Was ist der Sinn des Lebens? – Sinnfrage & Lebenssinn heute
“Was ist der Sinn des Lebens?” ist eine existenzielle Lebensfrage des Menschen. Früher wurde sie mit Hilfe der Religion beantwortet (Gott, Schicksal), doch spätestens in der Moderne stellt sich die Sinnfrage auf eine andere Weise: wenn die menschliche Existenz an sich keinen Sinn hat, was ist dann der Sinn des eigenen Lebens? Wie finde ich Sinn? Die Schwierigkeit: Worum geht es bei der Sinnfrage überhaupt? Und warum suchen wir einen Lebenssinn?
Der Lebenssinn des Menschen
Die Sinnhaftigkeit des Lebens ist für uns fast schon Voraussetzung.
Doch warum eigentlich?
Und in welcher Hinsicht suchen wir Sinn?
Inhaltsverzeichnis: Der Sinn des Lebens
Sinnfragen & Sinnkrisen: Fragen heute mehr Menschen nach Sinn im Leben?
Welchen Sinn hat Leben? Sinn ist kein Zweck, sondern Selbstzweck
Kann das Leben einen Sinn haben? Frage nach Sinn ist tricky
Warum suchen wir einen Sinn im Leben? Gründe für die Sinnfrage
Den Sinn des Lebens finden – Ist der Sinn des Lebens erkennbar?
Philosophische Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens
Fazit: Was ist der Sinn des Lebens?
Worin besteht der Sinn des Lebens?
Die Frage nach Sinn & Sinnhaftigkeit
Jeder Mensch fragt sich irgendwann einmal nach dem eigenen Lebenssinn. Das ist nicht so selbstverständlich, wie es für uns heute scheint. Die Frage “Was ist der Sinn des Lebens?” ist eigentlich gar nicht so alt wie viele glauben.
Heute hat die Sinnfrage bzw. das Verständnis von einem Sinn des Lebens nämlich einen anderen Charakter als im Leben der Menschen früherer Zeiten.
In früheren Jahrhunderten war die Sinnfrage nämlich weniger üblich. Damals gaben Religionen & Traditionen klare Antworten auf den Lebenssinn des Menschen.
Auch bekannte Wissenschaftler, Theologen & Philosophen haben über die Zeit hinweg die unterschiedlichsten Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens gefunden: Aristoteles postuliert die Selbstverwirklichung, Viktor Frankl dagegen die menschlichen Werte, um nur 2 berühmte Beispiele zu nennen (mehr dazu weiter unten).
Doch viele der traditionellen Antworten befriedigen in der Moderne nicht mehr
Vielleicht zu Recht … denn unser Menschen- und Weltbild ist wesentlich von sozialen Strukturen mitbestimmt. Ändert sich also unsere Lebensweise, muss sich letztlich auch die Frage nach dem Sinn des Lebens ändern.
Sinnfragen & Sinnkrisen des Lebens
Fragen heute mehr Menschen nach Sinn im Leben?
Tatsächlich scheint die fundamentale Frage “Was ist der Sinn des Lebens?” heutzutage drängender und weitläufiger. Das hat zum einen mit gesellschaftlichen und politischen Veränderungen zu tun, zum anderen mit dem modernen Menschen- und Weltbild.
Doch warum ist der Sinn des Lebens für uns so wichtig? Wonach suchen wir, wenn wir nach Sinn fragen? Meinen wir das gleiche oder doch jeder etwas anderes?
„Wer ein WARUM zum Leben hat, erträgt fast jedes WIE.“
Welchen Sinn hat Leben?
Sinn ist kein Zweck, sondern Selbstzweck
Dass sich so schwer eine Antwort auf die Sinnfrage der Moderne finden lässt, hat etwas mit der Fragestellung zu tun: Was ist der Sinn des Lebens? – die Formulierung ist sehr allgemein und vage gehalten.
Daher gilt es, zu spezifizieren, um sich einer möglichen Antwort zu nähern:
Was meinen wir denn eigentlich mit Sinn des Lebens?
Sprechen wir von Deinem Lebenssinn speziell?
Oder gibt es einen allgemeinen Sinn im Leben, der für jeden Menschen gültig ist?
