Preis, Wert, Würde – Oder: Was kostet eigentlich ein Mensch?
Heute kennt man von allem den Preis, von nichts den Wert. Das bekannte kulturpessimistische Bonmot Oscar Wildes aus dem Drama Lady Windermeres Fächer, das 1892 uraufgeführt wurde, scheint sich heute, 120 Jahre später, in großer Deutlichkeit zu bewahrheiten.
Alle Lebensbereiche werden der ökonomischen Kontrolle unterworfen, auch die Bereiche, in denen Geld nicht die Hauptrolle spielt und der Markt nicht alles regeln sollte, weil das freie Spiel der Kräfte Ergebnisse hervorbringt, die dem Menschen nicht gerecht werden.
Kultur, Bildung, Gesundheit – in diesen Politikbereichen scheint in der Tat das Gefühl für Werte in dem Maße verloren gegangen zu sein, wie das Bewusstsein für Preise zunahm.
Die Preisfrage ist:
Was kostet der Mensch?
Sie lässt sich ganz unterschiedlich beantworten, je nach dem Bewertungsansatz, der zur Anwendung kommt. Gängige Verfahren (etwa die Analyse der Unfallverhütungskosten, die Berechnung von kompensatorischen Lohndifferenzialen, die Bewertung nach dem Humankapitalansatz oder auch Umfragen zur subjektiven Bewertung von Lebenszeit und zur Zahlungsbereitschaft für Sicherheitsmaßnahmen) führen zu mehr oder weniger konkreten Zahlen, zu Preisen für den „Wert eines statistischen Lebens“ (WSL).
4,5 Millionen Euro? – 7,4 Millionen Euro? – 5,3 Millionen Euro?
Die Preise für den WSL sind sowohl hinsichtlich des jeweils angewandten Verfahrens als auch in Bezug auf die Untersuchungsregion und die sozialen Merkmale der zugrundeliegenden konkreten Menschenleben höchst unterschiedlich. Hannes Spengler nennt in seiner Studie Kompensatorische Lohndifferentiale und der Wert eines statistischen Lebens in Deutschland (2004) einen WSL-Mittelwert von 4,5 Millionen Euro für Deutschland und für die USA von 7 Millionen Euro.
Zugleich berechnet Spengler selbst einen Mittelwert von 1,65 Millionen Euro für einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und weist auf einen Unterschied bezüglich des Geschlechts hin:
Bei einem Mann beträgt der WSL 1,72 Millionen Euro, für eine Frau von 1,43 Millionen Euro – sowohl die Einkommensdifferenzen als auch die höhere Risikoaversion weiblicher Arbeitnehmer wirkt sich hier auf den je unterschiedlichen WSL aus.
Auch die Hautfarbe kann zu Unterschieden führen, wie eine US-Studie mit dem Titel Racial Differences in Labor Market. Values of a Statistical Life (2003) offenbart, die das Leben eines weißen Arbeitnehmers doppelt so hoch bewertet wie das eines schwarzen Arbeitnehmers.
Noch größere Differenzen zeigen sich in Umfragen, die auf die Zahlungsbereitschaft von Menschen abheben, tödliche Risiken von der Gemeinschaft abzuwenden, von denen sie nur mit einer bestimmten, sehr geringen Wahrscheinlichkeit selbst betroffen wären, oder die ganz konkret danach fragen, wie viel einem Menschen die Aufopferung eines Lebensjahres wert wäre bzw. umgekehrt, wie viel Lebenszeit sie für 1 Million Euro hergeben würden.
Andrea M. Leiter, Magdalena Thöni und Hannes Winner analysieren in Der „Wert“ des Menschen. Eine ökonomische Betrachtung (2010) fünf verschiedene WSL-Studien aus dem Zeitraum von 1986 bis 2007 und ermitteln so Werte zwischen 1,7 und 7,4 Millionen Euro; sie selbst kommen auf der Basis von Schmerzensgeldzahlungen auf durchschnittlich 1,7 Millionen Euro, bei einem Minimum von 0,6 und einem Maximum von 5,3 Millionen Euro. Sie summieren dabei die zugesprochenen Entschädigungen für den Verlust von Gliedmaßen und Organen auf, bis hin zu einem funktionsfähigen Körper.
