Was bei Depressionen hilft #4


Deflexion
Sich seiner selbst wieder bewusst werden

Im Folgenden geht es um die häufigsten Deflexions-Methoden. Unbewusster Zweck derartiger Strategien ist es, sich gegenüber diesen krank machenden Mechanismen zu betäuben, wodurch sie jedoch ungehindert und anhaltend wirksam sind.

Dieser Beitrag bietet Anregungen zur Selbsthilfe. Er ersetzt keine Psychotherapie.

 

Rückblick

In den bisherigen Beiträgen über Depressionen (vgl. Überblick: Wege aus der Depression)

  • habe ich im Rahmen meines Depressions-Modells die sozialen Fallgruben von Introjektion und Retroflexion und ihren Zusammenhang dargestellt;

  • habe ich die Prozesse Introjektion und Retroflexion anhand von Beispielen genau beschrieben und

  • Ansätze therapeutischer Methoden vorgestellt.

 


Was ist Deflexion?

Definition & Bedeutung

Deflexion bedeutet so etwas wie: Ab- oder Umbiegen, Ablenken.

Wenn du deflektierst, lenkst du dich – und andere sicherheitshalber auch – von etwas Wichtigem ab.

Es ist so, als würdest du einen wichtigen Termin in A-Stadt haben, auf der Fahrt dorthin dich aber hier von einem schönen Flusstal, dort von einer Kirche, dann von einer Sommerrodelbahn oder einem Museum gefangen nehmen lassen. Und weil du gerade zufällig an einer urologischen Praxis in B-Stadt vorbeikommst, machst du noch schnell den Jahres-TÜV.

Am Ende hast du den Termin vergeigt, den Job nicht bekommen, das Schulden-Erbe nicht ausgeschlagen, schuldhaft die Gerichtsverhandlung verpasst. Das ist für dich ziemlich schlimm, aber du bagatellisierst das irgendwie, blendest es aus oder schiebst es auf „die Umstände“.

 

Ein Beispiel

Gerade hat dein langjähriger Lebenspartner dir eröffnet, dass er dich wegen deiner besten Freundin Gisela verlassen wird. Deine Reaktion?

Du teilst ihm mit, dass er vergessen hat, Hackfleisch zu kaufen. (Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass dir gerade jetzt Hackfleisch einfällt …?)

 


Ist Deflexion denn immer schlecht?

Manchmal ist Deflexion sicher nicht verkehrt, sonst würde man alles, was passieren könnte, riesengroß werden lassen. Wenn man gerade die Todesnachricht eines geliebten Menschen erhalten hat, bewirkt Deflexion, dass dieses Faktum zunächst gar nicht bis in dein Bewusstsein vordringt.

In so einem Fall ist Deflexion eher hilfreich, weil sie die Pforte zum Bewusstsein sehr langsam öffnet. So hast du ein wenig mehr Zeit zur Verarbeitung. Wenn ein Kind sexuell missbraucht wird, kann Deflexion bewirken, dass es sich innerlich irgendwie abschaltet, um überleben zu können.

 

Deflektieren ist weniger unangenehm als Auseinandersetzung!

Dieses Faktum kommt nämlich dazu: Eine emotionale Aufarbeitung – auch in einem stützenden therapeutischen Rahmen – kann sehr belastend sein. Wenn dich ein Trauma im Griff hat, wenn die Strukturen deiner Herkunftsfamilie dich gewaltsam festhalten, wenn eine Phobie täglich ihre Klauen nach dir ausstreckt, wenn du in einer tiefen Trauer feststeckst, dann benötigt die Auflösung derartiger Leiden eine riesige emotionale Energie. Das kann richtig ans Eingemachte gehen, richtig weh tun! Deshalb zieht wohl jeder Mensch instinktiv – ich schließe mich ein! – die Ruhe einer erfolgreichen Deflexion einer emotionalen Erschütterung vor.

Aber auf Dauer schaden dir deine Deflexionen, weil sie viel Energie verschlingen und weil die Symptome ohne Verarbeitung in der Regel ja nicht verschwinden.

Weißt du, wie deine entsprechenden Gewohnheiten aussehen? Wie weit gehen deine Deflexionen, was meinst du? Vielleicht findest du dich – oder einen Menschen, den du kennst – in Folgendem wieder? 