Lässt sich so etwas wie ein Sinn des Lebens von einem Menschen überhaupt geistig erfassen?
Und wer bestimmt den Lebenssinn an sich?
Was ist der Sinn des Lebens?
Sinn Definition (Sinnhaftigkeit)
Um die Frage nach dem Sinn des Lebens zu beantworten, müssen wir zuerst die einzelnen Begrifflichkeiten des Satzes in ihrer Bedeutung klären, um uns einer möglichen Antwort zu nähern.
Vereinfachen wir uns das Ganze, indem wir das Verb „sein/ist“ außen vor lassen und uns den beiden Substantiven zuwenden: Sinn & Leben. Was mit Leben gemeint ist, wird Dir klar sein. Das Leben als Dasein, als Existenz.
Etwas schwieriger wird es mit dem Wörtchen Sinn (3).
„Wir versuchen, den Sinn des Lebens zu ergründen und vergessen oft dabei, dem Leben einen Sinn zu geben. “
1) Sinn des Lebens als Eigenschaft
Sinn wird oft als Temperament (Gemeinsinn, Gesinnung) oder Eigenschaft gedacht, z. B. Geruchssinn, Sinn für Humor, Kunstsinn etc.
Damit hat die Frage nach dem Sinn des Lebens jedoch weniger zu tun.
2) Sinn des Lebens als Zweck & Ziel
In der zweiten Bedeutung umfasst Sinn das Wofür, einen Zweck von Taten, Maßnahmen, Gesetzen, Bauteilen etc.
Der Träger von Sinn kann dabei der Mensch als Urheber, die Handlung oder die Maßnahme sein.
Ein Gesetz hat den Sinn, die Gemeinschaft vor XY zu schützen.
Ein Ministerium hat den Sinn, sich um eine bestimmte Aufgabe zu kümmern etc.
Hier kommen wir der Sinn-Bedeutung schon näher. Ganz befriedigt ein instrumenteller Zweck der Existenz aber auch nicht.
3) Sinn des Lebens als Haltung
Sinn ist ein Grund oder ein Ziel – wir sprechen also von einer Sinnhaftigkeit. Aber was heißt das jetzt wieder? Grob lassen sich die Antworten auf 3 Ansätze reduzieren:
Was ist der Grund für Dein Sein? Warum bist Du da?
Was ist das Ziel Deines Lebens? Worauf ist Dein Leben ausgerichtet?
Was ist ein sinnvolles Leben? Was ist das richtige Verhalten, um das Leben sinnvoll zu leben?
Auf das erste Frage-Paar geben oft Religionen Antwort. Sie beschreiben nicht nur den Ursprung des Daseins, sondern auch das Ziel. Nicht die schlechteste Art, Sinn im Leben zu finden. Aber auch nicht die einzige ...
„Warum setzen Sie eigentlich voraus, dass ein Leben, außer da zu sein, auch noch etwas haben müsste oder auch nur könnte – eben das, was Sie Sinn nennen?“
Kann das Leben einen Sinn haben?
Philosophisch gesehen, taucht bei der Frage „Was ist der Sinn des Lebens“ ein Paradox auf.
Denn der Satz enthält eine Vorbedingung (Prämisse) und behauptet als Voraussetzung, es gäbe einen Sinn des Lebens.
Aber: Muss das Leben zwingend einen Sinn haben? Kann es auch ein Leben ohne Sinn geben? Ein Leben, ohne konkretes Ziel oder einen Grund?
Frage nach Sinn ist tricky
Schließlich ist es ein Unterschied, ob Du als Mensch mit Deinem begrenzten Geist Dir ein Leben ohne Sinn nicht vorstellen kannst oder ob es wirklich so nicht existiert. Das sind 2 Paar Schuhe und nicht miteinander zu verwechseln.
„Mit der Geburt wird der Mensch … in eine Situation hinein geschleudert, die nicht festgelegt, sondern ungewiss und offen ist. Nur in Bezug auf die Vergangenheit herrscht Gewissheit, und für die Zukunft ist nur der Tod gewiss. Er besitzt ein Bewusstsein seiner selbst, seiner Mitmenschen, seiner Vergangenheit und der Möglichkeiten seiner Zukunft“, sagte Erich Fromm.
