Larvierte Depression – somatisch, maskiert & versteckt
Versteckte Depressionen tarnen sich so gut hinter körperlichen Beschwerden, dass sie nur schwer zu erkennen sind. Fachärzte nenne diesen Subtyp daher auch: larvierte Depression, maskierte Depression, somatische oder körperliche Depression.
Maskierte Depression oder doch der Normaltyp von Depressionen?
Sind körperliche Symptome bei Depressionen wirklich so selten, dass sie einen eigenen Subtyp der Depression bilden?
Nach westlicher Medizin: Ja
Laut transkulturellen Studien: Nein!
Vgl. Depression: körperliche Symptome – Korporifizierung des Leibes
Körperliche Symptome bei Depressionen weit verbreitet
Versteckte Depressionen werden meist als spezielle Form von depressiven Störungen verstanden. Oft sind die Symptome unscheinbar und so gut versteckt, dass Betroffene selbst nicht bemerken, an welcher Krankheit sie wirklich leiden.
Inzwischen hat sich daraus unter Ärzten der Begriff „versteckte Depression“ entwickelt. Die körperlichen Symptome sind dabei in ihrem Ausmaß nicht zu unterschätzen und stehen so im Fokus, dass psychische Probleme übersehen werden.
Inhaltsverzeichnis: larvierte Depression & körperliche Symptome
Versteckte Depression: Was ist das?
Von einer körperlichen oder versteckten Depression sprechen Ärzte, wenn die körperlichen Beschwerden im Vordergrund stehen, während psychische Ursache nicht zu erkennen sind (6). Es scheinen keine psychischen Leiden zu bestehen, jedenfalls bemerken Betroffene selbst weniger davon.
Die Depression wird angeblich nicht auf Gefühlsebene wahrgenommen, sondern verdrängt und vitalisiert bzw. körperlich erlebt, somatisiert (soma = altgriech. Körper). Darum wird das Phänomen auch als maskierte Depression bezeichnet.
Schätzungen zufolge sollen ca. 5-10 %
der Fälle von chronischen Schmerzen
der Ausdruck psychischer Krankheiten sein.
Synonyme für larvierte Depressionen:
maskierte Depression
somatische / somatisierte Depression
somatoforme Depressionen / psychosomatische Depression
körperliche Depression / Körperdepression / physische Depression
Ursachen körperlicher Depressionssymptome
Wer an einer körperlichen Depression leidet, soll nicht in der Lage sein, die eigene depressive Stimmung auszudrücken. Emotionen wie Angst, Aggression und Schuld werden verdrängt und so auf die körperliche Ebene verschoben (der sogenannte Abwärtseffekt).
Betroffene kämpfen daher mit körperlichen Symptomen, wie zum Beispiel Magen-Darm-Beschwerden, Muskelverspannungen, Migräne, Herzprobleme u. v. m. So zumindest die gängige psychologische Interpretation des Phänomens larvierte Depression.
In der philosophisch-phänomenologischen Psychiatrie wird das anders gesehen: Emotionen sind keine innerpsychischen Phänomene, sondern interaktive und zwischenmenschliche Erscheinungen, die immer mit körperlichen Resonanzen einhergehen. Vgl. auch: Philosophie der Psychiatrie und Phänomenologie
Korporifizierung in der Depression
So ist zum Beispiel das Gefühl der Angst nie ohne ihre leibliche Erscheinungsform zu denken: Zittern, Herzklopfen, Magenschmerzen, Muskelverkrampfung, Übelkeit etc. Auf diese Weise verstanden, ist bei depressiven Störungen immer der ganze Mensch betroffen: Geist, Leib und Weltverhältnis. Vgl. Depression: Korporifizierung des Leibes
Larvierte Depression diagnostizieren
Da eine versteckte Depression rein logisch ein depressives Zustandsbild ist, brauchen Betroffene eine fachärztliche Behandlung.
Versteckte Depressionen werden selten erkannt
Weil sich die lavierte Depression aber so gut maskiert (larva = altgriech. Maske) und körperliche Symptome im Vordergrund stehen, lässt sie sich nur in der Retrospektive feststellen.