Noch einen Schritt weiter in Richtung einer rein materialistischen Bewertung geht eine Analyse der Einzelpreise menschlicher Körpersubstanzen auf der molekularen Ebene.
Der Biochemiker Harold J. Morowitz berechnet für den durchschnittlichen Menschen von 75 Kilo und knapp 25 Kilo Trockenmasse einschließlich wertvoller Enzyme und Peptide einen Katalogpreis von 6 Millionen Dollar (etwa 5,3 Millionen Euro).
Über all diesen Verfahren, so unterschiedlich sie sein mögen, steht eine Grundsatzfrage:
Darf man das – den Menschen bewerten?
Ist der Mensch in diesem, im ökonomischen Sinne, überhaupt bewertbar?
Der Mensch hat doch Würde – und soll nun einen Preis bekommen. Wie passt das zusammen?
Die Frage der Bewertbarkeit von Menschenleben ist eine ethische und eine (grund)rechtliche. Sie soll nachfolgend erörtert werden.
Ethische Aspekte
„Was ist der Mensch, dass Du Dich seiner annimmst?“ (Psalm 8,5)
Die Frage richtet sich an Gott. Ihre Antwort findet sie in der Absolutheit der Würde, die dem Menschen eignet. Dies ist keineswegs nur religiös begründbar, sondern auch mit weltlicher Philosophie.
Moraltheologische Betrachtung
Judentum und Islam
Im Judentum und im Islam, die man für diese Frage zusammen behandeln kann, ist der schier unendliche Wert des Menschen ein unhintergehbares Postulat der religiösen Anthropologie. Im Talmud (Sanhedrin, 37a) finden wir: „Nur für diesen Zweck wurde der Mensch erschaffen: Zu lehren, wer eine einzige Seele zerstört, zerstört die ganze Welt. Und wer eine einzige Seele rettet, rettet die ganze Welt.“ Und im Koran (5:32) steht: „Wer einen Menschen tötet, für den soll es sein, als habe er die ganze Menschheit getötet.
Und wer einen Menschen rettet, für den soll es sein, als habe er die ganze Welt gerettet.“ Ein Menschenleben entspricht hier der Menschheit, der Welt, dem Ganzen. Auch hier wird ein Vergleich angestellt, der den Wert eines Menschen bestimmt, doch ist dieser nicht in Geldeinheiten auszudrücken, sondern unermesslich hoch.
Christentum
Die christliche Philosophie geht einen etwas anderen Weg, kommt aber zu einem ähnlichen Ergebnis. Sie verleiht dem Menschen – und das war völlig neu, als dieser Gedanke im Zuge der Ethik Jesu auftrat – eine unveräußerliche dignitas humana, die sich direkt aus der Geschöpflichkeit und Gottebenbildlichkeit des Menschen ergibt und in der Menschwerdung Gottes eine besondere Pointe erfährt.
Als Abbild des personalen Gottes ist dem Menschen personale Würde verliehen. In Christus bekräftigt Gott diese Würde des Menschen durch die größtmögliche Zuwendung des Schöpfers zum Geschöpf.
Gottebenbildlichkeit ist also keine Eigenschaft des Menschen, sondern seine Essenz. Sie besteht nicht in etwas, das der Mensch ist, sondern sie besteht, indem der Mensch ist. Damit ist die Würde des Menschen unveräußerlich, nicht von ihm zu trennen, weil die Gottebenbildlichkeit nicht von ihm zu trennen ist. Zugleich ist seine Würde eine dignitas aliena (Luther), eine „fremde Würde“, denn sie kommt von Gott. Auch das macht sie und damit den Menschen unermesslich.