Mit offenen Möglichkeiten können jedoch nur die wenigsten Menschen umgehen. Sie geben den meisten zu wenig Halt. (vgl. Existenzängste)
Warum suchen wir einen Sinn im Leben?
Warum sucht eigentlich jeder – vom Millionär bis zum Bettler (metaphorisch gemeint) – den Sinn des Lebens? Der Philosoph Gert Scobel hat eine Theorie (1):
„Wir wissen, dass wir sterben, wir wissen, dass nichts von Bestand und Dauer ist. Dass wir es einfach hassen, mit unserer eigenen Fehlbarkeit und Endlichkeit der Erkenntnis umzugehen und wir wollen, dass das ein Ende hat. Und das andere ist, dass wir etwas suchen, was uns in den Irrnissen und Wirrnissen des Lebens, durch die Widerstände, denen wir begegnen, hindurchträgt. Also etwas, wie Luther sagen würde, was sich in Leben und Sterben bewährt. Das hätten wir bitte auch gerne.“
Auf den Punkt gebracht, erfüllt der Sinn des Lebens für Dich einige grundsätzliche Wünsche.
Gründe für die Sinnfrage
1) Sinnbedürfnis des menschlichen Geistes
Der Sinn des Lebens wäre ein Orientierungswert, eine Anleitung fürs Leben und damit eine Sicherheit.
Ein Zweck der Existenz ist damit gar nicht gemeint. Sondern eine Art Lebenshilfe & Lebensziel.
Spätestens seit dem Aufkommen der antiken griechischen Philosophie ist die Selbstreflexion über das Leben, Kosmos & Sinn traditionell fest in unserer Mentalität verankert.
2) Sinngebung im Gehirn als biologische Grundlage
Neurowissenschaften und Psychologie geben Hinweise, dass unser Gehirn darauf ausgerichtet ist, Sinnzusammenhänge herzustellen. Du, ich und alle anderen Menschen sind bereits biologisch auf die Sinnfrage geeicht. Das Gehirn bettet alle Informationen, die es bekommt, blitzschnell in Muster, Systeme und Strukturen ein.
„Es gibt schöne Experimente, die zeigen, was passiert, wenn man Menschen vor sogenanntes weißes Rauschen setzt, also einfach das Auftauchen von weißen Punkten auf der Leinwand.
Das ist ein völlig zufälliger Prozeß und trotzdem entdecken Menschen, oder glauben besser gesagt, in diesem völlig zufälligen Rauschen, ein Wort zu erkennen, ein Bild zu erkennen, ein Gesicht zu erkennen, was auch immer.“ (Scobel, 1)
Vgl. auch Geist und Gehirn – Ich ist nicht Gehirn
Wirklich wichtig dabei:
Jeder Mensch erfindet sein eigenes Muster. Damit hat jeder Mensch einen eigenen individuellen Sinn im Kopf.
Oder nicht?
3) Das Glücksstreben des Menschen
Der Sinn des Lebens ist für den Menschen eine Voraussetzung, um innere Zufriedenheit und Glück zu erfahren. So betont Viktor Frankl:
„Das Wissen um eine Lebensaufgabe hat einen eminent psychotherapeutischen und psychohygienischen Wert“.
Der Sinn des Lebens als persönliche Selbstverwirklichung und eine individuelle Begründung des Daseins schlägt sich auch in soziologischen und psychologischen Theorien nieder.
Darum begreift die Maslowsche Bedürfnispyramide das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung als das letzte und höchste Bedürfnis eines jeden Einzelnen.
Sinn im Leben wirkt lebensverlängernd
Wie sehr sich ein Lebenssinn auch auf unsere geistige und körperliche Gesundheit auswirkt, konnten Studien nachweisen.
Sinn im Leben verringert das Sterblichkeitsrisiko (12)
Ein Lebenssinn schützt vor Herzinfarkten & Schlaganfällen (13)
Ein Mangel an Sinn macht anfälliger für Depressionen, Angst und Substanzmissbrauch (14). Vor allem bei Depressionen ist der starke Zusammenhang zwischen Depression und Sinnverlust auffällig.