Ganz wichtig: versteckte Depressionen sind kein spezielles, eigenständiges Krankheitsbild. Früher wurde der Subtyp auch als neurotische Depression bezeichnet, der Begriff wird aber wegen der irreführenden Bedeutung nicht mehr benutzt.
Körperliche Depression & typische Symptome
(eine vollständige Liste mit den üblichen Beschwerden findest Du weiter unten im Text)
Verdauungstrakt: Appetitlosigkeit, Blähungen, Übelkeit
Herz-Kreislauf-System: Beklemmung, Benommenheit (vgl. auch brain fog), Atemnot
Muskelapparat: Kreuzschmerzen, Nackenschmerzen usw.
Haarausfall, Kopfschmerzen, Menstruations- und Potenzprobleme, Sehstörungen, Mundtrockenheit, Herzbeschwerden u.s.w.
Eine versteckte, somatisierte Depression können Psychotherapeutische Fachkräfte allein durch gezielte Fragen ermitteln. Vorausgesetzt, Patient:in gibt ehrlich Antwort.
Zu den üblichen Symptomen einer versteckten Depression zählen außerdem Interessenverlust, extreme Müdigkeit, Ängste & starke Selbstzweifel, Libidoverlust u.v.m.
Somatisierte Depression
Wie kommt es zu versteckten Depressionen?
Eins vorweg: Der Subtyp larvierte Depression war besonders häufig in den 1970er und 1980er Jahren verbreitet. Heute würden viele der Fälle allerdings unter andere Diagnosen fallen, wie zum Beispiel Somatisierungsstörung, dissoziative Störung, hypochondrische oder psychosomatische Störungen.
Die Vielzahl an Diagnosemöglichkeiten und Subtypen zeigt meiner Meinung nach eine verwirrende Unklarheit in den gängigen Diagnoseschemata, die davon zeugt, wie wenig die Medizin überhaupt über Depressionen weiß.
Falsche Vorstellungen von Depressiven
"Depressionen äußern sich nicht immer wie eine Depression oder zumindest nicht so, wie man sich das in der Allgemeinheit vorstellt." (Professor Volker Faust, Ravensburg)
Wie sehen depressive Menschen wirklich aus?
In den Medien werden Betroffene sehr einseitig dargestellt: sorgenvoll, weinend, ängstlich, erschöpft irgendwo kauernd…
Das ist aber leider weit entfernt von der Wahrheit.
Depressionen kannst Du niemanden ansehen
Sie wird hinter verschlossenen Türen ausgelebt, solange es geht.
Das ist ein Grund, warum die Krankheit zu oft unentdeckt bleibt.
Und das betrifft nicht nur die Gesellschaft und das Umfeld.
Ich selbst wusste viele viele Jahre lang nicht, dass ich an depressiven Episoden leide. Ich dachte, Depressionen würden sich anders zeigen – eben in Traurigkeit & Heulattacken, das waren Symptome, die mir bekannt waren.
Dass sich Depressionen hinter meiner chronischen Gastritis und den ständigen Schwindel- und Schwächeanfällen tarnten, wäre mir niemals in den Sinn gekommen. Selbst als ich meine Beine nicht mehr richtig bewegen konnte, dachte ich an ein Venenleiden, aber nicht an larvierte Depressionen.
Herzrasen, Schwindel, Übelkeit, Kreislaufschwäche, verschwommene Sicht, Schlafprobleme – Wer kommt da schon auf eine psychische Krankheit? Bei solchen Symptomen denkt jede:r an körperliche Gesundheitsprobleme. Darum sprechen viele Depressive beim Hausarzt vor, aber erwähnen nicht ihre psychischen, sondern ihre körperlichen Probleme. Denn die nehmen sie ja unmissverständlich wahr.
So bleibt die Depression als Ursache gut versteckt. Denn selbst der beste Arzt der Welt kann nicht Hellsehen. Wenn ein Patient von Rückenschmerzen spricht, dann untersucht der Arzt den Rücken, die Muskeln und die Beine.
Oft geben Menschen mit versteckten Depressionen dann auf und gehen kein 2. oder 3. Mal zum Arzt, da sie dort keine effektive Hilfe erhalten.
