Was bei Panik hilft # 2
So übst du LBA in Ruhe ein
Dieser Beitrag bietet
Anregungen zur Selbsthilfe.
Er ersetzt keine Psychotherapie.
Kurzer Blick zurück
Hast du das erste Video gesehen, den ersten Text aufmerksam gelesen? Ist noch alles präsent? Sonst schaue dir beides nochmals an.
Erinnerst du dich also noch, …
ob es dir unangenehm oder peinlich war, als ich im Video so „schamlos“ geatmet habe?
was du dabei gedacht oder gefühlt hast?
dass das falsche Ausatmen an der Entstehung der Panik schuld ist?
dass das Atmen sozial reglementiert ist?
dass du selbst durch dein Atmen die Panik in jedem Moment neu produzierst?
dass du Panik und Erregung durch richtiges Atmen bewältigen kannst?
Jetzt üben wir. Mach mit!
Schaue dir dazu nochmal das Video Panik #2 auf meiner Website an und folge den Anweisungen Schritt für Schritt!
Die vollständige Reihe gegen Panik & Angst:
Überblick: Auswege bei Panik und Angst
Panik #5: Wie du die Lippenbremse bei starker Erregung,
Panik, körperlichen Funktionsstörungen und Sport einsetzt
Die Grundregeln der Lippenbremsen-Atmung
Seliges Vergessen
Was du bisher über „richtiges“ Atmen erfahren hast, schiebe getrost beiseite. Das ist nur Ballast und verwirrt dich. Es ist egal, wie du einatmest: ob in die Brust, in den Bauch, durch Mund, Nase (oder Poren - hihihi), tief oder flach, schnell, langsam, bewusst, automatisch: Atme stets so ein, wie es dir gut tut und wie dein Körper es verlangt.
Schmeiße alle Regeln über Bord wie: 4 Schritte einatmen, 8 Schritte ausatmen!, Nasenloch zuhalten!
Stattdessen gähne, wenn dir danach ist, zische, brodele, schnarche, pfeife …
Atme frei nach Schnauze ein.
Merke: Es ist egal, wie du einatmest!
Spannungsbögen
Aufgepasst! Jetzt kommt die aller-aller-wichtigste Regel:
Merke: Spanne die Lippen an und atme durch die leicht aufeinander gepressten Lippen aus!
Deine Lippen formen sozusagen Spannungsbögen. Du pustest dabei deinen Atem aus dir hinaus, und zwar so, als würdest du allzu heißen Kaffee oder einen Teller Suppe kühl blasen wollen!
Einatmen, ausatmen, einatmen …
Ausfluss
Du lässt den Ausatem-Strom aus dir herausfließen.
Keine Erpressung
Das machst du, ohne zu pressen. (Im 5. Video demonstriere ich die forcierte LBA, bei der du pressen sollst.)
Gute Reflexe
Nach dem Ausatmen wartest du, bis der Atemreflex kommt. Warte, bis „es“ von alleine atmet.
Pflicht und Kür
Das Einatmen ist die Kür, das Ausatmen die Pflicht.
Atemlos
Nach einiger Zeit können Atempausen auftreten. Das heißt, dass du ziemlich lange kein Bedürfnis hast einzuatmen – keine Angst, das ist normal. Das bedeutet, dass du genügend Luft bekommst. (Meistens atmen wir mehr, als wir brauchen.)
Dicker Bauch:
Die Bauchatmung kommt irgendwann von ganz alleine.
Strenge dich nicht an!
Merke: Atme vollständig aus, aber ohne zu pressen!
Varianten, Rhythmen und Probleme
Hippe Lippe
Kriegst du einen Lippenkrampf? Dann probiere verschiedene Varianten, wie du deine Lippen unter Spannung setzt: Eben hast du sozusagen eine Kerze ausgepustet oder Wellen auf der heißen Suppe produziert. Du kannst auch andere Laute mit den Lippen formen:
einen Sch-Laut, als wolltest du Schschsch… (Scheiße!) oder Schschschaschlik sagen,
einen Ch-Laut: Sage das Wörtchen Ich und bleibe einfach auf dem ch „hängen“.
einen F-Laut wie in einem nicht enden wollenden Uffffffffff…,
Mit etwas Übung schaffst du es, die Atemwege im Nasen-Rachen-Raum zu verengen. Das ist irgendetwas zwischen Röcheln und Gurgeln. Ich nenne das die Zahnarzt-Atmung, weil man dorten nun mal das Maul weit offen halten muss.
Merke: Finde heraus, welche Lippenstellung und welcher Laut bei dir am besten funktionieren!
Spannung
Ab und zu musst du die Lippen nachspannen! Sonst gerätst du in die Stöhn-, Keuch- oder Stress-Atmung. Das fühlt sich erleichternd an, wenn du das ein- oder dreieinhalbmal machst. Wenn du aber zu oft so ausatmest, stößt du zu viel Luft in zu kurzer Zeit aus: Der CO2-Spiegel sinkt, die O2-CO2-Balance gerät ins Straucheln, Erregung und Panik ziehen an!