Der Sinn des Lebens wirkt wahrscheinlich lebensverlängernd (15)
Ein Lebenssinn ist mit Gesundheit und psychischem Wohlbefinden verbunden (17)
„Also die Vorstellung von einem verborgenen Sinn, der irgendwie da ist, den wir aber nicht erschließen können, diese Vorstellung finde ich recht dubios.“
Den Sinn des Lebens finden
Ist der Sinn des Lebens erkennbar?
Nehmen wir an, es gibt einen Sinn des Lebens, können wir Menschen ihn mit unseren eingeschränkten Fähigkeiten überhaupt finden bzw. begreifen? Der Evolutionsbiologe Andreas Bayer (1) meint: nö! Die Antworten würden nämlich zu einem Fragen-Marathon führen:
Agnostizismus & Skepsis in der Wissenschaft
„Denn dann müssten wir irgendwie beantworten können, warum das Weltall so ist, wie es ist. Und eine grundsätzliche Antwort darauf, warum die Welt so beschaffen ist, dass sie offensichtlich für das Leben günstig ist, diese Antwort kann man nicht geben. Jedenfalls nicht naturwissenschaftlich.“
Es gibt einige agnostische und skeptizistische Theorien in der Philosophie, die genau diese Ansicht auch vertreten. Aufgrund der beschränkten Fähigkeiten des Menschen, kann kein Mensch Gott oder einen objektiven, letztbegründenden Sinn des Lebens erkennen.
Das wäre eine mögliche Antwort auf die Frage “Was ist der Sinn des Lebens?” Doch nur eine von vielen …
Philosophische Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens
Natürlich gab es früher schon eine ganze Menge Ideen, worin der Sinn des Lebens bestehen könnte. Hier nur ein paar Beispiele:
Mehr dazu erfährst Du hier: der Sinn des Lebens in der Philosophie
Sinn des Lebens in der Philosophie
Aristoteles sah das Ziel des Lebens in einer Art natürlicher Selbstverwirklichung innerhalb der Gemeinschaft.
Der Hedonismus nach Epikur setzt das Leben als Sinn des Lebens.
Die Existenzphilosophie nach Sartre, Camus & Co. sieht in der Selbstbestimmung & Selbstrealisation den Sinn allen menschlichen Lebens.
Viktor Frankl betonte die Wertewelt des Menschen als Sinnstiftung.
Traditionell-Religiöse Antworten auf den Sinn des Lebens
Im Christentum finden Gläubige ihren Lebenssinn im Glauben an Gott selbst.
Im Buddhismus dreht sich alles darum, durch Achtsamkeit aus dem Kreislauf des Leidens (ewige Wiedergeburt) auszubrechen, um ins erlösende Nirwana (Nichts) einzugehen.
„Wir verlangen, das Leben müsse einen Sinn haben – aber es hat nur ganz genau so viel Sinn, als wir selber ihm zu geben imstande sind.“
Hat jeder seinen eigenen Sinn des Lebens?
Erinnere Dich noch einmal an das Beispiel von oben mit dem Experiment des weißen Rauschens: Das Gehirn sucht Sinn. Ist kein objektiver vorhanden, erfindet es einen.
Wir Menschen erfinden also Ideen im Kopf und glauben sie in der Umwelt, in Menschen, in Dingen und Geschehnissen zu erkennen.
Philosophisch könnten wir doch sagen:
Wenn es keinen objektiven, wissenschaftlichen Sinn des Lebens gibt, dann steht es Dir also offen, Dir selbst einen zu (er)finden.
Das kann dann alles sein: Freiheit auskosten, Wohlstand erlangen, kreatives Schaffen, Liebe etc. Das ist allerdings nicht das, was die meisten von uns wollen und birgt die Gefahr der Selbsttäuschung. Viele wünschen sich eben einen festen, unerschütterlichen Sinn des Lebens, der ihnen irgendwie sagt, wie das Leben zu leben ist.
