Kreative Hobbys & Tätigkeiten – Warum kreativ sein uns gut tut

flow-kreativ-sein.jpg

Das Machen schlechter Gedichte
ist noch viel beglückender
als das Lesen der allerschönsten.”

– Hermann Hesse, Lektüre für Minuten I

Kreativität gegen Krisen

Was der alte Hesse vor mehr als einem Jahrhundert bereits wusste, ist heute von der Psychologie bestätigt: Kreative Betätigung wirkt wohltuend, erfüllend und hilft dabei, etwaige Krisensituationen leichter zu bewältigen

Dabei ist es nicht wichtig, ob die kreativen Erzeugnisse Weltruhm erlangen oder nur deine eigene Wertschätzung erfahren. Es kommt lediglich auf die Entfaltung der eigenen Kreativität an, der Erschaffung von Neuem.

Sogar der Genuss von schöpferischen Werken hat etwas Kreatives an sich. Denn auch beim Lesen, Zuhören oder Betrachten bis du aktiv kreativ.

Der Flow-Effekt

Tatsächlich beruht die positive Wirkung kreativer Prozesse auf einem sogenannten Flow-Erlebnis, einem überwältigenden Erfolgsgefühl, das tiefe Zufriedenheit und Glück vermittelt (2). Denn immer wenn dir etwas Neues gelingt, erlangst du ein Bewusstsein für deine eigene persönliche Schaffenskraft. Du bist im Flow.

Kreativität, im Flow sein, bewirkt aber noch viel mehr: Gestalterische Beschäftigungen wie Schreiben, Malen, Töpfern, Singen oder Musizieren helfen, seelische Verspannungen zu lösen und Probleme zu verarbeiten. Ohne Ausnahme hat jeder Mensch das Potential dazu, kreativ zu sein! Es kommt lediglich auf das richtige Ambiente und Umfeld an. Vgl. auch Muße – Müßiggang ist mehr als Self-Care & Erholung


Kreativität schafft positive Gefühle, die länger anhalten

Schöpferische Tätigkeiten lindern Stress und verändern nachweislich das Gehirn. Ein Forscherteam der Universität von Otageo (1) wollte wissen: Wie wirkt sich Kreativität aufs Wohlbefinden aus? Was macht im Flow sein mit unseren Gefühlen?

Die Einzelheiten lasse ich jetzt mal aus.

Nur eins: es kam nicht auf die Art der kreativen Tätigkeit an. Musizieren, Stricken, Häkeln, kreatives Schreiben, Rezepte kreieren, Malen sowie graphisches Design – die Probanden versuchten sich Querbeet.


Die Ergebnisse sind sehr spannend:

An Tagen, an denen die Teilnehmer kreativ waren, zeigten sich deutliche Veränderungen in der Stimmungslage. Sie gaben an dann glücklicher und elanvoller zu sein. Umgekehrt hatten die positiven Gefühle jedoch keinen Einfluss auf die Kreativität des Folgetages (nächsten Tages). Positive Gefühle konnten jedoch schöpferische Tätigkeiten, die noch am gleichen Tag ausgeübt wurden, befeuern.

Die Forscher sprechen sogar von einer „Aufwärtsspirale“. Kreativ sein sorgte auch für positive Gefühle am Folgetag. Und diese nachwirkenden positiven Gefühle konnten einen kreativen Push am gleichen Tag (dem Folgetag also) verursachen. Durch diesen Kreislauf entsteht eine motivierender Schub aus kreativer Tätigkeit und Wohlgefühl.


Das Gehirn im Flow – Was passiert da im Kopf?

Andere Studie aus Erlangen (3) beschäftigte sich mit der Frage: Welche Leistung wird beim Zeichnen vom Gehirn abverlangt? 2 Annahmen wurden vorangestellt:

1. Kreativ sein richtet den Blick nach Innen und hilft Stress abzubauen

2. Kreativität braucht Wissen und die Verbindung von Wissen. Mehr Verknüpfungen bedeutet eine bessere Gedächtnisleistung.

Die Resultate:

Wer kreativ war, konnte seine Stressresistenz steigern, eben ähnlich wie andere Achtsamkeitsübungen (z.B. Meditation). Auch die Gehirnstruktur zeigte Veränderungen: mehr neuronale Verbindungen, die für ein gutes Erinnerungsvermögen wichtig sind.


Flow Ideen: Möglichkeiten,
kreativ zu sein

Zeichne dich glücklich!

