Depressionen erklärt – Traurige Seele & emotionales Tief
Depressionen zu erklären, mit starken emotionalen Tiefs, trauriger Seele & Kraftlosigkeit greift zu kurz. Nicht nur der Alltag gerät aus dem Ruder, sondern auch Geist, Körper und zwischenmenschliche Kontakte. Lies hier, was Depressionen für Betroffene bedeuten bzw. was es heißt, depressiv zu sein.
Depressionen haben viele Facetten
Hier berichten Menschen mit Depressionen in kurzen Texten darüber, was depressiv sein für sie im Alltag bedeutet.
Depressiv sein erklärt – von Betroffenen
Ich werden als Depressive oft gefragt, wie sich denn ein depressives, emotionales Tief anfühlt? Wie zeigt sich ein Stimmungstief in meinen Gedanken? Was passiert, wenn die Seele traurig ist?
Traurige Seele bzw. eine Depression bedeutet nicht automatisch:
Ich werde mich umbringen
Ich werde mir etwas antun
Ich kann nicht alleine sein
Oft heißt depressiv sein:
Ich bin den ganzen Tag nicht aus dem Bett gekommen
Ich kann mich nicht konzentrieren
Ich bin ständig erschöpft und habe Schmerzen
Ich habe keine Kraft für einen Kaffee Tratsch
Depressionen erklärt
– der Alltag ist nicht mehr zu schaffen –
Auf die Frage: Was bedeutet Depression für Dich noch außer den oben genannten Punkten? – erhielt ich in den Sozialen Netzwerken folgende Antworten. Sie alle beschreiben die Erfahrung mit Depressionen im Alltag ziemlich gut und von verschiedenen Perspektiven aus. Vielleicht helfen diese kurzen Texte dabei, Depressionen zu verstehen.
„Ich habe oft keine Kraft zum Duschen, zum Einkaufen, die einfachsten Dinge halt. Und ich kann mich nicht entscheiden.“
„Ich kann nicht reden oder essen. Bin wie fremdgesteuert“
„Ich fühle mich überreizt von all den Geräuschen, Gerüchen, Gesprächen, Gedanken, optischen Eindrücken – einfach allem!“
Man fühlt sich selbst und der Welt nicht mehr verbunden. Ich kann keine Verbindung herstellen. Unwichtige kleine Ärgernisse machen mich aggressiv – mir selbst und anderen gegenüber.“
„Es fällt schwer, sich zu entscheiden:
Was soll ich kochen? Was mache ich zuerst? Wohnzimmer oder Küche? Oft habe ich das Gefühl, ich muss etwas verändern, weiß nicht so richtig was bzw. Wo ich anfangen soll oder kann. Einkaufen fällt oft so schwer, früher oft Panikattacken bekommen, die Beine sind schwer wie Gummi-Blei. Auf den Schultern liegt eine Last. Telefonieren geht gar nicht, genauso wenig wie jemanden zu besuchen. Aufstehen, sich waschen, einen Kaffee machen...Fehlanzeige!“
„Ich ertrage keine Nähe, obwohl ich sie eigentlich dringend brauche.
Alles ist zu laut, zu hell, zu schnell…Das ständige Gefühl jeden Moment zusammenzubrechen. Nicht fühlen können, nur bei sehr starken Reizen weinen können. Nicht, was ich eigentlich gerne mache, berührt mich mehr.“
„Ich stelle eine unbestimmte Aggressivität an mir fest.