 

Typische Deflexions-Muster

Diese Arten von Deflexionen habe ich immer wieder mit Patienten erlebt:

 

Die Reporterin

Uta berichtet über ihren schlimmen sexuellen Missbrauch, der sie heute noch massiv einschränkt, in sachlicher Weise wie eine Reporterin. Sie hat mit all dem nichts zu tun. Nichts davon berührt sie. Auch die Zuhörerinnen bleiben unberührt. Das hilft ihr zwar, mit diesem Trauma zurechtzukommen; so ist es ihr aber unmöglich, diese schlimmen Erlebnisse zu verarbeiten.

 

Der Geschichtenerzähler

Ralf ist kreuzunglücklich in seiner Ehe. Wenn wir in der Gruppentherapie darauf zu sprechen kommen, erzählt er weit ausholend eine gähnend lange Geschichte. Niemand weiß, was das mit ihm zu tun hat. Die höflichen unter den Gruppenmitgliedern quälen sich mit aufmerksamem Zuhören. Andere sind genervt, sobald er das Wort ergreift. Ich schlafe ein ...

Seine deflexive Strategie besteht darin, sich und andere zu hypnotisieren. Er ist sehr gut darin! Statt den Konflikt aktiv mit seiner Frau anzugehen – oder aber sich zu trennen – betäubt er sich selbst und bleibt so in seinem Unglück stecken.

Allerdings - und das dürfen wir Psychotherapeutinnen nicht übersehen! - bietet der Status quo immer auch die Sicherheit des Gewohnten. Besonders wenn sich ein Patient in einer kritischen Verfassung befindet, dürfen wir seine Deflexion allenfalls mit Behutsamkeit, nicht aber mit Überredung oder gar Nötigung abbauen!

 


Der Politiker

Berts Sätze bestehen nur aus Füllwörtern und Floskeln. Er benutzt oft Ausdrücke wie:

… im Grunde genommen, wie gesagt, jeder weiß doch, man, um auf den Punkt zu kommen, eigentlich, ganz genau betrachtet, bei gründlicher Analyse, einerseits – andererseits, und d a s sage ich in aller Klarheit und Deutlichkeit! …

Die Stellen zwischen diesen Wörtern bleiben weitgehend informationsfrei. Also sagt er – mit großer Geste – nichts. Er darf nichts sagen, weil es sonst, wie es später tatsächlich in einer Gruppenstunde geschieht, aus ihm herausbricht: sein ganzes Elend und Unglück, das er sich nicht eingestehen will.

 

Die Garderobiere

Das Folgende gilt wohl fast für jede Lehrkraft: Solltest du nicht zu dieser Berufsgruppe gehören, hole einmal deinen Lehrer-Freund aus seiner Schule ab. Die Lautstärke, das Gewusel, die Gerüche, das Durcheinander: All das ist unerträglich!

Ich nenne das Crowding: immer inmitten einer Masse Mensch sein müssen, ohne Schutz, ohne Rückzugsmöglichkeit. Wer im Schulwesen arbeitet, muss seine Sensibilität an der Garderobe abgeben, um durchzuhalten. Aus dem Grund erkranken Lehrkräfte besonders oft und schwer. Mehr als 50 % von ihnen müssen vorzeitig pensioniert werden. Wenn dich das näher interessiert, schau nach unter: Exkursionen - wie Schule krank macht.

 


Die Fallenstellerin

Ach ja: Ruth! Ruth sagt zu Beginn: Ich habe eine Sauwut auf mein verstorbenes Kind! Tränen stehen in ihren Augen. Dann fängt sie an zu reden. Der Zuhörer hat immer das Gefühl: So, jetzt gleich geht’s los, gleich kommt sie zu ihrer Verzweiflung, Wut, Trauer, Angst usw. Aber es passiert nichts: weder Weinen noch Wüten.

Eine ältere Frau aus einer dunkelkatholischen Gegend südlich von Köln benutzte dafür den Ausdruck: ohne Segen aus der Kirche gehen. Sie meinte damit einen Coitus interruptus. Ganz genau so fühlt sich das an. Auf ihren ersten Satz angesprochen, meint Ruth nur verwundert: Das soll ich gesagt haben??!

