Teil 2: Wahrheit in der Psychotherapie

Martin Buber

„Was weiß man also vom Du? –
Nur alles. Denn man weiß von ihm nichts Einzelnes mehr.“

M. Buber 1962, S. 15
(Bild mit Canva-KI generiert)

 

Abriss des Dialektischen Konstruktivismus

 

Hier findest du den 1. Teil dieses Artikels:

 

Der zweite Teil dieses Artikels

… greift auszugsweise zurück auf meine Arbeit Erkenntnistheoretische Fundierung der Gestalttherapie, 1999. In: Fuhr, R., Sreckovic, M. & Gremmler-Fuhr, M. (Hg.): Handbuch der Gestalttherapie. Göttingen (Hogrefe).

 

Einführung

Erkennen ist das Werkzeug der Psychotherapeutin

Als Psychotherapeutinnen erkennen wir immerzu,

  • indem wir Diagnosen erstellen, indem wir den nächsten Behandlungsschritt planen, indem wir den Therapie-Prozess evaluieren.

  • Wir erkennen Ursachen, Zusammenhänge und Folgen, Übertragungen (und möglichst auch Gegenübertragungen!), Abwehrmechanismen, Körperpanzer, Kontaktunterbrechungen, Inkongruenzen, emotionale Blockaden, unbewusste Konflikte, Sinn, Wege, Ziele ...

  • Sobald der Klient zum Erstgespräch den Raum betritt, erkennen wir, dass er Psychotherapie benötigt oder jedenfalls benötigen würde, wenn er sie nur annehmen könnte.

  • Und lange Zeit vorher haben wir erkannt, dass Psychotherapie eine Lösung ist und nicht etwa das Problem.

  • Auch haben wir schon früh erkannt, welche Therapie-Richtung die beste Lösung ist.

  • Natürlich gibt es für alle diese Erkenntnisse gute Argumente. Aber auch Argumente müssen für genau diese Erkenntnis als Argumente erkannt werden.

 

Was aber ist Erkenntnis?

Wie kommt sie zustande? Wodurch wird sie gültig oder wichtig oder wahr oder verantwortbar? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die philosophische Disziplin der Erkenntnistheorie.

In der Mainstream-Psychotherapie jedoch gibt es keine Erkenntnistheorie!

Es gibt gerade noch Wissenschaftstheorie, die aber erstens an die akademischen Institute verwiesen worden ist und die zweitens jeden Bezug zur philosophischen Basis verloren hat. Dazu Jürgen Habermas:

 

Jürgen Habermas:

Wo ... ein Begriff des Erkennens, der die geltende Wissenschaft transzendiert, überhaupt fehlt, resigniert Erkenntniskritik zur Wissenschaftstheorie; diese beschränkt sich auf die pseudonormative Regelung der etablierten Forschung. […]
Eine solche Wissenschaftstheorie ist nur noch eine [...] vom philosophischen Gedanken verlassene Methodologie ... .

J. Habermas, 1988, S. 12 f. (Bild mit Canva-KI generiert)

 

Patientinnen weisen uns den Weg zur Erkenntnistheorie

Die Ablehnung findet sich oft unter der Oberfläche.

Ich vermute, dass die meisten Patienten sich nach Empfang entgegnender Botschaften unbehaglich, vielleicht abgewertet fühlen. Ich gehe davon aus, dass die meisten Kolleginnen meistens das, was sie sagen, wohlwollend und unterstützend meinen.

Und weiterhin glaube ich, dass es gerade wegen dieser akzeptierenden Beziehungsoberfläche äußerst schwierig ist, diese grundlegendere Ablehnung zu fassen zu kriegen, weshalb sie in der Regel nicht aufgearbeitet wird, sondern eher zu „Widerstand“, Misserfolg oder Abbruch führt.

 

Borderliner weisen uns die Grenzen der Erkenntnis auf.

Es scheint übrigens zumindest eine Gruppe von Patientinnen zu geben, die uns mit diesen Grundhaltungen und den daraus resultierenden Widersprüchen konfrontiert und scheitern lässt: die sogenannten Borderliner.

Anders als in einem Großteil der Fachliteratur dargestellt, nehme ich bei diesen Menschen weniger deren Beziehungsunfähigkeiten, Spaltungstendenzen und Schwarz-weiß-Malereien wahr als vielmehr eine verstörende Sensibilität für implizite und widersprüchliche Botschaften, auf welche sie uns gnadenlos zurückwerfen.

Unsere selbst-verständlichen und fraglosen, i. e. pragmatischen und positivistischen Erkenntnistheorien (und Ethiken und Anthropologien und Krankheitsmodelle ...) funktionieren da nicht mehr!

Und so halte ich es für nicht verwunderlich, dass uns diese Patientinnen als erste zu einer erkenntnistheoretischen Diskussion gezwungen haben, in deren Gefolge eine dialektische Grundlegung aufzutauchen scheint (vgl. Marsha Linehan’s Dialektisch Behaviorale Therapie; 1996). 

In anderen Wissenschaften entstehen ebenfalls Ansätze der dialektischen Unschärfe oder auch Fehlerfreundlichkeit“, z. B. in der Philosophie (vgl. dazu Walther Zimmerli 1989), in der Informationstechnologie (fuzzy-Logik) und in der Technik (Einsatz von absturzorientierten Computer-Programmen in Maschinen; vgl. „der Spiegel“ 16/ 2004, S. 148).

Auch mein eigener Standpunkt ist ein dialektischer, den ich im Folgenden kurz darstellen möchte.

 

Martin Buber

„Jede lebendige Situation hat ... ein neues Gesicht, nie dagewesen, nie wiederkehrend. Sie verlangt eine Äußerung von dir, die nicht schon bereitliegen kann. Sie verlangt nichts was gewesen ist. Sie verlangt Gegenwart, Verantwortung, dich.“

M. Buber 1962 a, S. 827 f. (Bild mit Canva-KI generiert)

 

1. Die Extension des Erkenntnisbegriffs

Das Materialobjekt

Die Extension (Ausdehnungsbereich) meines Erkennensbegriffes, das sogenannte Materialobjekt, ist sehr weit konzipiert:

Definition: Erkenntnis umfasst sinnliche Wahrnehmung, Verstehen, Wiedererkennen, Aha-Erleben, jemanden oder etwas als etwas Erkennen (Heideggers Als-Struktur des Erkennens; 1986, S. 148 f.), Benennen, Bedeuten, unbewusstes, unterschwelliges Erkennen, Intuition, spirituelles Erfassen, Kognition im Sinne der Selbstorganisationstheorien (z.B. Maturana 1990), auch Erkennen auf dissipativer, organeller, zellulärer oder organismischer Ebene (Offe & Schurian 1981, 82).

Ebenen: Erkennen findet auf unterschiedlichen Ebenen statt, bspw. Erkennen, das Erkennen erkennen, Erkenntnistheorien-Bilden (usw.). All diese Vorgänge können als Erkennen bezeichnet werden.

Letzten Endes können wir mit Maturana und Varela auch Erkennen und Handeln gleichsetzen und sagen:

Leben ist Erkennen. (1987, S. 191).

Also ist ALLES Erkennen??

Vielleicht fragt nun jemand, was denn damit gewonnen sei, wenn sowieso alles Erkennen ist. Meine Antwortet lautet: Wenn wir Erkenntnistheorie betreiben, beleuchten wir alles menschliche Geschehen aus der erkenntnistheoretischen Perspektive. Also können wir auch den (gestalttherapeutischen) Kontakt als ein Erkennen definieren und beobachten, wie dieser sich "verhält", wenn wir an ihn jenes Prinzip anlegen.

Das Formalobjekt

Das Formalobjekt, also das, worauf die Erkenntnistheorie Rücksicht zu nehmen hat, liegt zum einen in der Frage,

... wie sich Erkenntnis verantworten läßt ... und wie sie ... dazu beiträgt, daß sich der Mensch verantworten kann ...
(Keller 1982, S. 48).

