Bibliotherapie – Lesen als Medizin
Bücher können Medizin sein. Sagt zumindest die Bibliotherapie, eine erlebniszentrierte, kreative-künstlerische Therapieform. Lesen ist wirklich förderlich für die seelische Gesundheit. Vorausgesetzt du hast einen Zugang zu Texten. Ob literarische Klassiker, Lyrik oder Groschenromane – ist völlig egal, Hauptsache die Lektüre passt zu deinem Typ. Dann könnte eine “Büchertherapie” bei Depressionen dir Inspiration, Motivation & Kraft geben oder die Selbstreflexion, Erholung etc. unterstützen.
Was ist eine Bibliotherapie?
Eine Bibliotherapie gilt als eine psychotherapeutische Behandlung, allerdings mit Hilfe von Büchern und der gedanklichen Aufarbeitung im Gespräch.
Ähnlich funktioniert die Poesietherapie. Allerdings liegt hier das Augenmerk mehr auf das eigene Verfassen von lyrischen Texten. In der Bibliotherapie geht es hingegen um Bücher und längere Texte, die vom Therapeuten & Therapeutinnen vorgegeben werden.
Ziel ist es, dass Patienten & Patientinnen sich eingehend mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen und so zu neuen Erkenntnissen, Inspirationen, Perspektiven etc. gelangen.
3 Formen der Bibliotherapie
rezeptive / preskriptive Bibliotherapie
adjuvantsymbolische / induktive Bibliotherapie
expressive / kreative Bibliotherapie
Wann hilft eine Bibliotherapie?
Ein solches therapeutisches Lesen und Schreiben ist eine Methode, die oft einfach dem persönlichen Wachstum und der Selbsterfahrung dient, ohne dass der Nutzer an tiegreifenden psychische Problemen leidet.
Die Bibliotherapie wird deshalb neben der Psychotherapie in den USA, England und Finnland auch in folgenden Einrichtungen genutzt
Kliniken
Schulen
Gefängnisse
Rehabilitationszentren
Beratungsstellen
Kinder- und Altersheimen
Dort helfen sie bei der Seelsorge, beim Stressabbau, bei der Sterbebegleitung oder einfach nur zur Weiterbildung.
Lindert Bibliotherapie eine Depression?
Eine kleine Studie von 2013 (3) belegt eine positive Wirkung. Daneben gibt es aber noch weitere Studien (4) in anderen Zusammenhängen (Rheuma, Asthma, Krebs, Trauma etc.), die ebenfalls von einer Stärkung des subjektiven Wohlbefindens berichten. Die Quelle betont außerdem:
“Die Evaluation der Methode zeigte deutlich, dass nicht wichtig ist, dass man schreibt, sondern was man schreibt, d.h., dass ein therapeutischer Begleitprozess erforderlich ist, um in der positiven Krankheitsverarbeitung mit dieser Methode erfolgreich zu sein.” (4)
Eine Publikation von 2020 des Instituts für Bibliotheks- und Informationswissenschaft (Humboldt-Universität, Berlin) fasst weitere vielversprechende Ergebnisse zusammen (5).
Wie läuft eine Bibliotherapie ab?
Als Integrative Bibliotherapie ist die Methode Bestandteil eines Behandlungskonzeptes, bei dem mehrere Ansätze miteinander kombiniert werden. Ansonsten gibt es kein genaues Ablaufschema der Therapieform.
Zum therapeutischen Lesen legt der Psychotherapeut dem Patienten ein Buch nahe, das der Betroffene selbst durchliest.
Anschließend besprechen Patient*in & Therapeut*in den Inhalt des Buches in den Sitzungen.
entweder als Einzelgespräch oder in einer Therapiegruppe
Die Bibliotherapie kann als Maßnahme zum persönlichen Wachstum auch ohne einen Therapeuten durchgeführt werden.
Literaturliste: Bibliotherapie
bei Depressionen & Ängsten
Andrew Salomon: Saturns Schatten: Die dunklen Welten der Depression
Matt Haig: Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben
Elisabeth Lukas: Vom Sinn des Augenblicks: Facetten erfüllten Lebens
Matthias Wengenroth: Das Leben annehmen – So hilft die Akzeptanz- und Commitmenttherapie
Mehr findest Du hier » Buch: Depressionen erleben
Kann Bibliotherapie heilen?
Definitiv nicht als alleiniges Mittel. Wer ernsthaft mit psychischen Leiden kämpft, wird sich damit genauso wenig selbst helfen können wie mit den zahlreichen 0815-Ratgebern, die den Buchmarkt schwemmen.
Allerdings wirkt alles, das dem persönlichen Wachstum und Erstarken dient, unterstützend gegen Depressionen, Ängste & Co. Daher sind Bücher wirklich eine wunderbare Unterstützung für alle, die gerne lesen und darin eine wertvolle Auszeit finden.
Quellen:
1) Deutschsprachige Gesellschaft für Poesie- und Bibliotherapie, kreatives Schreiben und Biographiearbeit
2) Martina Merten: Poesie- und Bibliotherapie: Nicht darauf vertrauen – nur hoffen (Dtsch. Ärzteblatt PP 1, Ausgabe Dezember 2002, Seite 558)
3) Dtsch. Ärzteblatt: Bibliotherapie lindert Depression
4) T. Vollmer und W. Wibmer: Bibliotherapie. In: Manual Psychoonkologie, Tumorzentrum München und W. Zuckschwerdt Verlag München 2002, S. 68-71.
5) Anett Grest: Bibliotherapie in Bibliotheken. In: Berliner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Heft 456. Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, 2020.