhigung beiträgt.
vgl. auch die gegenteilige Meinung dazu: Polyvagal-Theorie – Trend Vagustraining kritisch hinterfragt
Denselben Effekt schreibt man übrigens auch den neuartigen SSP (safe and sound Protokolle) zu, die vom amerikanischen Psychiater Purges und seinem Forschungsteam entwickelt wurden. Die dort frequenztechnisch bearbeiteten Sounds sind als neuromuskuläres Training des Mittelohrs zu verstehen, wodurch ebenfalls der Nervus vagus angetriggert wird und zur Beruhigung beiträgt.
Big Five Lösungsblockaden & bifokale Intervention
Durch die Entdeckung der Big Five Lösungsblockaden im Rahmen von PEP konnte eine sehr präzise therapeutische Intervention an den o.g. Lösungsblockaden (Grübeln...) entwickelt werden, die im präfrontalen Kortex organisiert sind.
Dieses Gehirnareal entwickelt sich etwa im Alter von 10 Jahren; dort werden Nervenzellen miteinander verschaltet, die ganz besonders aktiv sind, wenn man gedanklich sich mit Normen und Werten beschäftigt.
Stehen beim Klopfen vornehmlich die Aktivierung/Beruhigung limbischer Strukturen im Vordergrund, so sind die anderen Werkzeuge des PEP (Big Five, KKT, Selbstwertarbeit) auf kognitive Strukturen des Cortex orientiert. Man spricht daher auch von einer Bifokalen Intervention.
Bei den Big Five handelt es sich um das Herausarbeiten von
Selbstvorwürfen, (ich bin wehleidig)
Fremdvorwürfen, (meine Mutter hat mich beschimpft)
parafunktionalen Loyalitäten, (ich kann das Lob nicht annehmen, weil mein Großvater das nicht verstehen würde)
Erwartungshaltungen (ich erwarte von meinem Freund Ehrlichkeit)
sowie gefühlte Altersregression, die die Psyche des Klienten betreffen (in dieser Situation fühle ich mich, als wäre ich 12 Jahre alt).
Es wurde deutlich, dass es sich bei den Big Five Lösungsblockaden um bei nahezu allen Menschen vorkommende anthropologische Phänomene handelt, die sich in der sozialen Auseinandersetzung mit anderen Menschen im Verlaufe des Lebens entwickeln.
Kognitions-Kongruenz-Test (KKT)
Die Entwicklung des Kognitions-Kongruenz-Tests (KKT) stellt als weiteres therapeutisches Element ein sehr effizientes Werkzeug dar, mit dem z.B. Wünsche („Ich möchte erfolgreich sein“) dezidiert beleuchtet werden können, wenn man z.Z. eben noch nicht erfolgreich ist.
Der Einsatz des KKT machte es fortan möglich, in ungeahnter Geschwindigkeit und Leichtigkeit unbewusstes psychisch relevantes Material „hochzuspülen“ und mittels der PEP Interventionsarchitektur (Klopfen, Big Five) zu transformieren.
Tool: Selbstwerttraining
Das Selbstwerttraining komplettierte den PEP Methodenkoffer. Hier werden zunächst die Selbstwerträuber als solche identifiziert und wie das Gehirn krank machende Erreger („Kognokokken“) behandelt.
Die Behandlung erfolgt immer nach dem hier beispielhaft genannten Prinzip, bei dem im ersten Teil des Satzes das zu benennende Selbstwertproblem benannt wird, während im zweiten Teil des Satzes eines der zentralen Grundbedürfnisse des Menschen (hier im Beispiel positive Selbstbeziehung) ausgesprochen wird:
„Auch wenn ich schüchtern bin, so achte und schätze ich mich so, wie ich bin.“ Der zweite Teil des Satzes kann auch durch ein anderes, dem Klienten sympathischeres Grundbedürfnis (Sicherheit und Überblick oder Autonomie) ersetzt werden.
Als Manifestation des laut ausgesprochenen Satzes hilft es, die Thymusdrüse im Uhrzeigersinn zu massieren, da dort eine wichtige Verbindung zwischen dem Immunsystem und dem Nervensystem besteht.
Abschließend empfiehlt sich noch die Entwicklung eines „Werbeclaims“, der die neue Haltung manifestieren hilft und über mehrere Wochen (Neuverschaltungen in den betreffenden Hirnarealen dauern bis zu acht Wochen) mehrfach täglich laut und deutlich, am besten vor einem Spiegel, ausgesprochen werden sollte.
Es muss für den Akteur ersichtlich sein, wie er dabei wirkt und wie er sich fühlt, wenn er den Satz ausspricht, der in diesem Beispiel lauten könnte: „Ab sofort ist meine Schüchternheit Schnee von gestern.“
Fazit: Energetische Psychotherapie & PEP
PEP wirkt sowohl auf das Limbische System als auch auf den Neocortex. Dies wirkt, und das sollte nicht unerwähnt bleiben, ganz ohne Nebenwirkungen und ohne Medikamente!
Der Einsatzbereich von PEP ist in den letzten Jahren sehr umfangreich geworden:
Schmerzbehandlung,
Traumaarbeit,
Depressionsbewältigung,
Angstabbau
bis hin zum Auftrittscoaching.
Überall zeigt sich in erstaunlich kurzer Behandlungszeit eine Stärkung der von den genannten Phänomenen betroffenen Person bis hin zur völligen Heilung.
Die aktuelle Studienlage (fMRT Hannover) ist eindeutig. Wissenschaftlich vorgetragene Kritik oder Zweifel sollten mittlerweile ausgeräumt sein. Auch wenn nicht - wie bei vielen anderen psychischen Diskussionen um Vorgänge im Hirn - klar ist, wie/auf welche Weise genau Effekte erzeugt werden: sie werden erzeugt.
Selbstverständlich greift die Polyvagaltheorie NUR auf der biologischen Ebene des Verhaltens, nämlich im Bereich des Limbischen Systems, also z.B. bei der Produktion von stresswirksamen Hormonen. Das umfassende Verhalten aus philosophischer, soziologischer oder psychologischer Sicht wird damit noch nicht erläutert. Das ist nicht der Anspruch.
Literaturempfehlungen zum Thema:
Bohne, M.: Klopfen mit PEP. Auer 2019.
Holz, O.: Distress, Ängste, Depression oder das Verschwinden der Leiblichkeit – Plädoyer für den Einsatz wissenschaftlich fundierter und leibbezogener Psychotherapieverfahren. Zeitschrift für freie Psychotherapie des VfP. 3/2022.
Purges: Die Polyvagaltheorie. Neurophysiologische Grundlagen der Therapie. Junfermann 2010.