 

Herr Aberer

Das kennst du vermutlich auch. Ein Freund jammert darüber, dass er zu dick ist und abnehmen sollte, es aber nicht schafft. Du redest mit ihm, fragst ihn, was das Abnehmen für ihn so schwer macht, lässt dich auf ihn ein, äußerst Ideen, entwirfst mit ihm Pläne, bietest Lösungen und vielleicht sogar deine Begleitung an. Von ihm kommt jeweils nur:

ABER das geht nicht, weil …! ABER das bringt doch nichts …! ABER ich hab‘ das alles doch schon versucht! ABER mein Problem ist doch, dass …! ABER wenn ich Sport mache, habe ich immer hinterher schlimme Post im Briefkasten!

Diese letzte Äußerung hört man wirklich manchmal. Sie zeigt, dass die Gründe für die Ablehnung aller deiner Angebote letztlich völlig beliebig sind. Wie dem auch sei: Du dürftest irgendwann frustriert aufgeben. Und am Ende kriegst du noch zu hören: Immer wollen alle, dass ich abnehme! und fühlst dich richtig schlecht: Wie kannst du nur so intolerant sein und dem armen Kerl einreden, dass er so, wie er ist, nicht okay ist???!

Kennst du auch solche Strategien? Vermutlich nicht, weil es nämlich Teil der Deflexion ist, als solche unerkannt zu bleiben. Sonst würde sie ja nicht funktionieren!

 


Depressive Symptome und ihre Deflexionen

Anhand der wichtigsten Depressions-Symptome zeige ich auf, welche Deflexionen dahinter stehen können:

 

Antriebsminderung, Müdigkeit, Gedrücktheit, Energielosigkeit

Wenn du depressiv bist, bist du völlig energielos, wirst schnell müde, hast keine Lust und Null Antrieb. Du fühlst dich wie durch eine Last niedergedrückt und am Boden gehalten. Du kannst dich auf nichts konzentrieren, auch kleine Jobs nicht mehr erledigen. Dazu fehlen dir Kraft und Motivation. Sinn, Lust oder Freude kannst du auch nicht mehr empfinden. Es kann sogar sein, dass du überhaupt nicht mehr aufstehen magst.


Aus dem Blickwinkel der Deflexion:

Mit all diesen Symptomen verhinderst du, dass du dich mit den eigentlich wichtigen Themen auseinandersetzt und Lösungen findest. Du drängst dein Leiden in den Hintergrund, bezahlst dafür aber einen hohen Preis, nämlich den der Depression. Dein Leiden zu fühlen wäre aber nötig, um einen Motor für Veränderungen zu haben.


 

Gegen diese Formulierungen wirst du vielleicht protestieren, indem du deutlich machst, dass du doch nicht derjenige bist, der hier irgendetwas verhindert oder verdrängt!

Guck dir dazu doch nochmals an, was ich in Depressionen #3 zu diesem Thema geschrieben habe. Dort habe ich vorgeschlagen, zwischen Schuld, Scham und Verantwortlichkeit einerseits und Ohnmacht und Mächtigkeit andererseits zu unterscheiden.


 

Eine kleine Geschichte

Das Interessante an der folgenden Geschichte ist, dass wir sie zunächst nicht verstehen: Ein bekannter südamerikanischer Schamane soll einmal zu einem hilfesuchenden Nordamerikaner gesagt haben: Was willst du von mir, du bist doch schon krank!?

D.h. der Schamane sieht seine vornehmliche Aufgabe darin, das Leiden zu verstärken, damit eine Änderungsnotwendigkeit überhaupt gespürt wird!

 


Aus-dem-Felde-Gehen

Du ziehst dich von Freunden zurück, meidest überhaupt alle Begegnungen mit Anderen. Termine sagst du ab. Mit Hilfe der Krankschreibung musst du auch nicht mehr arbeiten. Hobbys lässt du links liegen. Wenn es dir sehr schlecht geht, willst du vielleicht sogar alles hinter dir lassen und nicht mehr leben.


Aus dem Blickwinkel der Deflexion:

Du verhinderst, dich erklären zu müssen, besorgte Fragen zu beantworten oder unerbetene Ratschläge zu erhalten. So ist es leichter für dich, dich mit deinen brisanten Themen nicht auseinandersetzen, geschweige denn etwas ändern zu müssen.

Wie gesagt: Der Status quo ist zwar quälend, aber vertraut und irgendwie auch sicher …

Der Austausch mit Anderen könnte aber nötig sein, um deine Probleme aktiv anzugehen.