Das Verhältnis von Freiheit und Abhängigkeit bei der Bestimmung des Wesens der Menschenwürde als Gottesgeschenk zeigt sich im berühmten Gleichnis vom verlorenen Sohn bzw. Gleichnis vom barmherzigen Vater.
Der Sohn hat in Verkennung der Abhängigkeit vom Vater die Freiheit seiner Sohnschaft nur im negativen Modus gelebt. Er kann schließlich seine Beziehung zum Vater nicht mehr auf seine eigene Sohnes-Würde bauen, denn diese hat er verloren. So bekennt er: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn heiße“ (Lukas 15,21).
Er muss hoffen, dass der Vater seinerseits die Beziehung neu aufbaut. Dies tut der Vater, in dem er von sich, von seiner Würde, von seinem Besitz gibt. So antwortet der Vater auf das Bekenntnis des Sohnes: „Holt schnell das beste Gewand, und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand, und zieht ihm Schuhe an“ (Lukas 15,22).
Gewand, Ring und Schuhe sind Besitztümer des Vaters, auf die der Sohn eigentlich keinen Anspruch hat; er empfängt sie aus Gnade. Der evangelische Theologe Helmut Thielicke (Theologische Ethik, Tübingen 1972, S. 294) fasst dies eindrücklich zusammen: „Die Ebenbildlichkeit des verlorenen Sohnes beruht nicht auf der Eigenschaft des Sohnes, Sohn geblieben zu sein, sondern auf der des Vaters, Vater geblieben zu sein.“
Es ist klar, dass hier eine Würde angesprochen ist, die nicht nur unermesslichen Wert hat – jenseits jeden vorstellbaren Preises –, sondern die auch außerhalb unserer Verfügungsgewalt liegt, die nicht von uns (den „Söhnen“) bemessen werden kann, da sie letztlich im Gnadenerweis des „Vaters“ ihre Bewertung erfährt – und zwar mit dem Zahlwert der göttlichen Barmherzigkeit: unendlich.
Moralphilosophische Betrachtung
Auch in säkularen Konzepten der Menschenwürde geht es um das Verhältnis von Mensch und Menschheit. Doch gehen säkulare Konzepte der Menschenwürde im Ausgang von Immanuel Kant weg von der hetero- bzw. theonomen Begründung hin zur Autonomie und Selbstbestimmung des Individuums, das nicht die Gebote Gottes oder der Natur nachvollzieht, sondern sich selbst Gesetze gibt, die seine Identität und Integrität anerkennen und stärken sollen.
Damit erheben sie – wenn sie es denn ernst meinen mit der Würde – ebenso wie die religiösen Konzepte einen Anspruch auf Absolutheit und Unveräußerlichkeit, auf vorrechtliche Moralität, auf überpositive Verbindlichkeit der Würde, die den Staat und die Gemeinschaft bei allem, was sonst noch geregelt werden muss, unbedingt verpflichtet.
Wie es etwa das deutsche Grundgesetz ausdrückt, in Artikel 1 Absatz 1 Satz 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Und nur so verstanden kann die Würde im Rahmen der Rechtsordnung überhaupt einen Platz einnehmen, der sie als eigenständiges Konzept rechtfertigt, nur dann also, wenn sie den Menschen heraushebt aus den Verzweckungsmechanismen unserer Gesellschaft, seien sie politisch oder wirtschaftlich bedingt, nur dann, wenn der Begriff – religiös oder säkular begründet – über die Regelungsebene hinausweist und auf eine Ebene der Unverfügbarkeit deutet, die dem Menschen gerecht wird – als Wesen mit der Fähigkeit zur Selbsttranszendierung, auf eine Transzendenzentität, also auf Gott hin orientiert, oder auf eine Transzendentalsubjektivität hin, also auf ein im Menschen selbst gründendes Numinoses, wie es Kant denkt.