„Die größte Angelegenheit des Menschen ist, zu wissen, wie er seine Stelle in der Schöpfung gehörig erfülle und recht verstehe, was man sein muss, um ein Mensch zu sein. “
Gibt es nur einen Sinn des Lebens oder mehrere?
Vielleicht gibts aber gar nicht den einen, alleinigen, umfassenden Sinn des Lebens. Die Forscherin Tatjana Schnell hat dazu mehrere Studien untersucht:
„Was wir als Kernergebnis berichten können, ist, dass wir uns nicht nur auf eine Sache konzentrieren sollten, sondern, dass wir mehrere Sinnquellen brauchen, um eine gewisse Balance zu haben.“ (5)
Am sinnstiftendsten sind demnach Dinge, die sich um etwas Größeres als das eigene Selbst drehen:
Religion, Spiritualität
soziales Engagement
Naturverbundenheit
Generativität (politische Betätigung, Kunst, soziales Engagement etc.)
Was stiftet Sinn im Leben?
Sind nur positive Erfahrungen sinnvoll?
Intuitiv würde wohl jeder Mensch sagen: Sinn sehen wir am meisten, wenn wir uns gut fühlen. Davon gingen auch Philosophen und Wissenschaftler lange Zeit aus: vor allem positive Erlebnisse stiften Sinn.
Negative können zwar bei der Sinnfindung helfen, doch je weniger davon und je mehr gute Erfahrungen, desto sinnvoller empfinden Menschen das Leben.
Eine Forschungsarbeit von 2019 zeigt jedoch, dass dies Quatsch ist und zu einseitig gedacht:
“Während viele Menschen sagen, dass sie positive Erfahrungen mehr schätzen als negative, gibt es einen versteckten Nutzen von negativen Erfahrungen; sie können manchen von Wert für die Findung von „Lebenssinn“ geben.” (16)
Die Resultate der Studie:
“Negative Ereignisse sind zwar nicht unbedingt erwünscht, sind aber genau die Ereignisse, die die psychischen Prozesse stimulieren, die Sinnhaftigkeit produzieren. Das heißt, negative Ereignisse scheinen eine Gelegenheit zu bieten, Bedeutung aus ihnen zu ziehen und zu erkennen, dass sie eine neue Perspektive auf den Wert der Negativität im Alltag bieten.” (16)
Intensive Erfahrungen regen zum Nachdenken an
Genauere Nachuntersuchungen ergaben (9), dass es nicht auf Positivität oder Negativität der Erlebnisse ankommt, sondern auf die Intensität der Gefühle des Moments.
Doch warum wirken emotionale Extreme sinnstiftend auf uns Menschen? Ganz einfach, weil sie uns zum Nachdenken anregen.
Ein Ereignis ist für uns also immer dann bedeutsam und erinnerungswürdig, wenn es mit starken Gefühlen verbunden ist.
Egal ob positiv oder negativ geprägt.
Und nicht nur das! Erfahrungsintensität und das damit verbundene Sinnerleben trägt zu unserer narrativen Identität bei. Wir definieren uns über Erfahrungen, und zwar über die bedeutsamsten und stärksten. Vgl. auch das Gute im Menschen & die Macht der Narrative
Auch der Psychologe Paul Bloom von der Yale University spricht von der »Lust am Leiden«, als Gegenbewegung zum heutigen »Achtsamkeitswahn«, der das gute Leben über Ruhe und Ausgleich zu erreichen sucht. (9)
Grundbedürfnisse & der Sinn des Lebens
Die Grundbedürfnisse des Menschen sind nicht nur fürs biologische Überleben notwendig, sondern auch für eine spezifisch menschliche Existenz. Meist wird hier die Bedürfnispyramide nach Maslow aufgegriffen – und leider falsch interpretiert: Die Selbstverwirklichung bildet die Spitze der Pyramide und soll dann möglich oder relevant sein, wenn die physischen Grundbedürfnisse erfüllt sind.
Maslow meint aber keine Hierarchie. Kern seines Konzeptes ist das Erleben der Person. Sinnhaftigkeit ist der entscheidende Aspekt (Kreativität, Selbstverwirklichung, Wahlfähigkeit etc.) sowie der Werte- und Würdeerhalt.
