Buchtipp bei Angststörung: Menaris – ein Fantasy-Angst-Roman
Rezension zu „MENARIS – UNTERGANG EINE HELDEN“ von Jessica Oswald
„MENARIS“ ist ein Fantasy-Angst-Roman mit fesselnden Einblicken in die Komplexität der Psyche. Der Autorin gelingt es auf 222 Seiten, eine packende Geschichte zu erzählen, die Fantasie mit tiefgehenden Reflexionen über Wahrnehmung und Realität kombiniert.
Das Buch ist ab dem 12. Dezember 2024 überall im Handel (Taschenbuch und E-Book) erhältlich.
Über die Autorin
Jessica Oswald ist ein Pseudonym, über die Autorin ist kaum etwas bekannt. Sie wurde 1993 in München geboren und leidet im realen Leben ebenfalls an Angststörungen, inwieweit sie ihre persönlichen Erfahrungen in den Roman einfließen lässt, ist nicht ganz klar.
„Auf jeden Fall kann man auf eine gewisse Art auch frei sein, wenn man Angst hat. Wenn man nämlich weiß, dass jede Wahrheit nur eine Konstruktion ist. Das weiß fast keiner. Wahnsinnige wissen es. Zumindest die intelligenten.
Die Normalos streiten dauernd darüber, was wahr ist, ohne zu checken, dass entweder alles oder nichts wahr ist, zumindest für einen Menschen.“
Hintergrund
Das Buch schafft es, Realität und Fantasie fast unauflösbar miteinander zu verweben. Dadurch betritt die Story ein Feld voller hoch philosophischer Fragen.
Deutlich wird das durch das berühmte Gleichnis des chinesischen Philosophen Zhuangzi, in welchem die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit hinterfragt werden.
“Einst träumte Zhuang Zhou (d. i. Zhuangzi), daß er ein Schmetterling wurde, der beschwingt umherflatterte. Er hatte Freude an sich und folgte allen seinen Regungen.
Dabei wußte er nicht, daß er Zhuang Zhou war. Plötzlich wurde er wach; da war er Zhuang Zhou – ganz eindeutig nur dieser. Nun weiß man nicht, ob es Zhuang Zhou war, der geträumt hat, er sei ein Schmetterling geworden, oder ob es ein Schmetterling war, der geträumt hat, er sei Zhuang geworden.” (Quelle: Henrik Jäger)
Die Protagonistin Denise erkennt für sich, dass Wirklichkeit nichts anderes als eine Konstruktion ist – etwas, das nur dann als wahr gilt, wenn viele Menschen daran glauben.
„Okay, ich weiß, das ist Paranoia. Ich glaube es auch nicht immer. Nur manchmal. (…)
Die Tage, an denen ich all das nicht glaube, an denen ich weiß, dass ich eine armselige, nutzlose Geisteskranke bin, die sich grundlos in einer Wohnung versteckt und vor sich hinvegetiert – das sind die schlimmsten! Deswegen glaube ich lieber dran. Genau wie die mit ihrem Jesus.“
Dieser Gedanke schmeckt nach Freiheit – genauer gesagt, sie fühlt sich dadurch (in Teilen) frei, ihre Realität selbst zu wählen und zu gestalten. Denise möchte sich bewusst an den Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verlieren. Und damit ist sie nicht allein:
„Auf der anderen Seite dieses Baches soll es, so sagt man, eine andere Welt geben. (...)
Ich habe sie oft gesehen. In meinen Träumen. Ich spreche dort mit den Tieren, genau wie hier. Aber sie antworten nicht.
Das macht mich traurig.
Und dann denke ich, dass ich, Menaris, vielleicht gar nicht der Träumer bin. Sondern der Traum.“
Handlung
Die Geschichte dreht sich um Denise, die unter schweren Angststörungen und Depressionen leidet. Eine gute Portion Größenwahn, Psychose oder Borderline sind ebenfalls zu erkennen. Jedenfalls hat sie eine traumatische Kindheit und Jugend erlebt, die sie nur bruchstückhaft (verteilt über den ganzen Roman) erwähnt.
In einem verzweifelten Suizidversuch springt sie ins Löwengehege eines Zoos – wird allerdings vom Tierpfleger Nils gerettet. Das ist der Start für eine Fantasy-Geschichte, die es in sich hat. Denise verliebt sich in Nils, besser gesagt, sie ist besessen von ihm. Jedenfalls betritt sie die Welt eines Live-Rollenspiels, in der sie zur Kriegerin wird.
Was sich anfangs für Denise als Flucht oder Selbstfindung oder beides gleichzeitig darstellt, entpuppt sich im Laufe der Handlung als zweischneidig: Ihr Sprung in die Fantasiewelt hilft ihr zwar, zeitweise bzw. in einem bestimmten Kontext ihre Ängste zu überwinden, konfrontiert sie letztlich jedoch mit neuen Herausforderungen und Problemen.
Je mehr sie versucht, ihr “Schicksal” in die Hand zu nehmen und die Dinge nach ihren Wünschen zu lenken, desto mehr misslingen ihre Pläne. Letztlich ist die Geschichte von Denise so spannend wie auch tragisch.
„Was mich interessiert, ist diese Grenzüberschreitung (...) Ich will Wirkung. Das ist es. Ich will, dass meine Existenz nicht lautlos vorbeizieht wie eine Wolke. Ich will Narben hinterlassen.“
ÜBER DEN VERLAG
Monolith Film produziert und verleiht Independent-Filme. Eine Verfilmung von Menaris ist für das Jahr 2026 geplant. Im Buchtrailer zu Menaris spielen die Schauspieler, welche auch im Film die Hauptrollen übernehmen sollen: Sophia Schober und Saladin Dellers.
Fazit
„MENARIS – UNTERGANG EINE HELDEN“ von Jessica Oswald ist kein gewöhnlicher Fantasy-Roman oder Betroffenen-Bericht über Angststörungen; und letztlich bleibt die Frage offen, was von der ganzen Geschichte Wirklichkeit ist und was Fantasie.
Wichtig zu wissen: Das ist kein Philosophie-Buch, sondern ein Roman im umgangssprachlichen Stil, der am Rande das Thema Wirklichkeit berührt. Wer hier philosophische Ergüsse erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden. Wer sich jedoch für individuelle Wahrnehmung in der Krankheit interessiert, der oder die findet hier Erfahrungswerte und Denkanstöße.
In jedem Fall ist das Buch fesselnd und erfrischend anders geschrieben. Ich persönlich fand es spannend zu lesen, denn die Geschichte entwickelt eine atemraubende Dynamik. Aufgrund der Klappen-Info hatte ich mit einer Art Liebesgeschichte von einer angstkranken Frau gerechnet.
Umso begeisterter war ich, dass sich auf den ersten Seiten ein ganz anderer Plot entwickelte.
Weitere Literatur hier: Bücher über Ängste