Also: Entweder die Würde ist absolut und unbedingt oder es lohnt sich nicht, den Begriff zu verwenden.
Kant schließt in seiner Grundlegung zur Metaphysik der Sitten jede Objektivierung des Subjekts, jede Instrumentalisierung des Menschen aus, dessen elementare Rechte nicht verrechnet werden dürfen, auch nicht, um damit dem „guten Zweck“ zu dienen, einen größtmöglichen Gesamtnutzen zu identifizieren.
Ein solches Vorgehen ist für Kant unmoralisch. Die einschlägige Form seines Kategorischen Imperativ lautet:
„Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst“ (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Akademie-Ausgabe, Bd. IV, Berlin 1978, S. 429).
Der Mensch ist Zweck an sich selbst, er ist Selbstzweck. Das heißt umgekehrt jedoch, dass überall dort, wo der Mensch als Mittel zu einem vermeintlich höheren Zweck dient, seine Würde verletzt wird. Dieser Gedanke ist in das deutsche Verfassungsrecht eingegangen, in die so genannte „Objektformel“ Günter Dürigs, nach der die Würde des Menschen verletzt ist, „wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird“ (Kommentar zu Art. 1 Abs. 1 GG, in: Maunz, T. / Dürig, G.: Grundgesetz. Kommentar, München 1958, Rn. 28).
Kant spricht hier ebenfalls – wie das Judentum und der Islam – von der „Menschheit“, die im Menschen anzuerkennen sei. Er meint damit aber nicht die Summe aller empirischen Menschen, sondern das, was den einzelnen Menschen zum Menschen macht.
Doch im Ergebnis misst auch Kant damit dem einzelnen Menschen als Vertreter der Menschheit aufgrund seiner „Menschheit“ einen unermesslichen Wert bei, der sich nicht in Geldeinheiten ausdrücken lässt.
An andere Stelle wird er dazu deutlicher:
„Im Reiche der Zwecke hat alles entweder einen Preis, oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.
Was sich auf die allgemeinen menschlichen Neigungen und Bedürfnisse bezieht, hat einen Marktpreis; das, was, auch ohne ein Bedürfnis vorauszusetzen, einem gewissen Geschmacke, d. i. einem Wohlgefallen am bloßen zwecklosen Spiel unserer Gemütskräfte, gemäß ist, einen Affektionspreis;
das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern einen innern Wert, d. i. Würde.“ (a.a.O., S. 68; eigene Hervorhebung).
Das bedeutet: Die interpersonelle Verrechnung menschlichen Lebens ist nach Kant mit der Menschenwürde nicht vereinbar. Denn: Was eine Würde hat, kann nicht zugleich einen Preis haben und sich damit vergleichbar und verrechenbar machen.
Und genau das ist der Mensch:
Ein Wesen mit innerem Wert, ein Wesen, das fähig ist, Zwecke zu setzen und sich selbst zum Zweck zu erheben, das an sich selbst Zweck ist.
Die Frage ist, ob sich die Monetarisierung des Menschen, etwa im Rahmen von Schadensbewertungen und -analysen, mit dem Konzept der „Menschenwürde“ verträgt.
Kant würde dies verneinen, nicht nur wegen der offenkundigen Differenz von Würde und Preis, sondern auch wegen der im Menschen anzuerkennenden „Menschheit“.
Judentum und Islam verneinen diese Frage ebenso, weil sie Mensch und Menschheit letztlich gleichsetzen. Das Christentum muss die Frage verneinen, weil es dem Menschen nicht zusteht, sich selbst zu bewerten.
Seine Offenheit für Gott macht den Menschen prinzipiell unendlich wertvoll. Würde gilt also absolut, Achtung und der Schutz der Würde gilt ohne Limit. Soweit die Sichtweise religiöser und säkularer Moral.