 

Psychopharmaka

… „helfen“ dir ebenfalls, deine Baustellen nicht mehr betreten zu müssen. Deine Probleme bedrängen dich nicht mehr so stark. Wenn Mittel und Dosierung stimmen, wird dein Antrieb gesteigert, deine Unruhe abgemildert.

Wenn


Aus dem Blickwinkel der Deflexion:

Psychopharmaka können durchaus eine Hilfe sein, wieder mehr am Leben teilzunehmen. Sie sollten aber nur in unbedingt nötiger Dosierung und Dauer eingenommen werden.

Sonst gewöhnst du dich an diesen Zustand, der nicht Fisch und nicht Fleisch ist bzw – falls du dich vegetarisch ernährst – nicht Soja und nicht Bohne.


 


Das könnte gegen Depression helfen*

Keine Angst! Du kannst etwas gegen deine Depression tun! Wie auch bei den früheren Übungen zu Introjektion und Retroflexion ist das Prinzip zum Abbau von Deflexion recht einfach.

Auch hier benötigst du Übung und Selbstüberwindung, weil du dich ja zur Zeit im Schutze der Deflexion irgendwie – mehr schlecht als recht – in deiner Depression eingerichtet hast.

Gegen deine Depression geht es jetzt darum, deine Deflexionen zu erkennen und abzubauen. 

* Hier kann ich dir nur wenige Beispiele geben; mehr dazu wirst du fortlaufend in meinen weiteren Texten finden.

 

1) Das Spiegel-Ich

Wenn du auch so ein neutraler Berichterstatter bist wie Uta in meinem Beispiel, bitte ich dich, die schlimmen Ereignisse noch einmal ganz genau zu schildern, während du dich im Spiegel betrachtest. Achte darauf, ob

  • Inhalt (das, was du sagst) und

  • Form (wie du es sagst, also deine Stimme, Gestik und Mimik) zusammenpassen.

Stelle dir die Frage, wie sich der Mensch, den du im Spiegel siehst, wohl fühlen mag.


Alternative 1:

Du nimmst deinen Bericht auf und hörst ihn dir an. Stelle dir die Frage, wie es dir wohl gehen würde, wenn du die berichtende Person wärest! (Die du ja eigentlich auch bist …)


 

Alternative 2:

Du bittest eine Freundin, diesen Text vorzutragen. Beobachte sie dabei und frage sie, wie sie sich fühlt.


 

Alternative 3:

Lies den Text Chronik eines angekündigten Todes von Gabriel García Márquez. Die Unstimmigkeit zwischen Berichtsstil und Geschehen ist kaum auszuhalten!


 

2) Schulaufsatz

Wenn du wie Ralf ellenlange Geschichten erzählst, gebe ich dir folgende Aufgabe:

Schreibe deine Geschichte auf allerhöchstens einer halben Seite auf. Gib sie einer Freundin und bitte sie, die wichtigste Aussage (nur 1!) zu markern.

Lies ihr den markierten Satz mehrmals vor und frage sie, wie sie sich dabei fühlt.

 

3) Mit 5 Wörtern Klartext reden!

Oder bist du mehr der Politiker, der wie Bert wortreich absolut nichts sagt?

Suche dir einen Gesprächspartner. Sage ihm, er möchte darauf achten, dass du nur

5-Wort-Sätze

verwendest, wenn du jetzt zu ihm über dich sprichst.

Jede dieser Aussagen soll

  1. dich als Subjekt,

  2. eine emotionale Bewertung und

  3. ein Objekt, zB eine Person, eine Sache oder ein Ereignis, beinhalten.

Du sagst also nur Sätze wie:

  • Ich (Subjekt) fühle mich überlastet (emotionale Bewertung) von deinen Ansprüchen an mich (Objekt)!

  • Ich mag gerne Kaugummi!

  • Ich finde dich toll!

In Zukunft versuche doch, auch deinen Sozialpartnern gegenüber das, was du von ihnen willst, in maximal 5 Wörtern zu benennen. Das funktioniert.

Achte auf die 3 wichtigen Bestandteile deiner Botschaft:
Ich – Gefühl/ Wunsch – du/ dich!
Beispiel: Ich will mit dir ins Kino gehen! (Okay: das sind 7 Wörter …)

 

4) Werde zur Mimose!