Im Formalobjekt ist demnach ein inhärenter Bezug zur Ethik gegeben.

 

 2. Der „Ort“ des Erkennens

Wenn wir nun gemeinsam auf die Suche nach dem Erkennen gehen, tun wir dies nicht unvoreingenommen und nicht, ohne bereits viele Entscheidungen getroffen zu haben. Eine sehr wichtige Vor-Entscheidung ist der Ort, an dem wir uns auf die Suche begeben:
Auch wenn ich im Folgenden vorgeben werde, Begründungen zu haben, hat mein persönlicher Geschmack die Entscheidung längst getroffen: Ich suche nicht "im" Subjekt, nicht "in" der objektiven Welt, sondern in einem Bereich, den man mit Rumpler das Zwischen als …

… untrennbare Verbindung ... von Wahrnehmendem und Wahrgenommenem … (Rumpler, 1996, S. 94) nennen könnte.
Otto Mehrgardt bezeichnet mit gleicher Intention Erkennen als Zwiegespräch zwischen Subjekt und Objekt" (1995, S. 35).

 

3. Die Inhalte einer Erkenntnistheorie der psychotherapeutischen Situation

Erkenntnistheorie für mehrere erkennende Personen

Über traditionelle Erkenntnistheorien hinausgehend, muss eine psychotherapeutische Erkenntnistheorie ein Mehr-Personen-Stück sein. Es reicht die Beantwortung der Frage, wie Erkennen stattfindet, nicht aus; es muss darüber hinaus ein Modell entworfen werden, welches das Ineinandergreifen mehrerer Erkenntniswelten, zumindest derer von Therapeutin und Patient, thematisiert.

Wie kommt Wahrheit in die Therapie?

Damit eng verbunden, steht die Frage, auf welche Weise und durch wen einer Erkenntnis Wahrheit zugesprochen, eine Diagnose, eine Intervention als gültig und relevant anerkannt wird.
Die Hauptfrage lautet also:

Wie entsteht und worauf beruft sich Wahrheit in der Psychotherapie?

Sich diesen Fragen sehr ernsthaft zu stellen, ist deshalb von Bedeutung, weil

  1. die therapeutische Beziehung prinzipiell unausgewogen und weil sie

  2. nach außen abgeschlossen ist.

Damit ist der psychotherapeutischen Situation als solcher die Möglichkeit des Machtmissbrauchs inhärent!
Erkenntnistheorie und Ethik sehr persönlich zu betreiben, sehe ich als Gegengewicht gegen diese nicht eliminierbare Gefahr an.

 

4. Realität, Wirklichkeit und Wahrheit

Der Dualismus von Schein und Sein

Mit Parmenides von Elea (um 500 vor Christus) war der Zweifel geboren, eine Zwei-Teilung der Welt in eine erscheinende, phänomenale und eine wahre, jenseits der Phänomene liegende. Man kann jedes Bemühen der abendländischen Philosophie interpretieren als den Versuch, das Verhältnis dieser beiden Welten zueinander logisch, hermeneutisch oder dogmatisch zu klären.

Descartes, den wir für die folgenschwere Spaltung zwischen Leib (res extensa) und Seele (res cogitans) verantwortlich zu machen pflegen, ist nur die Folge dieses ursprünglichen Zweifels.

Immanuel Kant ist schließlich derjenige, der uns am konsequentesten vor Augen geführt hat, dass wir diese Kluft niemals wirklich überwinden können;

Denn wir können laut Kant unsere Anschauung von einem Objekt immer nur vergleichen mit unserer Anschauung des Objekts.

Jeder Versuch, dieses Dilemma zu lösen, scheitert. Neben vielen Ansätzen, die diese Spaltung zwar konstatieren, dann aber klammheimlich einen gelungenen Brückenschlag behaupten, gibt es manche Versuche, diesen Dualismus einfach zu leugnen oder als nicht von Interesse auszublenden.
Ich denke z.B. an Pragmatiker und Positivisten auf der einen Seite und an manche phänomenologischen und radikal-konstruktivistischen Entwürfe auf der anderen Seite. Diese Ansätze mögen durchaus fruchtbar sein; die außer Acht gelassene Spaltung jedoch schimmert immer wieder durch und führt zu unlösbaren Widersprüchen.

Wirklichkeit und Realität

Es gibt wohl keinen anderen Weg, als dass wir uns mit dieser Spaltung beschäftigen. Ich möchte diese beiden "Welten" begrifflich folgendermaßen fassen:

Die phänomenale, dem Individuum erscheinende Welt nenne ich mit Stadler und Kruse (1986, S. 78) Wirklichkeit, die nicht direkt zugängliche, transphänomenale Welt bezeichne ich als Realität. Ich verwende im Folgenden die Abkürzungen W und R.

Wahrheit ist, so könnte man sagen, die Zuordnungsvorschrift von R und W, die die jeweilige Erkenntnistheorie propagiert.

Kategoriale Einordnung von Erkenntnistheorien

Man kann die folgenden Typen von Erkenntnis-/ Wahrheitstheorien unterscheiden (vgl. auch Portele 1989, S. 44; Stadler / Kruse 1991, S. 134 ff.):

(a) naiv-realistische Ansätze (W = R): Gemäß dieser Anschauung spiegelt sich R im Gehirn wider bzw wird von diesem realitätsgetreu abgebildet. Wahr ist, was ich wahrnehme. (z.B. Naturphilosophen, Positivisten);

(b) kritisch-realistische Ansätze (W = f(R)): Die Vorgänge der R stimmen mit denen des Gehirns (W) in ihrer Gestalthaftigkeit oder wegen ihrer Passung überein (z.B. Isomorphiethese der Gestalttheorie, Brentanos Phänomenologie, evolutionäre Erkenntnistheorie);

(c) idealistische Ansätze (W = f(W)): Wahr ist, was ich wahr mache. Die Welt ist das Ergebnis der Konstruktionen des Gehirns (z.B. Sophisten, Radikale Konstruktivisten, Phänomenologie des späten Husserl);

(d) dialektische Ansätze (W = f(W,R) und R = f(W,R): Wahr ist, was vergänglich ist. (z.B. mein eigener Ansatz (s.u.), mit Einschränkungen auch: Nietzsche, Hegel, Friedlaender, Buddhismus, Schmitz' Phänomenologie).

Erkennen auf Augenhöhe

Die meisten traditionellen Wahrheitsbegriffe sind letztlich dogmatischer Natur, weil sie einen letzten Beurteiler erfordern, der eine absolute Entscheidung treffen zu können behauptet.

Für die Therapiesituation ist aber ein Wahrheitsverständnis vonnöten, mit welchem verschiedenen, ja gegensätzlichen Wahrheiten Gleichberechtigung zugesprochen wird. Dies kann ein dialektisches Herangehen, wie ich zeigen werde, leisten.

Vorläufer und – in entsprechender Abwandlung – Konstituenten des Dialektischen Konstruktivismus sind Phänomenologie, (Radikaler, Sozialer) Konstruktivismus und Kritischer Realismus. Deren wesentliche Thesen werden im Folgenden geschildert, um dann in die Hauptbestimmungsstücke des Dialektischen Konstruktivismus – Dialektik und Transzendenz – Eingang zu finden:

 

 5. Phänomenologie

Edmund Husserl

Die Phänomenologie Husserls

… ist eine Methode, durch (phänomenologische, eidetische, transzendentale) Reduktionen zu den Sachen selbst zu gelangen.

(vgl. Held 1985) - Bild mit Canva-KI generiert

Das Objekt soll so von allem Zufälligen, Unwesentlichen, Varianten, Theoretischen befreit werden, um so eine originäre Evidenz zu erhalten.
Husserl setzt eine intentionale Beziehung des Erlebens (W) zum Objekt (R) voraus und befindet sich - wie er behauptet - in einem Bereich des Zwischen: Denn das Subjektive trägt nach Husserl den Gegenstandsbezug in sich selbst.