Depressionssymptome bei Frauen
Frauen leiden doppelt so häufig unter Depressionen. In der Psychiatrie ist daher von weiblicher Depression (female depression) die Rede, die spezifische Anzeichen besitzt.
» Zum Artikel Depression: Symptome bei Frauen
Körperliche Depression – Wie fühlt sich das an?
Lustlos, antriebslos, kraftlos – ich & andere Betroffene fühlen sich in depressiven Phasen wie unter einer Glasglocke, abgeschottet von der Welt. Alles ist unwirklich (Vgl. Depersonalisation & Derealisation), selbst für die einfachsten Dinge, wie zum Beispiel Zähneputzen oder Haare waschen gibt es keine Energie.
Mein Körper ist schwer wie ein kaltes Stück Blei, ebenso mein Geist. Ich denke und reagiere träge. Diese Trägheit ist ungemein körperlich zu spüren. Ich kann mich dann auch nur schwerfällig bewegen. Fast so als wäre ich versteinert.
Oder umgekehrt: ich kann nicht still sitzen, muss mich vor lauter Unruhe bewegen. vgl. agitierte Depression.
Depressive Symptomatik ist ein Teufelskreis
Nicht jeder Depressive hat identische Beschwerden. Je nach Person und Veranlagung können die Symptome einer Depression verschiedene Gesichter annehmen.
Viele haben jedoch ähnliche seelische Leiden zu durchleben, durch die sich eine Depression erkennen lässt.
Das fiese an den Anzeichen einer Depression: die Symptome stehen in einer Wechselbeziehung, sie beeinflussen sich gegenseitig. Eine Depression wirkt wie viele andere psychische Krankheiten psychosomatisch, d. h. Geist und Körper leiden.
Depressionen verstärken körperliche Missempfindungen
Die körperlichen Symptome von Depressionen sind allein deshalb nicht zu unterschätzen, weil depressive Menschen körperliche & seelische Leiden intensiver wahrnehmen. Das ist Teil der Krankheit.
Es kann ebenso passieren, dass sich die Erkrankung zunächst als Angst oder Aggression äußert. Vgl. Depression: Aggressionen in 50 % aller Fälle
Angstzustände führen oft zu Herzrasen und Schlafstörungen sowie Unruhe.
Ist die innere Anspannung im Vordergrund, klagen Betroffene über Muskel- und Gelenkschmerzen, weil sie ihren Körper die ganze Zeit versteifen.
Versteckte Depression – Beispiel:
Als Depressive neige ich zum chronischen Grübeln (= Gedankenkarussell)
Negative Gedankenkreise behindern wiederum meinen Schlaf, auch esse ich schlechter und weniger.
Wenn ich dauerhaft schlecht schlafe, weniger oder ungesund esse, dann bin ich automatisch schlechter drauf und mir geht die Energie flöten.
In wenigen Tagen stellt sich Unwohlsein ein. Ich kann mich schlecht konzentrieren und schwerer erinnern.
durch den Schlafmangel und wenig Essen entstehen Schwindel und Schwäche.
Das nagt gewaltig an meinem Selbstbewusstsein. Ich bin zu fahrig und kraftlos. Bekomme Angst.
Ein geringes Selbstbewusstsein befeuert meine Grübelattacken.