Das kenne ich gar nicht von mir, normalerweise bin ich eher scheu und zurückgezogen, auch wenn ich nicht so rüber komme. Eine fehlende Perspektive ist mein Hauptproblem. Eu-Rente und Grundsicherung sind einfach kein Leben. Aber ich gebe nicht auf, auch wenn manche Tage grau sind.“
„Ich habe keine Träume & Ziele mehr …
Ich verliere meine Werte und Vorstellungen. Ich merke, dass es mir die Sicht vernebelt und Farben verblassen. Ich möchte niemanden mit meiner negativen Stimmung anstecken und isoliere mich. Ich sehe immer mich als Schuldige für schlechte Ereignisse.“
Meine Depression erklärt
Zum Schluss möchte ich selbst noch die Frage beantworten, wie sich emotionale Tiefs & depressive Traurigkeit für mich anfühlen. Und was mir in solchen Augenblicken für Gedanken im Kopf herumspuken.
Wenn Dich die Depression umklammert, wird Deine Welt dunkel. Du bist ständig traurig, ohne Grund, hast an nichts mehr Spaß oder wirkliches Interesse. Zum Beispiel lese ich sehr gerne. In einer depressiven Phase aber nicht, da kann ich überhaupt nichts mehr machen, was mir früher viel bedeutet hat. Ich kann mich einfach nicht konzentrieren und bin extrem erschöpft.
“Ich weine sehr viel und kann nicht aufhören”
Manche sprechen davon, dass sie überhaupt nichts mehr fühlen. Das ist bei mir anders. Ich weine ständig - Tage und Nächte lang hintereinander. Und ich kann nicht aufhören.
Stell Dir vor: Es sprudelt aus Dir heraus, ohne dass Du etwas dagegen tun kannst. Wie ein Wasserfall, der aus Deinem Inneren entspringt. Klingt pathetisch, aber genauso fühlst Du als depressiver Mensch an schlechten Tagen.
“Das Schlimmste sind diese schrecklichen Gedanken”
Wenn Du depressiv bist, dann quälen Dich Deine Gedanken extrem. Sie sind gehässig, anklagend, spöttisch und zutiefst verletzend. Und sie machen Dir Angst, verrückt zu werden. Mich suchen zum Beispiel die folgenden Denkmuster immer wieder heim:
Ich versage – schon wieder! Das kann nie etwas werden.
Warum bin ich so verdammt schwach?
Ich muss mich endlich zusammenreißen!
Ich habe das alles verdient, was bin ich schon wert?
Ich habe alles falsch gemacht.
Toll, ständig heule ich. Ich bin zu nichts zu gebrauchen.
Wer kann mich so lieben oder mögen? Niemand. Ohne mich hätten es alle besser.
Destruktive Gedanken sind typisch bei Depressionen
Selbst wenn Du Antidepressiva nimmst, kann es immer wieder zu einem Rückfall kommen. Die Gedanken kommen generell in Kreisen, sogenannten Gedankenschleifen oder Gedankenzirkeln. Die Worte kannst Du nicht einfach ignorieren, weil sie so laut sind.
“Jeder Reiz führt zum Overkill”
Wie oben bereits jemand erwähnt hat, ist die Überreizung brutal. Du erträgst in einer Depression keine äußeren Reize mehr. Du bist dermaßen erschöpft und durcheinander, dass Du es kaum schaffst, ein Wort hervorzubringen.
Du kannst Dich nicht mehr auf Gespräche konzentrieren und vergisst mitten drin, worüber überhaupt gesprochen wurde. Dich überfordern soziale Kontakte jeder Art. Das ist ein Grund, warum sich viele Depressive isolieren und allein sein möchten.
Auch die Laute um Dich herum sind kaum zu ertragen. Alles ist zu laut, zu grell, zu viel und zu intensiv - Du kannst keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen. In so einem Moment möchtest Du Dich nur noch zuhause hinlegen, nichts & niemanden mehr sehen.
“Manchmal kann ich tage- und wochenlang nicht aufräumen”
Ich bin eigentlich sehr ordentlich, ich brauche sogar Ordnung zum Wohlfühlen. In der Depression ist mir das jedoch egal, ich kann einfach nicht mehr. Um es Dir zu erklären:
Du siehst, wie sich das schmutzige Geschirr stapelt, die Mülleimer überquellen, der Staub sich legt. Aber allein der Gedanke, aufzuräumen und sauberzumachen, erschlägt Dich förmlich. Du fühlst Dich wirklich nicht fähig dazu – also körperlich zu schwach und entkräftet.