Damit wäre das Erkenntnisproblem vielleicht wirklich gelöst, würde Husserl nicht eine Urteilsenthaltung (Epoché) über die Existenz der R als Grundhaltung seiner phänomenologischen Methode einfordern. Er klammert ihre Existenz quasi ein und bleibt damit zwangsläufig doch noch oder wieder dem Bereich des Subjektiven verhaftet.

Wenn Husserl im Laufe seiner Forschung immer von neuem versucht, die Transzendentalität seiner Philosophie zu beweisen, kann man dies auch als ein Hinterherrennen hinter der R beschreiben, die sich ihm immer wieder entwindet. Dementsprechend muss er, um in den subjektiven Vollzügen den Gegenstand-an-sich aufzuspüren, auch immer weitere Reduktionen durchführen, zunächst die eidetische, dann die phänomenologische, die transzendentale und schließlich auch die Reduktionen des Ich und der Zeit.

Die phänomenologische Methode des Reduzierens müsste also ad infinitum weitergeführt werden, ohne jemals ans Ziel zu gelangen.

 

Implikationen und Kritik

Eine wesentliche Implikation einer solchen Phänomenologie besteht in der Annahme, jemand könne mehr oder weniger nahe an der R oder an der Wahrheit sein, eine These, die zwangsläufig dazu führt, dass der Forscher (oder der Therapeut) seine eigene W für überlegen hält.

Ich nenne dies eine implizit asymptotische Wahrheitstheorie.

Diese Kritik erfordert allerdings nicht eine Ablehnung von Phänomenologien, sondern ihre Beschränkung. Als Erkenntnistheorie ist sie aus folgenden Gründen nicht ausreichend:

  • Sie liefert uns keine Vorstellung davon, was passiert, wenn zwei oder mehrere erkennende Subjekte aufeinander treffen. Entweder könnte die Wahrheitsfrage nur mittels Macht "gelöst" werden, oder aber die Phänomenologie müsste nachweisen, dass die W.en verschiedener Subjekte sich mit zunehmender Reduktion tatsächlich angleichen (was eine Voraussetzung, aber noch kein Beweis dafür wäre, dass die R nun erfasst wäre).

  • Die zweite Beschränkung der Phänomenologie als Erkenntnistheorie liegt darin, dass wir nicht voreilig das Erkennen auf phänomenal Erscheinendes, d.h. in gestalttherapeutischer Terminologie: auf Figur und Grund, begrenzen dürfen (vgl. Mehrgardt 1994, S. 399 ff.).

  • Die Hauptfrage der psychotherapeutischen Erkenntnistheorie, wie nämlich interpersonelle Wahrheit entsteht und worauf sie sich beruft, kann durch die Phänomenologie allein nicht beantwortet werden. Diese Feststellung gilt wohl auch für andere (Lewin, Brentano, Heidegger) und neuere (Schmitz) Ansätze.

 

Bedeutung der Husserl’schen Phänomenologie

Dessen ungeachtet, bietet die Phänomenologie eine Reihe von fruchtbaren Anregungen für eine Erkenntnistheorie der Psychotherapie:

  • Das Subjektive wird rehabilitiert.

  • Erkennen ist ein Vorgang im Zwischen, ich würde sagen: ein mediales Geschehen, in dem "Subjekt" und "Objekt" gleichermaßen aktiv und passiv sind. Hier erscheint mir insbesondere Schmitz' Ansatz des leiblichen Erkennens fruchtbar (1989).

  • Es wird das konditionalgenetische Prinzip (Lewin), das Hier-und-Jetzt, Für-uns-Fragen (Heidegger) herausgestrichen.


Das Wesentliche der Phänomenologie bringt Tamara Niebler auf den Punkt - siehe: https://www.die-inkognito-philosophin.de/die-phaenomenologie

 

Tamara Niebler:

Es existieren viele Empfindungen und Facetten in der menschlichen Wahrnehmung, die nicht durch objektive Merkmale beschrieben werden können, sondern nur durch subjektive Darstellungen.

(Foto: Tamara Niebler)

 

6. Konstruktion

Der Radikale Konstruktivismus

Der Radikale Konstruktivismus ist eine Erkenntnistheorie, welche auf dem Hintergrund der modernen Selbstorganisationsforschung entstanden ist. Zwei Thesen können als grundlegend gelten:

  • Die Selbstorganisationsthese spricht von Systemen, die nicht von außen determiniert, sondern strukturdeterminiert sind. Das bedeutet, dass das Verhalten des Systems nur von inneren Gesetzmäßigkeiten bestimmt wird. Äußere Faktoren werden lediglich als Perturbationen (Störungen) begriffen, die selbstorganisatorische Prozesse lediglich anstoßen können.

  • Die These der Selbstreferenzialität behauptet die Existenz von Systemen, die nur mit sich selbst interagieren. So ist bspw. das Gehirn semantisch abgeschlossen, so dass es sich seine Welt selbst "errechnen" muss. Jede Erkenntnis ist somit eine Konstruktion des betreffenden kognitiven Systems.

Beide Thesen hängen eng miteinander zusammen. Sie beschreiben quasi die beiden Seiten derselben Medaille.

Geschichte und Bedeutung des Radikalen Konstruktivismus

Diese Erkenntnistheorie ist eine Radikalisierung einer konstruktivistischen Haltung, die sich in der Geschichte der Philosophie über Kant, Giambattista Vico, Giordano Bruno, den Skeptizismus und anderen bis hin zum Sophismus zurückverfolgen lässt.
Die wesentliche Leistung des Radikalen Konstruktivismus liegt darin, die unentrinnbare Selbstreferenzialität allen Erkennens - die Philosophen würden sagen: den heuristischen Zirkel - aufgewiesen und begründet zu haben. Damit wurden auch logische Kreisargumentationen "salonfähig", als Erweiterungen des traditionellen mechanistisch-linearen Denkens.

Kritik des Radikalen Konstruktivismus

Da aber in diesem Theorem die Konzeption des Konstruktionsbegriffes zu kurz greift, scheint die Außenwelt nur noch als kognitive Konstruktion zu existieren und somit verloren gegangen zu sein. Das Gegenüber bleibt passiv, es verblasst und existiert nur noch im Kopf des Subjekts.
Diesen Vorwurf des Solipsismus hat der Radikale Konstruktivismus meines Wissens nie entkräften können, auch nicht mit von Foersters Herrn mit der Melone (1990, S. 58 f.). Damit verbunden sind die Gefahren der Beliebigkeit und Morallosigkeit, die besonders Krüll (1987, S. 250) und Hoffman (1991, S. 222) kritisieren.

Aus dem Radikalen Konstruktivismus müsste in konsequenter Anwendung auf sich selbst eigentlich die grundsätzliche Gleichrangigkeit allen Erkennens folgen, egal ob es sich dabei um sogenannte wissenschaftliche oder alltägliche Erkenntnisweisen handelt.

Es dürfte also prinzipiell die Behauptung unmöglich sein, "näher" an der Wahrheit zu sein.

Ich finde diese Folgerung für eine psychotherapeutische Erkenntnistheorie sehr wichtig; im radikal-konstruktivistischen Diskurs, besonders im Bereich der systemischen Familientherapie, stößt man jedoch auf zahlreiche Diskriminierungen des Alltagserkennens gegenüber dem vorgeblich "richtigeren", nämlich dem radikal-konstruktivistischen Erkennen. Insofern muss der Radikale Konstruktivismus, zumindest in seinen Anwendungen, als inkonsequent und ebenfalls als asymptotische Wahrheitstheorie bezeichnet werden.

 

7. Das Innen-Außen-Paradox

Der Kritische Realismus

Der Kritische Realismus kann als Erkenntnistheorie der Gestalttheorie betrachtet werden. Die wesentliche Leistung dieses Entwurfs ist die Lösung des Innen-Außen-Paradoxons, welches die Frage aufwarf:

Wieso nehme ich die Außenwelt als außerhalb von mir wahr und nicht quasi als in meinem Kopf befindlich, da sich doch die zugrunde liegenden physiologischen Prozesse in der Großhirnrinde abspielen?