Wie jeder weiß, ist das Zeichnen eine kreative Tätigkeit. Die wenigsten wissen jedoch, dass Zeichnen das menschliche Gehirn fit hält. Denn Zeichnen regt die rechte Gehirnhälfte an, die wir für

  • bildhaftes,

  • emotionales

  • und kreatives Denken brauchen.

Das ist wichtig, weil die linke Gehirnhälfte, die für

  • das logische,

  • analytische

  • und abstrakte Denken zuständig ist,

fast tagtäglich gefordert ist, die rechte allerdings im Leben der meisten Menschen zu kurz kommt.

Wer also gerne zeichnet, trainiert allgemein seine Gehirnleistung. Davon zeugen auch die vielen Berichte von Zeichenkurs-Teilnehmern, die über eine bessere Kreativität, Konzentrationsfähigkeit und sogar Sehstärke berichten. 

Darüber hinaus entspannt Zeichnen und hilft Ängste zu lösen. Nicht umsonst ist Zeichnen auch eine Disziplin der Kunsttherapie.

Tatsächlich sind wir während des Zeichnens so im Flow, so stark von unserer Tätigkeit eingenommen, dass alle Sorgen und Probleme in den Hintergrund treten.

Kein Wunder, muss man doch beim Zeichnen räumlich und bildhaft denken, zugleich aber auch noch die Hände und Finger richtig einsetzen.

Musizieren macht glücklich

Schon in Kinderjahren erfahren wir hautnah am eigenen Leib, wie stark sich Musik auf unsere Stimmung, unser Wohlgefühl und unsere Emotionen auswirkt. Darum ist die Musiktherapie auch längst in den Kreis der psychotherapeutischen Methoden etabliert.

Doch was ist es genau, was uns beim Musizieren glücklich macht? Melodische Klänge, die wir als angenehm empfinden, animieren unser Gehirn dazu, das Glückshormon Dopamin auszuschütten. Das macht uns nicht nur glücklich, sondern motiviert uns auch langfristig.

Zudem werden beim Musik machen neben dem Gehör auch das Fühlen, Bewegen und Sehen angesprochen. Der beruhigende Einfluss von Musik wirkt sich auf unser körperliches Wohlbefinden aus: Die Gehirnleistung steigt, der Blutdruck geht runter und der Herzschlag reguliert sich. 

Eine ideale Musikrichtung zur Gesundheitsförderung gibt es jedoch nicht. Schließlich hat jeder Mensch seinen eigenen Musikgeschmack und reagiert daher unterschiedlich.

Was für den einen wohltuend und beruhigend ist, erzeugt beim anderen Aufregung und Gereiztheit. Als Faustregel gilt: Laute und schrille Töne wirken eher anregend, tiefe und dunkle Töne entspannen und lockern

Malen als Entdeckungsreise ins eigene Ich

Wie wichtig Malen für unser Wohlbefinden ist, zeigt sich schon in der Kindheit. Denn solange wir jung und klein sind, ist uns das Malen besonders wichtig. Insbesondere, wenn wir das Sprechen noch nicht perfektioniert haben.

Dann ist nämlich Malen und Zeichnen eine tolle Möglichkeit, um sich auszudrücken. Hierin liegt auch der Grund, warum Mal-Workshops längst ein fester Bestandteil der Kunsttherapie sind: Schließlich sagen Bilder mehr als tausend Worte. 

Neben dem Ausdruck von Emotionen und Gedanken, die wir sonst nur schwer artikulieren können, hat Malen aber noch weitere positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit – und das sowohl körperlich als auch geistig.

So verbessert das Malen die Feinmotorik, da mit diversen Utensilien hantiert werden muss. Selbst für die Gehirnleistung ist Malen förderlich, da beide Gehirnhälften beim Malen aktiv mitwirken, während wir im Flow sind.

Es geht aber noch weiter: Auch die Konzentrationsfähigkeit verbessert sich durch regelmäßiges Malen zusehends, was wiederum unserer mentalen Gesundheit zugute kommt.

Ängste werden gelöst, Probleme treten in den Hintergrund und Entspannung macht sich breit. Dadurch gelingt es uns, Schwierigkeiten schneller zu verarbeiten und Krisensituationen gelassener zu begegnen.  

Singen ist Balsam für Körper und Geist

Wer singt, tut weit mehr als sein Talent zum Besten zu geben. Singen ist schließlich eine komplexe Tätigkeit, die Klangbildung, Sprachvermögen, Gehör, Rhythmusgefühl, Körperbewusstsein und Selbstwahrnehmung gleichermaßen beansprucht. Das ist letztlich auch der Grund, warum Singen so viele positive Auswirkungen auf die Stimmung und Gesundheit eines Menschen hat.