Der Kreislauf beginnt von vorn…
Vgl. Die Depressionsspirale: der Teufelskreis der Depression
Körperliche Symptome der larvierten Depression
Verdauung
Reizdarm
Durchfall
Verstopfung
Bauchweh
Sodbrennen
Übelkeit
Erbrechen
Blähungen
Appetitlosigkeit
Kreislauf
Schwindel
Zittrige, weiche Knie,
Kreislauf-Probleme
Schwäche-Anfälle
Hitzewallungen
Frösteln & Zittern
starkes Schwitzen
hoher Blutdruck
Augen
Augenflimmern
unklares Sehen
Licht-Empfindlichkeit
schmerzende Augen
Infektionen
Sehstörungen
Ohren
Tinnitus
Geräusch-Empfindlichkeit
Ohren-Schmerzen
Ohrendruck
vermindertes Hörvermögen
Herz
Herzklopfen
Herzrasen
Herzstechen
Druckgefühl oder Brennen
Panzergefühl um die Brust
Atmung
Atemnot
Druck auf der Brust
Engegefühl
Beklemmungs-Gefühl
Kopf
Kopfschmerzen
Migräne
Kopfspannen
Kopf- und Nacken-Schmerzen
Schlaf
Einschlaf-Probleme
Durchschlaf-Probleme
frühes Aufwachen
Zähneknirschen (Bruxismus)
erhöhtes Schlafbedürfnis
Rücken
Rücken-Beschwerden aller Art
Verspannung an diversen Körperstellen
Genitalien
Libido-Verlust
Zwischenblutungen bei Frauen
Potenzverlust beim Mann
Infektionen
Sonstiges
trockener Mund
Mundbrennen
Kloß im Hals
Schnürgefühl im Hals
erhöhte Infektanfälligkeit
Gewichtsverlust
Larvierte Depression & ihre atypischen Symptome
12 Hinweise der körperlichen Depression
1. Depressive sprechen anders
Interessant ist, dass sich Depressionen tatsächlich im Wortgebrauch von Betroffenen niederschlagen (2). Eine Studie von 2018 ergab: Kranke nutzen häufiger Wörter, die negative Gefühle ausdrücken: traurig, einsam, wertlos, miserabel, immer, nie, total.
Auch gebrauchen Menschen mit Depressionen öfter die Worte ich, mein, mich (logisch, durch die Erkrankung, sind Betroffene stark auf ihr Innenleben ausgerichtet).
Bei diesen Sätzen, sollten Angehörige & Freunde aufmerksam werden:
Ich weiß nicht, was mit mir nicht stimmt
Ich bin sehr müde
Ich kann nichts
ich bin nichts wert
Ich will nicht mehr
Ich bin für euch nur eine Last, ohne mich ginge es euch besser
Sobald die Sprache auffällig negativ wird und andere Symptome hinzukommen, könnte es sich um eine larvierte Depression handeln.
2. Depressive haben starke Ängste (3)
Laut verschiedenen Berufsverbänden und Fachgesellschaften, treten bei 70-80 % der Patienten depressive Episoden zusammen mit Angstgefühlen auf.
Depressive Angst ist typisch
Die Angst ist ein entscheidendes Symptom bei Depressionen.
Sie geht häufig mit überwältigender Scham einher.
Bei einigen – wie bei mir – ist die Angststörung eine komorbide Erkrankung zur Depression. Zumindest wird das gemäß offizieller Diagnosekriterien so vermutet.
Die Angst zeigt sich in extremen Anfällen von Schwindel, Herzrasen & Übelkeit, schlägt sich aber auch in der Sprache von Betroffenen nieder.
Nicht selten ist von Existenzängsten die Rede, aber auch von Furcht vor einem finanziellen Ruin oder die Familie ins Verderben zu führen.
Ich habe durch die Depression ständig die Angst, dass ich alle nur (über)belaste, sich alle von mir abwenden könnten, weil meine Krankheit ihnen zu kompliziert ist. Ich ihnen zu anstrengend werde. Ich als verrückt und hoffnungsloser Fall abgestempelt werde.
Oder noch schlimmer: Dass ich die schlimmste Last für meine Lieben bin und sie ins Unglück stürze.
3. Depressive können aggressiv und gereizt sein (4)
Das ist angeblich häufiger bei Männern der Fall, dennoch kenne ich dieses Verhalten bei Depressionen von mir selbst. Vgl. Depression bei Männern: Wut auf Partner
Wenn sich eine depressive Phase anbahnt, kann ich äußerst gereizt auf alles und jeden reagieren. Ich bin in solchen Momenten komplett überfordert: jeder Reiz – egal ob Licht, Lärm oder Gespräch – ist mir zu viel.
„Eine Depression zeigt sich (...) häufig nicht durch Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit, sondern in Form von Reizbarkeit, Ärger und Enttäuschung. Häufig treten Betroffene in Situationen geradezu feindselig auf, wirken unkontrolliert und neigen zu einer nach außen gerichteten Vorwurfshaltung“, sagt Prof. Dr. med. Wolfgang Maier, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin.