Es galt also zu klären, wie die

  • phänomenologische Erfahrung vom Menschen-in-der-Welt und gleichzeitig

  • die physiologische Erkenntnis von der Welt-im-Menschen

Geltung besitzen können. Die Lösung liegt - kurz gesagt - in einer "Verdoppelung" der Innen- und der Außenwelt, indem zwischen jeweils phänomenaler (anschaulicher) und transphänomenaler (physikalischer) Welt unterschieden wird. So kann man zu beiden Aussagen gelangen, dass sich nämlich

  • die (anschauliche) Welt im (physikalischen) Organismus befindet (was als solches nicht ins Bewusstsein gelangen kann) und ebenso

  • der (phänomenale) Organismus in der (phänomenalen) Außenwelt (was phänomenal gegeben ist).

1997 hat Ken Wilber auf einer dem Kritischen Realismus sehr ähnlichen Grundlage den Wahrheitsbegriff differenziert. Dabei gelangt auch er zu einer Verdoppelung der Innen- und Außenwelt (Wilber: individuell versus kollektiv) in einen phänomenalen und einen transphänomenalen Bereich (Wilber: innen- versus außenorientiert).

Kritik des Kritischen Realismus

Der Hauptkritikpunkt setzt genau an dieser “topografischen Prämisse” des Kritischen Realismus an: Es ist nämlich impliziert, dass die transphänomenalen (R) und phänomenalen (W) Bereiche überschneidungsfrei sind, dass die Grenze zwischen beiden absolut, eindeutig und unverrückbar existiert, dass also ein Objekt entweder der R angehört oder der W einer erkennenden Person.

Um aber eine solche absolute Grenze behaupten zu können, müsste man, wie Albert Keller betont (1982, S. 17), diese Grenze bereits überschritten haben. Dieser Widerspruch findet sich auch tatsächlich in den grafischen Entwürfen des Kritischen Realismus (Metzger 1954, S. 283; Bischof 1966, S. 28; vgl. Mehrgardt 1994, S. 248 ff.).

Die Lösung des Kritischen Realismus aus diesem Dilemma geschieht nicht, wie im Radikalen Konstruktivismus, auf solipsistischem Wege, sondern mit der stillschweigenden Annahme einer Isomorphie, also einer Gestaltidentität zwischen anschaulichen und physikalischen Prozessen. Die Isomorphiethese wird von Keiler zu recht als verschämte Abbildtheorie kritisiert (1980, S. 93).

Meines Erachtens ist eine solch starre, überschneidungsfreie Spaltung zwischen R und W gerade für die Psychologie nicht haltbar, da wir es zu tun haben mit Sichtweisen von Sichtweisen. Das bedeutet, dass die W eines Patienten aus der Perspektive der Therapeutin zur R gehört.

Eine topografische Vorstellung beinhaltet die Überzeugung von mehr oder weniger "Wahrheitsnähe", weil man sich ja in dieser Sichtweise in unterschiedlicher Entfernung von einer Grenze aufhalten kann.

So ist dann auch die kritisch-phänomenale Welt in der Anschauung der Kritischen Realisten der naiv-phänomenalen Erkenntnis überlegen, weil angeblich näher an der Realität gelegen. Insofern entpuppt sich auch diese Erkenntnistheorie als inkongruent und asymptotisch.

 

8. Dialektik

Der Begriff der Dialektik

Ich möchte dem einen dialektischen Entwurf gegenüberstellen. Dazu sind einige Vorbemerkungen zum Begriff der Dialektik vonnöten: Ich verstehe hier Dialektik nicht als klappernden Rhythmus von Thesis, Antithesis und Synthesis, wie Wilhelm Weischedel es so schön formuliert (1987, S. 213).

Dialektik ist vielmehr eine grundlegende Betrachtungsweise von polaren Gegensätzlichkeiten als Einheit der Identität und der Verschiedenheit (Hegel 1975, S. 40).

Polare Gegensätze existieren miteinander, füreinander, aneinander. Man kann den einen Pol nicht ohne den anderen ergreifen. Sie sind, wie Frambach mit Friedlaender sagt, oppositiv (spiegelhaft) homogen (1995, S. 24). Wenn man also die eine Seite des Spiegels wegnähme, existierte die andere ebenfalls nicht mehr.
Eine Dualität hingegen ist eine Spaltung, ein Entweder-Oder-Kampf. Eine Seite ist die schwächere, weniger wichtige und die wertlosere. Sie geht schließlich verloren (so wie es auch der R in idealistischen Konzepten ergeht).

Die Begründer der Gestalttherapie Perls, Hefferline & Goodman nehmen in ihrem grundlegenden Werk (1951 bzw. 1991 a, 1991 b) eine dialektische Haltung ein, die an einigen Stellen durchschimmert oder gar expliziert wird. Sie versäumen aber eine ausdrückliche Klärung des Verhältnisses zwischen R und W, so dass infolgedessen die wichtigsten gestalttherapeutischen Konzepte schwammig bleiben.

Die dialektische Grundthese

Die Grundthese meines Dialektischen Konstruktivismus besagt:

Es besteht ein dialektisches Verhältnis zwischen R und W, und zwar auf allen Abstraktionsstufen. Demnach sind sowohl Ontologie und Erkenntnistheorie dialektisch miteinander verwoben als auch Innen und Außen, Organismus und Umwelt, Ich und Du (usw.).

Das bedeutet z.B.:

  • dass man Erkenntnistheorie nicht ohne Ontologie und umgekehrt betreiben kann. Der Gegenpol ist stets - zumindest implizit - mitgegeben;

  • dass man R nicht ausschließen kann (im Unterschied zur Haltung der Husserl’schen Epoché). R ist immer hautnah und flüchtig. Deshalb gibt es kein Näher-an-R oder Entfernter-von-R. Der Abstand, sofern man denn überhaupt davon reden kann, ist konstant. Eine Bewertung der Erkenntnisse als richtig oder falsch ist erkenntnistheoretisch nicht möglich;

  • dass es unendlich viele W gibt, aber auch unendlich viele R. Mit jeder W-Konstruktion wird ebenfalls R konstruiert. Jede Konstruktion wird zu einer Tat-Sache, schafft also R.

    Dialektisch ausgedrückt:
    Die Realität verwirklicht sich, und die Wirklichkeit realisiert sich.

  • dass deshalb nicht nur die eigene Konstruktion, sondern auch die durch diese geschaffene R zu verantworten ist;

  • dass Erkennen stets an dieser flüchtigen Nahtstelle von R und W, Ich und Du, Innen und Außen (usw.) geschieht, also eine gemeinschaftliche, mediale Aktivität und Passivität ist;

  • dass die Termini R, W, Erkennen, Ich, Du usw. sich überschneidende, topografisch nicht fixierbare, unscharfe Begriffe sind.

Aus diesen Sätzen ergeben sich eine Reihe von sehr bedeutsamen therapeutisch-ethischen Prinzipien, die ich weiter unten ausführen werde.

Da eine dialektische Beziehung für uns "Westler" sehr schwer vorstellbar ist, möchte ich zur Veranschaulichung ein Zitat und eine Metapher vorbringen: Helm Stierlin beschreibt Heideggers Versuch, R in die Hand zu bekommen, folgendermaßen:

So weit Heidegger auch seine Untersuchungen vorangetrieben hat ... scheint das Sein sich ihm doch immer wieder in mysteriöser Weise zu entwinden. Es ist immer gerade um die nächste Ecke ... Aber gleichzeitig scheint er ständig zu versprechen, daß es nun gar nicht mehr so weit sei ... (1992, S. 26)

Eine weitere Klärung soll die folgende Tantalus-Metapher herbeiführen: Sie steht dafür, dass Wahrheit und Realität (= Wasser und Früchte) zwar stets dicht vor Augen und zum Greifen nahe sind, sich uns aber bei jedem Versuch, sie zu ergreifen, entwinden. Sie sind zugleich hautnah und flüchtig und nicht zu fassen: Wahrheitshunger und -durst können niemals gestillt werden.