So sorgt Singen für eine volltönende Stimme (auch im Alter), beugt Rückenschmerzen vor, kurbelt die Verdauung an, fördert das Immunsystem, verbessert die Durchblutung, stärkt das Herz-Kreislauf-System und steigert die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. 

Darüber hinaus hat das Kreativ sein bzw. im Flow sein auch etwas Meditatives an sich und wirkt sich positiv auf unser seelisches Wohlbefinden aus. Vor allem die stressabbauende, angstlösende und stimmungsaufhellende Wirkung wurde mehrfach in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen.

Zudem ermöglicht das Singen tiefgreifende Selbsterfahrung, durch die du dir deiner eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten bewusst wirst. 

Schreiben entlastet Kopf und Seele

Beim Schreiben nimmst du dir den nötigen Freiraum und genug Abstand vom Alltag, um dich auf eine faszinierende Reise in die eigene Vorstellungskraft zu begeben, um dein schöpferisches Potential zu entdecken und frei zu entfalten. 

Schreiben hat außerdem eine positive Wirkung auf unsere psychische und emotionale Verfassung. So belegen verschiedene Studien, dass sich kreatives Schreiben förderlich auf den Einfallsreichtum, die Selbstpräsentation und die Selbstreflexion auswirkt. Zudem steigert das Schreiben das subjektive Wohlgefühl, löst Ängste und hilft dabei, Probleme zu bewältigen. 

 
 

Filzen und kreativ sein? Jap!

Die ersten archäologischen Funde von Filzerzeugnissen gehen auf die Jungsteinzeit zurück und manche Wissenschaftler vermuten sogar, dass diese Kunst noch älteren Datums ist. Filzen ist aber nicht nur ein uraltes Handwerk, sondern auch eine sehr sinnliche und kreative Erfahrung:

Die Berührung von weicher und grober Wolle, der natürliche Geruch, die warme Lauge und das sanfte Gleiten der Hände über den Stoff erdet und entspannt. Natürlich ist auch Konzentration und Geduld gefragt, denn Walken braucht Zeit und teilweise auch Kraft. 

Beim Filzarbeiten erlebst du außerdem immer wieder kreative Phasen, in denen du ganz bei dir selbst bist, die Außenwelt ausblendest und die innere Ruhe und Entspannung genießt.

Töpfern zur Entschleunigung und Entspannung

Nicht umsonst wird das Arbeiten mit Ton auch in der Kunsttherapie angewendet. So hat man in wissenschaftlichen Untersuchungen herausgefunden, dass regelmäßiges Töpfern – und wenn es auch nur 10 Minuten am Tag sind – heilsam auf die Psyche wirkt und zu mehr Gelassenheit verhilft.

Warum? Weil plastische Kunstrichtungen wie Malen oder Töpfern unbewusste Emotionen und Gedanken ans Licht bringen. Beim Töpfern tritt das Unbewusste aber nicht nur an die Oberfläche, sondern wird auch konstruktiv verarbeitet

Im Flow beim Goldschmieden – die Königsdisziplin des Schmiedehandwerks

Die Goldschmiedekunst zählt mit Fug und Recht zu den ältesten Handwerkskünsten der Menschheit, denn erste Belege finden sich schon für das 5. Jh. v. Chr. Kein Wunder also, das uns diese feinsinnige Kunst auch heute noch in ihren Bann zieht. 

Goldschmieden erfordert ein hohes Maß an Konzentration, Geduld und Fingerfertigkeit, doch auch Kreativität und Gespür für gutes Design sind gefragt. Und genau das sind auch die Gründe, warum Goldschmieden die körperliche wie auch geistige Erholung und Stärkung fördert.

Druckgrafiken versinken und sich neu entfalten

Druckgrafiken sind eine Frühform der Buch- und Zeitungsillustration. Besser gesagt, früher mussten texterschließende Bilder auf Holz, Linol und Kupfer radiert, geschnitten oder gestichelt werden, um Illustrationen für Magazine und Bücher zu erhalten.

Damit zählt die Druckgrafik zu den bildenden Künsten und wurde von namhaften Größen wie Albrecht Dürer (Kupferstich), Rembrandt (Strichätzung) und Hans Theo Richter (Lithografie) ausgeübt. Einige druckgrafische Techniken wie die Radierung werden auch von heutigen Künstlern als grafisches Medium genutzt. 

Glaskunstkreativ & handwerklich

Die Glaskunst ist ein altes Kunstgewerbe, das schon im 17. Jahrhundert von den Italienern zur Perfektion gebracht wurde. Kein Wunder, immerhin ist Glas einer der ältesten Werkstoffe der Welt.