Dasselbe gilt für die Schon-Atmung: Bei einem Panikanfall versuchen manche Leute, möglichst gaaaanz flach und vorsichtig zu atmen, um den Körper bloß nicht zu verärgern. Auch dabei atmet man zwar immer wenig, aber zu häufig und somit zu viel CO2 aus.
Die Folge ist: Panik kommt auf …
Merke: Halte die Spannung!
Entspannung
Mach mal Pause, wenn dir danach ist.
Entscheide selbst, wie lange du die Übung machen willst und kannst: 30 Minuten am Stück? Oder lieber scheibchenweise …?
Probleme ...
〰️
Probleme ... 〰️
Anfangs-Probleme
Gerade am Anfang erlebst du vielleicht durch diese Atmungs-Methode einen (leichten) Anstieg deiner Erregung.
Das könnte daran liegen, dass du zu sehr im Selbstbeobachtungs-Modus läufst, dass deine Atmung immer wieder in die Stöhn-, Keuch- oder Stress-Atmung abgleitet oder dass du einfach zu angespannt bist.
Das geht anderen zu Beginn der Übungen auch so.
Natürlich kannst du nicht einfach beschließen, dich nicht selbst zu beobachten oder nicht angespannt zu sein oder nicht mehr ins falsche Atmen abzurutschen. Mach dir keine Sorgen: Du darfst und kannst dich langsam an diese Atem-Methode gewöhnen, und damit dich das nicht zu sehr unter Druck setzt, mache öfters – s. o.! – Pausen.
Merke: Wenn’s mal schwierig wird, mache erstens Pause und zweitens weiter!
Rhythmus
Finde deinen eigenen Rhythmus: Du könntest z. B. 3x LBA, 2x normal, dann 7x LBA, dann 5x normal atmen, ganz wie du willst. Achte darauf, was dir gut tut, überfordere dich nicht. Bei manchen Leuten geht das von Anfang an problemlos, andere müssen sich langsam an dieses „merkwürdige Atmen“ herantasten.
Das muss überhaupt nicht nach irgendeiner Regel vonstattengehen. Wichtig ist nur, dass du immer wieder zur LBA zurückkehrst!
Merke: Tanze nach deiner eigenen Choreografie!
LBA geht immer!
Probiere LBA im Liegen, Stehen, beim Gehen, Laufen, Treppensteigen, Schwimmen, Sex, Sackhüpfen, Trampolinspringen. LBA geht fast immer und überall.
Mit etwas Übung kriegst du sie auch verdeckt hin, so dass niemand das merkt: die sogenannte Konferenzatmung.
Das ist eine ganz große Stärke dieser Methode. Du musst nicht erst deine Yogamatte ausrollen, andere um Ruhe bitten, dich gen Washington verneigen oder die Haare hochstecken.
Merke: Du kannst immer und überall!
Trotzdem gibt es mitunter auch beim Üben …
schonwiederprobleme
〰️
schonwiederprobleme 〰️
Übungsprobleme
Missempfindungen treten auf. Dir wird schwindlig. Es beginnt überall zu kribbeln. Muskeln verkrampfen sich. Du kriegst den Atemflow einfach nicht hin. Das Ausatmen war kurz, ist kurz, bleibt kurz. Es verlängert sich nicht von alleine.
Auch nach vielen LBA-Wiederholungen verbleiben nach dem Ausatmen gefühlt 25 Liter Luft in den Lungen.
Nix Panik weg, nix Atempausen, nix Bauchatmung von alleine.
Mach dir Luft!
Ich möchte dann anregen, dass du erstmal laut auf mich schimpfst, dass du fluchst (aber bitte kein Shitstorm im Netz!!).
Merke: (Sozialverträgliches!) Schimpfen und Fluchen helfen!
Dann mache dir klar: Das falsche Atmen hat sich wie ein Virusprogramm tief in deinen Organismus eingeschrieben. Dein Körper muss richtiges Atmen in kleinen Schritten lernen, er muss sich daran gewöhnen. Du bist erst ganz am Anfang. Deshalb …
… gehe zurück auf Los!
Gehe bitte meine Anregungen oben (Pausen, eigenen Rhythmus finden, Variationen, häufige und kurze Übungseinheiten usw.) nochmals durch. Mache dir klar: Du musst deine Atem-Software umprogrammieren. Das dauert. Also …
Merke: Übe! Übe! Übe!
Wenn du Raucher*in bist, probiere diese Atmung mit Hilfe einer Zigarette. Wenn du den Rauch ausbläst, atmest du wahrscheinlich schon ziemlich richtig aus.
Aber bitte beginne jetzt nicht deshalb mit dem Rauchen!! Vielleicht könntest du ja mit einer Holz-, Schein- oder Schokoladen-Zigarette arbeiten …?
Suche dir Begleitung!