Die Tantalus-Metapher

Der altgriechische König Tantalus, meist als Sohn des Zeus und der Pluto bezeichnet, hatte die Olympischen Götter zu einem Mahl eingeladen. Um ihre Allwissenheit, sprich: Erkenntnisfähigkeit, auf die Probe zu stellen, setzte er ihnen seinen eigenen Sohn Pelops als Speise vor. Die Götter, die den Betrug sofort durchschauten, bestraften ihn und verbannten ihn in die Unterwelt des Hades. Dort litt er fortan, in einem Teich stehend, über ihm die köstlichsten Früchte, unter ihm das kühle Wasser, Höllenqualen. Denn sobald er sich bewegte, um zu essen oder zu trinken, wichen Wasser und Früchte von ihm zurück.
(Foto: MM)

 

9. Transzendenz, Relation und Wahrheit

Selbstreferenzialität: das heuristische Dilemma

Eine der wesentlichsten Leistungen der Radikalen Konstruktivisten war der Aufweis der unentrinnbaren Selbstreferenzialität allen Erkennens gewesen, also seiner Abgeschlossenheit nach außen und seiner exklusiven Selbstbezugnahme.

Kant hatte dieses heuristische Dilemma darin gesehen, dass man doch immer nur beurteilen könne, …

… ob meine Erkenntnis vom Objekt mit meiner Erkenntnis vom Objekt übereinstimme. (vgl. 1958, S. 476).

Es gibt einige Versuche in der Geschichte der Wissenschaftstheorie, dieses Dilemma auszublenden. So führt sich der Versuch pragmatischer Wahrheitstheorien, die Metaphysik aus der Diskussion zu verbannen, selbst ad absurdum, weil er die Kenntnis einer absoluten Grenze zwischen Physis und Metaphysis voraussetzt, die als solche bereits metaphysisch ist.

Auch Poppers Versuch, dieses Dilemma mit dem Trick der Falsifikation zu überlisten, scheitert letztlich an der Unvollständigkeit seines Kritischen Rationalismus; denn die von diesem Ansatz vertretene Falsikationsmethode müsste ja auch auf die jeweils gewählte Methode der Falsifikation ad infinitum angewendet werden. (Als epistemologische Grundlage der Wissenschaft ist sein Ansatz dennoch von großem Wert - wenn er denn wirklich angewendet werden würde …)

Ein "Ausweg" aus diesem erkenntnistheoretischen Dilemma bietet sich aber überraschenderweise demjenigen, der die Selbstreferenzialität des Erkennens, also seine Ausweglosigkeit, anerkennt.

In vielen Ansätzen ist bereits die Möglichkeit beschrieben worden, dass sich Transzendenz aus der Selbstreferenzialität "entfaltet" (vgl. Synergetikforschung, z.B. Haken & Stadler 1990).

Transzendenz und Begegnung

Etwas konkreter auf die psychotherapeutische Situation bezogen, können wir dieses "Entfalten" mit der Frage umschreiben, …

… ob zwei selbstreferenzielle Systeme, die beide semantisch geschlossen sind (Patient und Therapeut), aufeinander treffen, sich einander öffnen und einen neuen geschlossenen dyadischen Erkennensbereich bilden können.

Ich habe dies mit dem Hinweis bejaht, dass die selbstreferenzielle Geschlossenheit bei Systemen unterschiedlicher Organisationsniveaus (Nervensystem - Organismus - Dyade - Gesellschaft usw.) sich auf verschiedene Kriterien bezieht, hinsichtlich derer sie geschlossen sind. So könnte man sagen:

Das Nervensystem ist semantisch geschlossen, der Organismus operational, die Dyade kommunikativ, das Ökosystem interaktional (1994, S. 412 ff.).

Diese Sichtweise bedeutet aber keinesfalls die Überwindung des heuristischen Zirkels, …

… sondern beschreibt das Entstehen neuer Qualitäten bzw Dimensionen auf der Grundlage der Akzeptanz dieses Dilemmas!

Grundlegend ist ein solcher Transzendenzbegriff für Bubers Vorstellung einer Ich-Du-Begegnung (z.B. 1962) sowie für Jaspers' Grenzerfahrung und Existenzerhellung (z.B. 1948).
Auf Ersterem basiert der gestalttherapeutische Kontaktbegriff, der ja nicht eine Ich-Es-Konfrontation oder ein gegenseitiges Manipulieren beinhaltet, sondern eher ein Ineinander-Aufgehen.
Jaspers' Grenzerfahrung und Existenzerhellung wiederum bilden eine wichtige Grundlage für ein gestalttherapeutisches Phasenmodell, in welchem vor der Befreiung (Transzendenz) die Phasen der Ausweglosigkeit, des Impasse, der Implosion, des Todes (Selbstreferenzialität: Nicht-heraus-Können) stehen (vgl. auch Frambach 1995).

Kritik des Kontakt-Begriffs

Zu bemängeln an diesen Konstrukten ist eine zumindest implizite Bewertung eines "idealen" Kontakts oder eines "richtigen" Durchlebens der Impasse- und Implosionsschicht in der Therapie.

Eine derartige Bewertung, gleichgültig ob ausgesprochen oder nicht, schafft eine Spaltung zwischen Bewertendem und Bewertetem, die meines Erachtens einer therapeutischen Heilung im Wege stehen könnte.

Vom Kontakt zur Relation

Gelingt es uns, den Begegnungsbegriff von einer solchen (impliziten) Wertung zu bereinigen, gelangen wir zu einem Konzept therapeutischer Relation, das grundsätzliche Gleichwertigkeit der Beteiligten voraussetzt.

Wahrheit entsteht somit in und aus der Relation, in der gegenseitigen Erfahrung von Wider-Stand, Gegen-Stand, Bei-Stand. Sie ist greifbar, unmittelbar, leibhaftig, wirk-lich.

Wahrheit ist - im etymologischen Sinne - ein Vertrauen auf die Relation, in der sie entsteht. Dabei muss dieses Vertrauen nicht unbedingt positiv sein: Man kann auch einer gegenseitigen Antipathie als wahr vertrauen.

Von besonderer Bedeutung an diesem Wahrheitsbegriff ist: Da R und W sowie Ich und Du usw. unscharfe Begriffe sind, wird der Wahrheitsbegriff ebenso unscharf, d.h. veränderlich:

Wenn Wahrheit aus einer Relation entsteht, dann kann nur etwas Veränderliches wahr sein. Wahrheit kann nicht starr sein, nicht dogmatisch, nicht allgemein verbindlich, weder auslöschbar noch ewig, nicht nichts sagend, nicht konsequenzenlos, nicht ohne Stellungnahme und Moral und deshalb nicht beliebig.
Die relationale Wahrheit möchte ich also folgendermaßen definieren:

Eine Erkenntnis ist solange wahr, wie sie durch weitere Relationen mit jemandem oder etwas veränderbar ist.

Einem solchen Wahrheitsbegriff verwandt ist Nietzsches Verständnis von Wahrheit als Rätsel und Irrtum (vgl. Eidenschink 1995, S. 42 f.). In diesem Zusammenhang möchte ich nur hinweisen auf die Begriffe des Werdens und des Nichts bzw. der Indifferenz in Nietzsches bzw. Friedlaenders Entwürfen sowie im buddhistischen Denken, Konzeptionen also, die in die Gestalttherapie Eingang gefunden haben (vgl. Frambach 1996, bes. S. 11 ff.).

10. Dialektisch-transzendente Ethik

Ich möchte im Folgenden die wichtigsten ethischen Maximen des Dialektischen Konstruktivismus für die gestalttherapeutische Praxis herausstreichen.