Von seiner faszinierenden Geschichte einmal abgesehen, ist Glasblasen eine kreative Kunstform, die neben Kunstverstand auch nach Feingefühl, Fingerfertigkeit, Kraft, Ausdauer und Konzentration verlangt. Mal eine ungewöhnliche Art, um in Flow zu kommen.

Die Mosaikkunst – eine alte Kunstform neu entdeckt

Die Kunst des Mosaiklegens gibt es schon seit sehr langer Zeit. Genau genommen wurde das Mosaiken schon ca. 4.000 v. Chr. von alten Kulturen praktiziert, um Objekte zu dekorieren oder Menschen und Tiere darzustellen.

Doch auch in unserer modernen Zeit haben Künstler wie Friedensreich Hundertwasser, Antonin Gaudí oder Niki de Saint Phalle die Tradition der Mosaikkunst weitergeführt. 

Mosaike zu legen macht einfach Spaß. Das Wort Mosaik wird schließlich nicht umsonst vom lateinischen Wort „Musaicum“ (zu Deutsch „Werk, das den Musen gewidmet ist“) abgeleitet. Wer Mosaike anfertigt, ist kreativ.

Zudem eröffnen sich dem Schaffenden neue Ausdrucksformen, um der faszinierenden Form- und Farbenwelt im Innern Ausdruck zu verleihen. So lassen sich mit Mitteln wie Keramik, Porzellan, Muscheln, Spiegeln, Buntglas oder Marmor einzigartige Kunstwerke schaffen. 

Bändige die Elementargewalt des Feuers

Das sogenannte Spiel mit Feuer und Eisen ist eine Kunst – und zwar eine der ältesten Handwerkskünste auf der ganzen Welt. Der Reiz dieser Kunstdisziplin besteht darin, das Eisen in nur kurzer Zeit in die gewünschte Form zu schmieden. Schmieden erfordert und schult neben Kraft und Stärke auch Achtsamkeit, Ruhe, Mut und Geduld. 

Im Flow mit Bildhauerei und Modellierkunst

Die Bildhauerei und Modellierkunst erfordert handwerkliches Know-how und Geschick, ist aber definitiv ein Kunsthandwerk, das sich durch seine Kreativität auszeichnet. Generell geht es darum, einem toten Material durch schöpferisches Modellieren Leben einzuhauchen: Ein Bildhauer befreit also Stein, Holz, Ton, Beton, Gips oder Wachs von seiner unscheinbaren Umhüllung, um dem Material nach seinem eigenen tiefen Verständnis von Kunst und Sinn Gestalt zu verleihen. 

Ob das glücklich macht? Aber ja! Schließlich haben berühmte Künstler nicht umsonst ihre Zeit mit „brotloser Kunst“ verbracht und dabei ein Leben in Armut in Kauf genommen. Künstlerisch tätig zu sein macht in der Tat glücklich – und stärkt Selbstvertrauen, Einfallsreichtum und Konzentrationsfähigkeit.

Zudem erlangen wir beim Bildhauern ein Bewusstsein unserer eigenen Schaffenskraft mit ihren grenzenlosen Möglichkeiten.

Im Flow sein hilft nicht nur sich zu entspannen, sondern auch Ängste abzubauen und Konflikte leichter zu meistern. Nicht zuletzt hat Bildhauern auch einen positiven Einfluss auf den Körper, indem es Feinmotorik und Körperspannung verbessert.


Quellen:

1) Conner, T.S., DeYoung, C.G., Silvia, P.J.: Everyday creative activity as a path to flourishing. IN: The Journal of Positive Psychology, 11, 2016

2) Wikipedia: Kreativität

3) Bolwer, A., Mack-Andrick, J., Lang, F. R., Dörfler, A., & Maihöfner, C. (2014). How Art Changes Your Brain: Differential Effects of Visual Art Production and Cognitive Art Evaluation on Functional Brain Connectivity. PLOS, 9(7)

Tamara Niebler (Inkognito-Philosophin)

Hi, ich bin Tamara, freie Journalistin & studierte Philosophin (Mag. phil.). Hier blogge ich über persönliche Erfahrungen mit Depressionen & Angst – und untersuche psychische Phänomene aus einer dezidiert philosophischen Perspektive. Zudem informiere ich fachkritisch über soziale Ungerechtigkeiten und gesellschaftliche Missstände, die uns alle betreffen.

Zurück
Zurück

Depressive Verstimmung oder Depression? – Große Unterschiede

Weiter
Weiter

Körpersignale – Was ist Körpersprache?