Bist du Lehrerin, dann meide „Garderoben“! Gib deine Befindlichkeiten nicht an der Garderobe ab! Du sollst wieder lernen zu fühlen, Bedürfnisse zu haben, Schwächen wahrzunehmen und mitzuteilen. Um gesund zu bleiben (zu werden), musst du Grenzen setzen können.

Deshalb fordere ich dich auf, so empfindlich wie eine Mimose zu sein.

Mit Hilfe ihrer Sensibilität ist die Mimose eine sehr widerstandsfähige Lebensform. Sollte dann jemand zu dir sagen: Mensch, du bist aber empfindlich!!, antworte ihm ganz ruhig mit: Ja, du hast Recht. Oder wenn ein Kollege dir sagt, man müsse eben hart sein im Leben, erkläre ihm: Hart bricht leicht!

 

5) Lebensmalerin

Ob du wie Ruth nicht zum Ziel kommst, weil du in deine eigene Falle fällst, oder ob du ganz eigene Strategien hast, dich „wegzumachen“, eine wunderbare Methode, sich auf die Schliche zu kommen, ist diese: Du malst 2 Bilder über dich und dein Leben:

  • Bild 1: Du malst auf ein Blatt Papier dein jetziges Leben, so wie es ist.

  • Bild 2: Du malst das Leben so, wie du es dir wünschst.

Du kannst die Bilder farbig machen oder einfarbig, abstrakt oder konkret. Es ist egal, ob du Fingerfarben oder Wachsmalstifte verwendest, Tusche oder Bleistift. Mache es so, wie du willst, wie es sich richtig anfühlt. Denke nicht zu viel darüber nach! Die Bilder müssen nicht schön oder kunstvoll sein, sie sollen dir vielmehr im Prozess des Malens etwas mitteilen, etwas über dich ausdrücken.

Anschließend zeige diese Bilder mehreren Leuten und erkläre, was du fühlst und dazu denkst. Frage sie, was sie über dich, dein aktuelles und erwünschtes Leben fühlen und denken.

 


Fazit und Ausblick

Halte dir nochmals den Ablauf, die Psycho-Logik, meines Depressions-Modells vor Augen:

  1. Introjektion: Wir verinnerlichen überaus viele Regeln, die wir befolgen (müssen), ohne dass sie für unser Zusammenleben nötig wären.

  2. Retroflexion: Um diesen Introjekte gehorchen zu können, müssen wir viele Impulse, Gefühle, Wünsche, Bedürfnisse, Grenzsetzungen zurückhalten, womit wir uns selbst frustrieren und schädigen.

  3. Deflexion: Um daran nicht zu verzweifeln, schieben wir diese Prozesse in den Bereich des Automatischen, Unhinterfragten und Unbewussten ab.

Dies zusammengenommen, macht uns krank.

 

Ein Einwand

Ich behaupte nicht, dass mein Modell alle Aspekte der Depressionen und ihrer Behandlung abdeckt. Es gibt auch andere Ursachen, Bedingungen, Theorien und Behandlungsansätze.

Allerdings bin ich sicher, dass dieses Modell wesentliche Prozesse benennt, die oft übersehen oder gar ausgeblendet werden. Es macht keine Unterscheidung zwischen gesund und krank und ist deshalb nicht diskriminierend.

 

Diese Vorgänge sind übrigens nicht spezifisch nur für Depressionen, sondern sie sind ebenfalls in vielen anderen psychischen Erkrankungen wirksam. Oftmals habe ich in meiner Arbeit erlebt, dass zwischen Personen mit unterschiedlichen Diagnosen viel geringere Unterschiede bestehen als zwischen 2 Patientinnen mit derselben Diagnose.

 

Die sozialen Fallgruben der Introjektion, Retroflexion und Deflexion bezeichnen meines Erachtens viel wesentlichere Vorgänge als die akademische Unterscheidung gemäß der verschiedenen psychiatrischen Diagnosen.

 
Dr. phil. Michael Mehrgardt

Hallo, meine Name ist Dr. phil. Michael Mehrgardt und ich war fast 40 Jahre lang als Psychologischer Psychotherapeut tätig. Dabei musste ich viele Missstände kennenlernen, die ich auf diesem Psychotherapie-Blog offen anspreche, das Thema: Grenzverletzung in der Psychotherapie. Auf meinem YouTube-Vlog  findest du Selbsthilfe-Tipps bei Depressionen, Ängsten, Paarkonflikten & Co.

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