Nichtdiskriminierbarkeit des Erkennens

Unterscheiden heißt Grenzen Ziehen, Bewerten, Ausschließen. Ohne eine erkenntnistheoretische Bewusstmachung machen wir Therapeuten dies implizit, indem wir unser eigenes Erkennen unhinterfragt als "wahrer" voraussetzen und dem Patienten dies zwischen den Zeilen immer wieder verdeutlichen. Eine Diskriminierung ist - wie gezeigt - erkenntnistheoretisch nicht begründbar.
Einheitlichkeit und Nichtdiskriminierbarkeit des Erkennens gelten in den folgenden Aspekten:

Einheit der Erkenntnisebenen

Unser praktisches Diagnostizieren und Intervenieren beruht auf Störungs- und Heilungsmodellen, diese wiederum auf Krankheits- und Gesundheitsbegriffen, die sich ihrerseits zurückführen lassen auf bestimmte herrschende Doxai im Sinne Bourdieus (z.B. Portele 1992, S. 86 ff.). Je weiter man die Betrachtung in die Tiefe der unausgesprochenen Vorannahmen hinabführt, desto stärkere (vermeintliche) "Selbstverständlichkeit" und Unveränderbarkeit findet man vor. Jedes Handeln transportiert auch die impliziten Botschaften der abstrakteren Ebenen mit.

Einheit von Diagnostik und Intervention

Weil Erkennen Handeln impliziert und weil jede Intervention somit eine (neue) Diagnose hervorbringt, ist ein heuristisches Vorgehen (vgl. Grawe 1988, 1988 a) in der Therapie vorzuziehen. Ein solches ist in dem Bemühen um gestalttherapeutische Prozessdiagnostik bereits verwirklicht.

Einheit des erkennenden Systems

In der Gestalttherapie und in einigen familientherapeutischen Konzepten wird angestrebt, die Therapeutin als Bestandteil des zu diagnostizierenden Systems zu betrachten. Da zudem die Therapeutin ihr Erkennen gleichermaßen konstruiert wie (u.a. von der Patientin) empfängt und weil die Erkennensvorgänge beider selbstreferenziell aufeinander bezogen sind, ist auch die Patientin notwendigerweise an der Diagnosestellung beteiligt. Jedes Heraushalten der Patientin aus dem Prozess der Diagnostik wäre eine implizite Subjekt-Objekt-Spaltung und somit eher ein Akt des Machtausübens als einer des Erkennens.

Einheit von "naivem" und wissenschaftlichem Erkennen

Ich habe deutlich gemacht, dass Erkennen immer an der "Nahtstelle" von R und W geschieht, also niemals mehr oder weniger "nah" an der Wahrheit sein kann. Genau dies aber wird impliziert durch eine Diskriminierung des so genannten naiven Erkennens.
Erstaunlich finde ich, dass viele Radikale Konstruktivisten und Systemiker das alltägliche Erkennen als erkenntnistheoretischen Irrtum sogar für das Entstehen von psychischen Störungen verantwortlich machen (z.B. Bateson 1983, S. 621 ff.; Rosenbaum 1982, S. 88). Dies ist ein Rückfall in herkömmliche Denkmuster und widerspricht letztlich der eigenen Konstruktionsthese, weil implizit die eigene Erkenntnistheorie als wahr(er) behauptet wird.
Der dialektische Standpunkt hingegen setzt von vornherein alle möglichen Erkenntnisweisen, also auch die von Therapeut und Patient, als gleichwertig und -rangig an, woraus folgt, dass das Erkennen des Patienten nicht als pathogen oder falsch beurteilt werden kann.

Wahrheit ist dann immer das Ergebnis einer Relation; Wahrheitskriterium ist ihre Offenheit für (weitere) Relationen und damit ihre Veränderlichkeit.

Einheit von Erkennen und Verantwortung

Die dialektisch-transzendente Sichtweise betrachtet Erkennen als Auswahl eines Standpunktes und damit eo ipso als einen zu verantwortenden Akt. Ludewig hält entsprechend das Ausüben von Therapie für "angewandte Ethik" (1987, S. 168). Portele & Roessler (1994), Fuhr & Portele (1990) und Teschke (1989) formulieren entsprechende therapierelevante ethische Schlussfolgerungen.

Die Zeitdimension

Wheeler widerspricht dem traditionellen Vorurteil, dass Gestalttherapie ahistorisch oder gar antihistorisch sei (1993, S. 89). Er schreibt,

... daß Psychotherapie ... immer eine ... Neuorganisation der Strukturen des Grundes über die Zeit hin ist ... (ebd., 11).

In der Selbstorganisationsforschung betont man, dass ein System einen geschichtlichen Verlauf nimmt; denn Selbstreferenzialität kann nur dann stattfinden, wenn Zeit, wie Dell (1990, S. 40) sagt, quasi gestattet ist. Wenn Zeit hingegen nur eine bedeutungslose Koordinate ist, erscheint Selbstreferenzialität als Paradoxon (wie z.B. in dem Satz von Xenon, dem lügenden Kreter).

Dann könnte - in der Psychotherapie - alles, was zu geschehen hat, ebenso sofort erfolgen. Wenn die Patientin den von der Therapeutin als richtig und notwendig erachteten Schritt nicht sogleich vollzieht, bedarf dies einer Erklärung. Übliche Erklärungen sind: Widerstand!, Krankheitsgewinn!, Rückfall!, Motivationsmangel!.
Diese Erklärungen enthalten Schuldzuschreibungen und eine implizite Gegnerschaft, die ich Ent-Gegnung nenne. Folge kann sein, dass die Therapeutin List, Macht, Druck oder ein Mehr-Desselben einsetzt oder - nach gehäuften Misserfolgen - resigniert.

Zeit, als wesentliche Systemzeit verstanden, heißt, der Selbstorganisation, der inneren Entfaltungslogik des Heilungsprozesses zu vertrauen, Abfolgen, Rhythmen, Muster zu betrachten, Rückschritte und -fälle als Phänomene der eigenen Standortbindung zu interpretieren und als sinnvoll und bedeutsam zu verstehen.

 

Tamara Niebler über Zeit als Erfahrung:

Die Zeit ist eine Erfahrungsdimension des Menschen, die selbstverständlich erscheint und doch existenziell ist.

Tamara Niebler, 2024: Depressionen erleben. Philosophie & Psyche. Norderstedt: BoD, S. 86. (Foto: T. Niebler)

 

Weisheit, Mächtigkeit, Behutsamkeit

Das Paradigma des Wissenden

Die dialektisch-transzendente Betrachtungsweise wendet sich gegen das herrschende Paradigma des Wissenden, welches auch manchmal verschleiert, als asymptotische Wahrheitstheorie, in Erscheinung tritt:

Der Glaube daran, ein Wissender zu sein, ist schwer aufzulösen, vielleicht umso schwerer, je weniger greifbar der wissenschaftliche Gegenstand ist.

Der Wissensanspruch ist gleich, ob man nun dem medizinischen oder dem sozialwissenschaftlichen Krankheitsmodell verpflichtet ist. Diese unterscheiden sich lediglich in der Lokalisation der als ursächlich erkannten Faktoren.
Aus dem Wissensanspruch, der dem Arzt oder Therapeuten vom Patienten meist nahegelegt wird, leiten sich die vorgebliche Kompetenz und Macht des Behandelns her. Der Behandler ist derjenige, der weiß, handelt, heilt, verantwortet. Er repräsentiert die objektiv richtige Methode; alles Persönliche, die einzigartige Beziehung beider ist unwichtig, ja störend und wird als mögliche Fehlerquelle eliminiert.

Das Paradigma des Intervenierens

Daraus leitet sich schließlich die Haltung des Interventionismus ab: Die Neigung einzugreifen, zu manipulieren, einen Prozess zu beenden, wird meines Erachtens umso stärker, je weniger ein erwünschter Schritt erfolgt oder je mehr Zeit ein Prozess benötigt.

Die Therapeutin als Wissende und Macherin produziert tendenziell ein Erleben der Patientin, dumm und hilflos zu sein, eine therapeutische Nebenwirkung also, die wir nicht wollen, vielleicht auch wirklich nicht fühlen, die aber dennoch hintergründig ihr Gift entwickelt.