Allein das Aufstehen am Morgen kostet Dich so viel Kraft, weil Deine Arme und Beine so schwer wie Blei sind. Deine Beine sind steif und taub – und dieses heftige körperliche Gefühl macht Dir unheimliche Angst.
Angst vor dem Verrückt werden. Angst vor einem Zusammenbruch. Angst vor Dir selbst.
“Ich glaube, für andere nur eine Last zu sein”
Was gar nicht geht: Mit jemanden sprechen, telefonieren, Besuch bekommen. Das gehört alles zu den Reizen, die Dich komplett überfordern.
Rückzug ist Deine einzige Rettung. Ich meine, was sollen Deine Familie, Deine Freunde, Dein/e Partner/in mit Dir anfangen, wenn Du nur weinst und fertig bist?
Die Depression flößt Dir ein, dass Du ihnen nur zur Last fällst. Dass Du nur schlechte Stimmung verbreitest und keiner so mit Dir zusammen sein will. Mehr darüber hier: Schuld & Scham bei Depressionen.
“Ich vegetiere den Tag vor mich hin”
Die Scham vor anderen ist überwältigend. Darum ziehst Du Dich zurück. Am sichersten ist für Depressive das eigene Zuhause. Dort kannst Du daneben sein und keiner sieht es. Was macht man den ganzen Tag zuhause, wenn die Seele nicht mehr kann?
Ich starre in den Raum, völlig in Gedanken gefangen. Manchmal schaue ich TV, ohne wirklich hinzusehen. Meine Gedanken lenken mich komplett ab und ich habe keine Kraft, sie ständig abzuwehren.
So vergehen Stunden, Tage, Nächte als leblose Hülle.
Zwischendurch trösten mich meine Katzen und natürlich mein Mann, der sich viel Zeit für mich nimmt. Manchmal starre ich stundenlang aus dem Fenster, durchlebe frühere Ereignisse, suche Gefühle und finde sie nicht, bin taub. Wie zuvor erwähnt, meistens aber weine ich sehr sehr viel und kann nicht mehr aufhören.
Vgl. Depressiver Partner zieht mich runter – Gründe & Tipps
“Ich verliere mein Gesicht, wenn ich Tränen zulasse”
Weinen vor anderen Menschen – auch vor Partner, Familie & Freunden – ist in solchen Momenten eine extreme Erfahrung. Weinen bedeutet nicht einfach nur traurig sein. Tränen bedeuten, dass Du Dich schutzlos dem Gegenüber auslieferst. Du bist nackt und bloßgestellt. Du bist das Elend in Person.
Weinen ist in diesem Moment eine verhasste Schwäche. Und sie ist so sehr mit Schamgefühlen verbunden, dass Du es kaum erträgst. Denn wenn Du alle Geschütze herunterfährst, bist Du völlig wehrlos dem anderen ausgeliefert. Und auf seine Gutmütigkeit angewiesen.
“Die Depression bringt mich schneller an meine Grenzen”
Stichwort: Vulnerabilität (vgl. auch Vulnerabilitäts-Stress-Modell)– Durch eine Depression bist Du nicht mehr so belastbar wie früher. Deine Ressourcen und Energien sind schneller aufgebraucht. Das sind auch die Gründe, warum Du nicht mehr so viel leisten kannst, Deine Konzentration schnell nachlässt und Du Dich dauerhaft erschöpft fühlst. Darunter leidet Dein Selbstbewusstsein enorm. Wenn Du ständig schwach und kraftlos bist, dann traust Du Dir irgendwann auch nichts mehr zu.
Quelle: IVAH -Institut für Verhaltenstherapie-Ausbildung Hamburg