Rechtliche Aspekte
Zu einer anderen Sichtweise gelangt man in der rechtsphilosophischen Betrachtung des Grundrechts auf Leben und des damit verbundenen Anspruchs auf Lebensschutz. Es zeigt sich dabei, dass Rechte unter den Bedingungen eines real existierenden Gemeinwesens immer nur relativ gelten können.
Dem Grundrecht auf Leben (in Deutschland: Artikel 2, Absatz 2 Grundgesetz) und dem damit verbundenen Anspruch auf Schutz steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen, der wiederum vom Über- und Untermaßverbot bestimmt wird und im Falle von Maßnahmen des Katastrophenschutzes der Pflicht des Staates nach oben und nach unten Grenzen setzt, sodass im Ergebnis selbst das elementarste aller Menschenrechte, das Recht auf Leben, nicht bedingungslos geschützt werden muss.
Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in Deutschland Verfassungsrecht (Artikel 1, Absatz 3 Grundgesetz; analog etwa in der Schweiz: Artikel 5, Absatz 2 Bundesverfassung).
Er gilt freilich, vor allem im Sinne des Übermaßverbots, mit dem staatlichen Eingriffen in das Leben der Bürger Grenzen gesetzt werden.
Doch umgekehrt wirkt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Untermaßverbot dort, wo der Staat gerade zu solchen Eingriffen verpflichtet ist. So sollen gleichermaßen Freiheit und Sicherheit gewährleistet werden.
Schlussbetrachtung
Wir erkennen einen Widerspruch zwischen Moral und Recht, eine Differenz, die Kant bereits markiert hat, indem er Moralität und Legalität unterschied.
Was erlaubt ist, ist noch längst nicht gut.
Was gut ist, kann noch längst nicht beansprucht werden.
Wunsch und Wirklichkeit, das Ideal der Würde und die Realität des Preises prallen aufeinander. Wie kann damit umgegangen werden?
Es ist unerlässlich, die Begriffe ernst zu nehmen: das statistische Leben, das empirische Leben, das Leben an sich.
Wir müssen unterscheiden zwischen dem „Menschen“ als statistische Größe, mit der kalkuliert wird, dem Menschen vor Ort, um den es konkret geht, und dem Menschen an sich.
Kant behandelt konzeptionell nur die beiden letzten, den homo phaenomenon und den homo noumenon. Gerechnet wird aber mit einem „homo statisticon“. Alle, die mit Bewertungsfragen zu tun haben, sollten dies wissen und es entsprechend kommunizieren.
Es geht eben nicht darum, der Würde des Menschen Grenzen aufzuerlegen, nur weil eben damit gerechnet werden muss, im Zweifelsfall das Leben des Menschen nicht grenzenlos schützen zu können.
Daraus, dass dies eben zugegeben wird, ist auch nach der „Objektformel“ kein Verstoß gegen die Menschenwürde abzuleiten, denn es wird nicht der konkrete Mensch bewertet (und damit „zur vertretbaren Größe herabgewürdigt“), sondern der „Wert eines statistischen Lebens“ ermittelt.
Das ist, nach all dem, was wir betrachtet haben, ein Unterschied.
Methoden der Bewertung müssen dabei so ausgelegt sein, dass sie konkret existierende Menschen nicht hinsichtlich ihres transzendentalen Menschseins, ihrer Würde als Menschen verletzen.
Das ist die unhintergehbare Bedingung aus ethischer Sicht. Sie muss sich im Rechtsrahmen entsprechend niederschlagen.
Am Ende noch mal eine ganz eigene Bewertung des Menschen. Der Wiener Kabarettisten Georg Franz Kreisler ließ sich in den 1950er Jahren vom Institut für Gerichtsmedizin in Wien errechnen, wie hoch der Materialwert eines Menschen sei. Das Institut kam damals auf eine Summe von 40 Schilling, schloss aber seine Antwort mit folgender Bemerkung, dass in den Zahlenangaben die Herstellungskosten des Menschen nicht enthalten seien.