Zudem ist zu vermuten, dass manche therapeutischen Übergriffe sexueller oder gewaltsam-verletzender Art das verzweifelte Korrelat des Intervenieren-Müssens sind, eine zunehmend höhere Dosierung der “therapeutischen Gabe”.
Interventionen können als schädlich oder zumindest als störend verdächtigt werden, sofern sie auf dem Boden dieses Wissen-, Intervenieren- und Erfolghaben-Müssens entstanden sind (vgl. Batesons Diskussion von Ad-hoc-Eingriffen (1983, S. 627) sowie das Experiment Tana-Land (Krohn & Küppers 1990, S. 124; Dell 1990, S. 31 f.).

Was bleibt aber dem Psychotherapeuten, wenn er auf das letzte bisschen Wissen auch noch verzichten muss? Er weiß kaum, was der Klient hat, geschweige denn, warum er es hat und ob und, wenn ja, wie er was für wen und in welche Richtung verändern kann und soll.

Ich bin der Meinung, dass er wenig verliert, aber viel gewinnt, wenn er sich als Gegenmodell des Wissens und des Interventionismus einer anderen, dialektischen Haltung zuwendet:

Die Ethik der “Unschärfe”

Ich möchte als ethische Maxime die Haltung der „Unschärfe“ mit den Aspekten der Weisheit, der Mächtigkeit und der Behutsamkeit vorschlagen:

Weisheit

… ist das Wissen darum, dass stets jenseits jeder meiner Erkenntnisse eine umfassendere, komplexere, vollständigere, bedeutsamere, wahrere Erkenntnis möglich wäre, wäre meine Erkenntnisfähigkeit nicht a priori begrenzt (vgl. Bateson 1983, 563.

Diese nicht-wissende Weisheit ist ständiger Motor einer therapeutischen Neugier, deren Mittel das Fragen ist und die der Therapeutin hilft, mit der Patientin in Verbindung zu bleiben. Die Illusion des Wissens hingegen macht träge und führt eher zu Machtkämpfen als zu weiterer Suche.

Mächtigkeit

Macht wurde vielfach als epistemologischer Irrtum oder Mythos (z.B. Bateson 1987, S. 272) bzw. als Metapher (vgl. Portele & Roessler 1994, S. 9) hingestellt. Diese Ansicht ist meiner Meinung nach zwar zutreffend, aber unvollständig und deshalb gefährlich. Sie führt dazu, dass man Macht und Machtmissbrauch nicht wirklich dingfest machen kann; denn …

Macht ist, sobald sie - auch als Negation - gedacht wird, nicht nur wirklich (W), sondern auch real (R); sie ist eine Tat-Sache.

Es kann keine epistemologischen Fehler geben, weil eine erkenntnistheoretische Position in dem Moment, in dem sie von jemandem eingenommen wird, ja existiert. Ich kann also das Phänomen Macht nicht erkenntnistheoretisch widerlegen; ich kann aber, und dafür plädiere ich, gegen die Macht als einen ethischen Irrtum persönlich Stellung beziehen.

Eine Ethik in der Psychotherapie sollte sich also nicht darauf beschränken, "Kataloge" von indizierten Verhaltensweisen zu erstellen; vielmehr gilt:

Ethisches Verhalten ist zwangsläufig eine persönliche Entscheidung.

Für die Therapie möchte ich dem ethischen Standpunkt Macht den der Mächtigkeit entgegenstellen:

Mächtigkeit ist das Bewusstsein, mit seinem Handeln nicht notwendigerweise das Beabsichtigte und mit Sicherheit mehr als dieses hervorzubringen.

Behutsamkeit

Das bedeutet, dass uns die Effekte unseres Tun zu einem großen Teil unbekannt sind. Die Therapeutin hat etwas zu verantworten, was ihr nicht vor Augen ist.

Dies ist eine ungeheuerliche therapeutische Konsequenz, aus welcher nur die Maxime der Behutsamkeit oder Zurückhaltung folgen kann (vgl. auch das taoistische Wu wei, übersetzt etwa handelndes Nichthandeln; Portele 1992, S. 54). Meines Erachtens ist diese therapeutische Fähigkeit, nicht sofort zu reagieren und Lösungen anzubieten, am schwierigsten zu erlernen.

Die Haltung des Sowohl-als-Auch

Grundhaltungen und Kernbotschaften

Ich bin immer wieder erstaunt, wie genau Menschen, und ganz besonders Patienten in Krisensituationen, in der Lage sind, Kernbotschaften zu entschlüsseln, also zwischen den Zeilen das eigentlich Gemeinte herauszuhören - oder besser gesagt - herauszufühlen.

Die zentrale Botschaft des "wissenden" Therapeuten besteht immer mehr oder weniger in dem Aufweis, häufig auch dem Vorwurf, der Patient habe etwas falsch gemacht, da er ansonsten das betreffende Problem nicht hätte.

Die wesentliche Aussage des Radikalen Konstruktivisten dem Patienten gegenüber ist mehr oder weniger zynisch: Du konstruierst dir dein Leiden selbst! - Also hör auf damit! Oder: Stell dich nicht so an!

Hierzu gehört in diesem Falle auch die orthodoxe Psychoanalytikerin, die den berichteten Inzest für die Ausgeburt der kindlichen sexuellen Wünsche und Phantasien ansieht und der Patientin vermittelt: Ich glaube dir nicht! oder ihr gar Schuld zuschreibt.

Für die dialektisch ausgerichtete Therapeutin hingegen ist der Bericht der Patientin immer sowohl eine wirkliche Konstruktion als auch ein reales Geschehen. Ihre grundlegende Haltung zur Patientin lautet in etwa:

Ich vertraue dir, dass dein Erleben real ist, also eine Tat-Sache (R); mit der gleichen Überzeugung vertraue ich darauf, dass dein Erleben deine Kreation (W) ist, dass du mächtig bist, diese und die Welt zu verändern.

Diese Grundbotschaft ist demnach sowohl akzeptierend-nachvollziehend als auch hoffnungsvoll.

Gesundheits-Modell

Bezogen auf ein Gesundheits-/ Krankheitsmodell kann die Sowohl-als-Auch-Haltung wie folgt beschrieben werden: Krankheit ist nicht nur ein reales Geschehen (welches wie ein unbeeinflussbares Schicksal über einen kommt); sie ist auch nicht nur, wie die Radikalen Konstruktivisten behaupten, ... ein soziales Phänomen, das durch 'Leben in der Sprache' entsteht (Maturana in: Riegas & Vetter 1991, S. 29), also ein beliebiges, fleischloses Konstrukt.

Krankheit besitzt vielmehr sowohl R- als auch W-Aspekte, die sich mit zunehmender Chronifizierung immer mehr ineinander verschachteln.

Leiden-an-sich und Leiden-am-Du

Der W-Aspekt einer Krankheit besteht in der persönlichen und sozialen Bewertung, in der Angst vor dem Ver-rückt-, sprich: Ausgesondert-Werden, in der Isolation. Dieser Aspekt des Leids beruht auf einem Zuviel an Ent-Gegnung und einem Zuwenig an Begegnung. Diesen Aspekt nenne ich das Leiden-am-Du.

Das Leiden-an-Sich findet sich demgegenüber jenseits des Sozialen, Gemachten, Konstruierten: Es existiert in den existenziellen Aporien des Menschseins, dem Schmerz, der Angst, dem Alleinsein, der Endlichkeit. Leiden-an-Sich ist nicht fassbar, dennoch hautnah, elementar, wesentlich. Beide Aspekte des Leids sind immer miteinander gegeben und falten sich mit zunehmender Leidenszeit in eine Geschichte und viele Schichten des Leidens auf.

Neurose als Vorwurf

Aus einer solchen Perspektive ist im Grunde auch ein Neurosenmodell verzichtbar; denn "Neurose" besagt ja immer so etwas wie eine Fehler- und/ oder Schuldzuschreibung, welche auf dem erkenntnistheoretisch nicht haltbaren Wissens- und Interventionsparadigma fußt. An seine Stelle könnte die Bergsteiger-Metapher treten, die ich mehrfach beschrieben habe (Mehrgardt 1994, 300, 1996, 37 ff.).