Am besten ist es natürlich, wenn dich jemand unterstützt, der oder die mit dieser Atem-Methode Erfahrung hat, egal ob Therapeut, Freundin, Atem-Pädagoge, Heilpraktikerin, Ärztin.
Die Übergänge zwischen paniklösendem und -verstärkendem Atmen sind fließend, so dass ein geschulter Blick von außen oft hilfreich ist.
Merke: Gemeinsam ist nur halb so einsam!
Wenn alles nichts bringt:
Könnte vielleicht ein Umweg zum Ziel führen?
Natürlich kann es sein, dass die LBA bei dir nicht funktioniert. Sie ist sicherlich kein Allheilmittel. Zum Beispiel bin ich ziemlich sicher, dass man mit ihr keine Warzen wegkriegt.
Wenn dir also das – und auch das Schimpfen und Fluchen – nicht weiterhilft, hab‘ ein bisschen Geduld. Vielleicht ist deine Ausatmung sehr blockiert, der Brustkorb unbeweglich. Vielen Menschen ist dieses vernehmbare Atmen einfach unangenehm, weil sie – wie du im ersten Teil erfahren hast – das soziale Tabu so sehr verinnerlicht haben.
Es kann aber auch an einer Traumatisierung liegen, wenn du zunächst mit dieser Methode nicht weiterkommst:
Manche Menschen haben körperliche und sexuelle Gewalt erfahren.
Hörbares Atmen könnte dann zu einer Intrusion führen, einem Flash-back. Ein Keuchen könnte somit das Trauma-Erleben triggern.
Wenn das bei dir so ist, brauchst du vermutlich einen Umweg, indem du eine Trauma-Therapie beginnst. Meistens ist es mir mit diesen Personen gelungen, gemeinsam eine Form der LBA herauszuarbeiten, die trotzdem funktioniert.
Merke: Wenn hörbares Atmen bei dir ein altes Trauma aktualisiert, hole dir Hilfe!
Außerdem könnte dir das Folgende vielleicht helfen:
Winterschlussverkauf
Alles muss raus! Die Tütenatmung oder die Druck-Übung können dich darin unterstützen, alles rauszulassen, Luft abzulassen und dich nicht mehr so aufzublasen (Ich meine das jetzt im ganz wörtlichen Sinn!).
Diese Techniken werde ich im 5. Video bzw. Text demonstrieren.
Und sollte dich das auch nicht weiterbringen, stöbere doch in meinen Beiträgen über Retroflexion ein bisschen herum. Damit meine ich, dass du die Energien, die du gewohnheitsmäßig gegen dich selbst richtest, nach außen wendest – das nenne ich: den Spieß umdrehen.
Mehr dazu findest du hier auf meinem Blog unter Depressionen.
Merke: Alles muss raus!
Übrigens gäbe es da noch eine weitere Alternative, die ebenfalls auf der Tatsache beruht, dass die Panik durch ein Absinken des CO2-Spiegels verursacht wird, nämlich:
Mache, wenn du Panik hast einen …
100-m-Lauf
Wenn du einen Sprint hinlegst, gerät dein Körper nach einiger Zeit in die sogenannte Sauerstoff-Schuld. Das bedeutet, dass dein Sauerstoff-Pegel dann zu niedrig, der CO2-Gehalt im Blut aber zu hoch ist. Deshalb schnappst du am Ende deines Laufs ganz schön heftig nach Luft.
Bei einer Panikattacke ist das Verhältnis von O2 und CO2 genau entgegengesetzt. Wenn du also während eines Panikanfalles lossprintest, dich also richtig doll verausgabst, steigt der CO2-Spiegel an – und deine Panik löst sich „in Luft auf“.
Allerdings – und das muss ich zugeben – ist es mir meistens nicht gelungen, jemanden unter einer Panik dazu zu motivieren, einen 100-m-Lauf zu absolvieren … Ist ja klar: Man hat ja eher das Gefühl, gleich einen Herzinfarkt zu kriegen!
Aber manchmal habe ich doch den Einen oder die Andere dazu bewegen können, heftigst auf ein Kissen zu schlagen – das war dann zB die Mutter, auf die er oder sie eine Höllenwut hatte. Und siehe da: Die Panikattacke verschwand sofort!
Wenn du verzweifelt bist, könnte dir diese Alternative sofort helfen. (Du solltest aber vorher sicherheitshalber einen Kreislauf-Check bei deiner Ärztin gemacht haben!)
Merke: Panik kann sofort nachlassen, wenn du dich körperlich verausgabst.
Fazit
Guck dir nochmals das Panik #2-Video an! Gehe diesen Text mehrmals durch! Anschließend schreite zur nächsten Folge!
Merke: Auch wenn es vielleicht nicht sofort klappt: Mit dieser Methode wirst du deine Panik-Attacken sehr wahrscheinlich bewältigen können!
Ich wünsche dir viel Erfolg beim Üben!
Vgl. auch den Blog-Artikel von Tamara Niebler an: Panikattacke: Nachwirkungen – Symptome danach (Überblick)