Das transzendentale Grundbedürfnis des Menschen
Viele Arten von Bedürfnissen, die heute den physiologischen und psychologischen Grundbedürfnissen zugeordnet werden, können zwar befriedigt sein, doch das heißt nicht, dass sie auch Erfüllung bieten. Scheinbar reichen Gruppenzugehörigkeit und Formen der Selbstbestimmung nicht aus, damit sich Menschen glücklich fühlen und die Frage nach dem Sinn des Lebens für sich beantworten können.
Die Philosophie bringt daher ein anderes, umfassenderes Grundbedürfnis ins Spiel: das Bedürfnis, über die Grenzen der eigenen Person hinauszugehen. Dabei geht es nicht ums Ego, sondern das Hinausgehen über Ich-Grenzen. (vgl. Frankls Sinnlehre)
Das können wir: Einerseits, indem wir lebensweltlich auf andere Menschen und die Umwelt ausgerichtet sind (zeitlich, räumlich, emotional, kognitiv, kollektiv etc.). Andererseits indem wir Teil einer gemeinsamen Lebenswelt sind, deren Strukturen auf uns einwirken und die wir wiederum durch unser Handeln beeinflussen.
Fazit: Was ist der Sinn des Lebens?
Obwohl die Frage nach dem Sinn des Lebens eine beliebte, wenn nicht die beliebteste in der Alltagsphilosophie ist, lässt sie sich schwer beantworten.
Am einfachsten könnten wir uns darauf einigen:
Sinnhaft ist das, was Dein Leben wertvoll macht.
Was wiederum die Frage aufwirft, was wertvoll ist … dabei sind positive und negative Erfahrungen ausschlaggebend.
Vor allem ein stark intensives Gefühlserleben.
Interessanterweise steht das in krassem Gegensatz zur oft gelobten Seelenruhe der Stoiker und anderer philosophischer Richtungen, die starke Gefühle ablehnen und als nachträglich fürs gute Leben betrachten.
“Allein schon deshalb ist nicht eine einzige Antwort möglich, weil ständig neue Menschen geboren werden und mit jedem neuen Menschen kommt eine neue Perspektive auf die Welt, die einmalig ist. Und diese einmalig neue Perspektive könnte ja – rein theoretisch – die Antwort auf den Sinn des Lebens und aller Fragen bieten.”
(Prof. Gert Scobel)
Vgl. auch: Was ist Philosophie? oder auch: Kohärenzgefühl / Kohärenzsinn
Quelle:
1) Karsten Möbius: Was ist der Sinn des Lebens? (mdr Redaktion)
2) Metzler Lexikon der Philosophie: Sinn des Lebens
3) Manfred Knoke: Eine Betrachtung aus existenzanalytischer und logotherapeutischer Sicht – Auf der Suche nach Sinn
4) Josef Schmid: Die Wissenschaften und die Frage nach dem „Sinn des Lebens“
5) Markus Hofelich: Was ist der Sinn des Lebens? Die besten Antworten (Sinn des Lebens 24 Online-Magazin)
6) Terry Eagleton: Der Sinn des Lebens
7) Viktor Frankl: Über den Sinn des Lebens
8) Matthias Warkus: Was ist der Sinn des Lebens?
9) Scott Barry Kaufman: Sinnerleben – Warum wir extreme Erfahrungen brauchen
10) Tamara Niebler: Der Sinn des Lebens in der Philosophie
12) Psylex: Sinn, Ziel im Leben verringert Sterblichkeitsrisiko (2014)
13) Psylex: Lebenssinn schützt vor Herzinfarkten, Schlaganfällen und einem verkürzten Leben (2015)
14) Psylex: Mangel an Sinn im Leben verbunden mit Drogenmissbrauch, Depression, Angst (2015)
15) Psylex: Lebenssinn & Zielstrebigkeit verbunden mit längerem Leben
16) Kathleen D. Vohs: It's not going to be that fun: negative experiences can add meaning to life (Studie 2019)
17) Awais Aftab et al: Meaning in Life and Its Relationship With Physical, Mental, and Cognitive Functioning: A Study of 1,042 Community-Dwelling Adults Across the Lifespan (Studie 2019)