Freiheit

In der psychotherapeutischen Literatur wird die Beschränkung von Freiheitsgraden häufig als grundlegend für die Entwicklung von Pathologie angesehen, beispielsweise in Form eines Blockiertseins, einer Fixierung, einer zu starren Struktur, einer zu großen Tendenz zur Vereinfachung, eines Zuviel an Homöostase (usw.).
Es liegt dann auf der Hand, die Erweiterung von Freiheitsgraden als allgemeines Therapieziel zu bestimmen.

Dieser Denkweise ist beispielsweise von Foerster verpflichtet, der auf die systemischen Ansätze, aber auch auf die Gestalttherapie Einfluss hat. Von Foerster formuliert nämlich den ethischen Imperativ: "Handle stets so, daß weitere Möglichkeiten entstehen." (1990, 60).
Mit dieser Maxime fordert von Foerster jedoch gleichsam auf, "in der Schwebe" zu bleiben, sich nicht festzulegen, sich nur frei zu machen von, aber nicht für etwas oder jemanden.

Hier fehlt die Antithese, etwa: "..., um dann eine Möglichkeit auszuwählen, deren Beschränkungen du dich dann hingibst."
Ich nenne dies die Freiheit von und für (vgl. Zillig 1992, 184). Es reicht also nicht aus, Krankheit als eine Einschränkung und die heilende Therapie dann als eine Erweiterung von Freiheitsgraden zu verstehen.

Das Prinzip der Freiheit besagt für die Therapie eher:

Der Therapeut hat die Aufgabe, Handlungsspielräume zu eröffnen und diese mit Gegen-Ständen und Wider-Stehendem zu füllen. Mit seinen (wechselnden) Standpunkten, die der Therapeut im physischen wie im übertragenen Sinne einnimmt, ver-antwortet er dem Patienten.

 

11. Erkenntniskritik und dialektische Neufassung zentraler (gestalt-) therapeutischer Konstrukte

Aus dem erkenntnistheoretisch-ethischen Diskurs ergibt sich für die Psychotherapie die Notwendigkeit der kritischen Reflexion ihrer theoretischen Konstrukte wie auch ihrer konkreten Handlungsanleitungen.
Für die Gestalttherapie heißt die Forderung, ihre Konstrukte (insbesondere Organismus/ Umwelt-Feld, Kontakt(unterbrechung), Selbst, Neurosen- und Heilungsmodell) von absoluten Topografien, versteckten Perspektivenwechseln und normativen Wertsetzungen zu bereinigen. Dies sei hier nur prinzipiell erläutert (ausführlich vgl. Mehrgardt 1994, Kap. 5.3.; 1997).

Absolute Topografien:

Eine Topografie beinhaltet eine feste Vorstellung einer räumlichen Anordnung verschiedener Gebilde und deren Beziehung zueinander. Eine an der Geometrie orientierte Topografie bringt zwei- oder dreidimensionale Gebilde hervor mit eindeutig definierten Lagebeziehungen wie in, außerhalb, nahe bei, weit entfernt (usw.).
Einerseits sind derartige topografische Vor- und Darstellungen anschaulich und für die Verständigung ökonomisch; andererseits bringen sie die Gefahr der Erstarrung und dualen Spaltung mit sich. Ich plädiere deshalb dafür, "elastische" und ggf. multidimensionale Topologien zu verwenden.

Implizite Perspektivenwechsel:

Eine dialektische Verschränkung von Ontologie (Aussagen über das Seiende) und Erkenntnistheorie (Aussagen über Betrachterstandpunkte) betont, dass jede ontologische Aussage zugleich eine erkenntnistheoretische Position beinhaltet, auch wenn diese nicht explizit benannt wird oder nicht bewusst ist.

Wird die Betrachterperspektive - wie in den gestalttherapeutischen Definitionen - nicht erwähnt, gewinnt die Leserin leicht den Eindruck, diese könnte extramundan und allumfassend gemeint sein. Genau besehen, macht sich der Definierende aber verdeckt vollzogener Perspektivenwechsel schuldig, welche ihn und seine Leser in Widersprüche verwickeln.

Wertungen:

Die mangelnde Berücksichtigung der Perspektivgebundenheit verführt ferner zu normativen Gestaltkonstrukten, von denen besonders das Ideal eines guten, vollständigen, neuartigen, lebendigen, prägnanten, nicht-unterbrochenen ... Kontakts in absolutistischem Gewande einherschreitet.
Alle Beschreibungen und Wertungen werden in der dialektischen Fassung vielmehr als Aussagen von einem bestimmten Standpunkt aus und in einer bestimmten Relation befindlich verstanden.

 

12. Ausblick

Abschließend möchte ich noch einmal die Intention dieses Diskurses für Ausbildung und Praxis hervorheben:

Die erkenntnistheoretische Brille soll der Einzelnen helfen, die gesellschaftlichen und persönlichen Doxai (i. S. Bourdieus) und Konnotationen zu erhellen.

Wenn wir der Patientin gegenüber Dinge tun, die letztlich auf diese Doxai gründen, übermitteln wir ihr zugleich - unbeabsichtigt oder ungewusst - die entsprechenden Konnotationen wie bspw.: Du hast das falsch gemacht. Es ist hoffnungslos. Ich glaube dir nicht. Du musst dich mehr anstrengen/ im Griff haben.

Solche unausgesprochenen Grundaussagen an das Du halte ich für „scharf“, also: verletzend, beschuldigend, ausgrenzend. Möglicherweise haben sie letztlich einen größeren Effekt als die bewusst gewählte Interventionsstrategie.

Die erkenntnistheoretische Perspektive kann helfen, den mitunter verloren gegangenen Respekt vor der Patientin wiederzufinden oder seinen drohenden Verlust zu verhindern. Beschäftigung mit Erkenntnistheorie und Ethik macht zudem deutlich, dass therapeutisches Handeln nicht nur sachlich begründet ist, sondern auch ein persönlich zu verantwortendes Wählen darstellt, dass – kurz gesagt – Therapie nicht nur Betreiben von Wissenschaft, sondern genauso Manifestation angewandter Ethik bedeutet.

Schließlich kann Erkenntnistheorie einen Beitrag dazu leisten, die grundlegenden Therapeutenvariablen einer Allgemeinen Psychotherapie (i. S. Grawes) zu identifizieren und zu operationalisieren, um sie schließlich, für Ausbildung und Praxis didaktisch aufbereitet, vermitteln zu können. Sie kann so – im Sinne eines relationalen Wahrheitsbegriffes – Diskriminierung entlarven und beseitigen helfen und so eine Offenheit herbeiführen: gegenüber dem Patienten, der Kollegin, der anderen Therapierichtung, der anderen Berufsgruppe …

 

Diese beiden Artikel sind ein allzu kurzer und ungenügender Abriss der Gründe meines gegenwärtigen Unbehagens an der Situation „der“ Psychotherapie sowie eines möglichen Ausweges.

Wer sich tief in diese Thematik einarbeiten möchte

… wird hier fündig. Das Buch kann bei mir per Mail bestellt werden: praxis@mehrgardt.de
(Eigenes Foto)

Gegenwärtig arbeiten Tamara Niebler und ich an einer aktualisierten Fassung mit neuen Bezügen und Diskussionen.
Und - dieser Artikel wird keine 500 Seiten lang.

 

Ich würde mich über Reaktionen freuen, die ich als Wiederbelebung eines Diskurses ansähe, zu dessen Fruchtbarkeit gerade die Gestalt Community beitragen könnte, deren heuristisches, anarchistisches und hermeneutisches Feuer vielleicht doch noch nicht ganz erloschen ist ...

 
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    [3] Ich verwende aus Gründen der Lesbarkeit abwechselnd maskuline und feminine Bezeichnungen.
    [4] Vgl. Foucaults Analogien zwischen Prostitution und Medizin (1998, 12 f., 16).

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Preis, Wert, Würde – Oder: Was kostet eigentlich ein Mensch?

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Wie viel Armut ist normal?