„Gereiztheit und plötzliche Wut können in Kombination mit körperlichen Symptomen wie Herzklopfen, Kurzatmigkeit und Schwindelgefühlen einhergehen sowie mit Angst und einem Gefühl des Kontrollverlustes.“
Wie gesagt, Aggression & Gereiztheit sind bei Männern mit Depressionen verbreitet. Frauen können jedoch genauso gereizt und missmutig auftreten. Auch plötzliche Gefühlsausbrüche und Stimmungsschwankungen sind Ausdruck von Reizbarkeit bei Frauen.
4. Viele Depressive klagen über Augenprobleme (5)
Es gibt einen Grund, warum wir Volksweisheiten wie „Schwarz sehen“, „Alles nur grau in grau sehen“ nutzen. Tatsächlich zeigen Studien, dass Depressive anders wahrnehmen. Kontraste verblassen, Farben verlieren an Intensität, die Sicht ist bisweilen unklar verschwommen. Außerdem ist erwiesen, dass sich Stress sehr schlecht auf die Augengesundheit auswirkt. Schlechter Sehen durch Stress ist sogar häufig.
Depressionen & Augen
Die Forschung vermutet bei Depressionen einen zusätzlichen Mangel am neuronalen Botenstoff Dopamin. Nach dieser Theorie kommt es zu einer Unterversorgung der Augen mit dem Neurotransmitter.
Denn Dopamin ist wichtig für Herz-Kreislauf-Funktionen, das Immunsystem, Feinmotorik und Konzentrationsfähigkeit.
Darüber hinaus können sich Erschöpfungsdepression (Burnout) an den Augen bemerkbar machen.
Augenprobleme, die bei versteckten Depressionen auftreten können
Augenflimmern
verschwommen Sehen
unklares Sehen
müde Augen
trockene Augen
schmerzende Augen
schwere Augen trotz Schlaf
Sehstörungen
5. Depressive haben Entscheidungsschwierigkeiten
Gedankenkarusselle und Unsicherheit vor Entscheidungen gehören zusammen. Depressive sind ständig hin- und hergerissen und haben Angst, sich falsch zu entscheiden.
Permanent wird gegrübelt, ob dies oder jenes richtig gesagt, getan, beurteilt etc. wurde. Das Problem dabei: die Grübeleien nehmen kein Ende und drehen sich im Kreis.
Auch das ist ein Symptom der versteckten Depression. Denn die meisten halten mich dann einfach nur für unsicher, verstehen aber die aufreibenden Gedankenspiralen dahinter nicht.
6) Smiling Depression
Die Lächelnde Depression ist ein Begriff, der sich mittlerweile in der Fachliteratur findet. Negative Gefühle weglächeln, insbesondere vor anderen, sich aber innerlich immer abgestorbener, schwächer und mies fühlen. Vgl. auch “Good Vibes Only - Toxische Positivität”
7) Unzuverlässig & vergesslich oder flatterhaft
Jemand, der sonst voller Elan war, wirkt plötzlich unzuverlässig, faul, vergesslich, unkonzentriert und lustlos? Verminderter Antrieb und Interesselosigkeit sowie Leistungsabfall sind typisch für Depressionen.
Und die kommen meist schleichend. Die innere Unruhe und Anspannung, die mich als Depressive beherrschen, können aber auch dazu führen, dass ich flatterhaft wirke und ständig getrieben werde, irgendetwas zu tun, Hauptsache Ablenkung (Agitiertheit bei Depressionen).
8) Plötzliche Gefühlsausbrüche
Selbst wenn es eine Frau ist: Stimmungsschwankungen und Gefühlsausbrüche haben nicht unbedingt etwas mit den weiblichen Hormonen zu tun. Mann und Frau wirken oft extrem gereizt, impulsiv und aggressiv, aber auch taurig oder frustriert. Wenn alles zu viel wird und Du weißt nicht warum, dann bist du wie ein verwundetes, panisches Tier in die Ecke gedrängt. Was tue ich, um mich zu schützen? Ich drohe und schlage um mich, so verzweifelt bin ich.
9) Sehr unsicher wirken
Meine versteckte Depression zeigte sich in einem ständigen Abwägen, Grübeln, Hin- und Hergerissensein. Wirklich jede verdammte Entscheidung ist derart mit Unsicherheit & Sorgen behaftet, dass ich mir wenig zutraue. Ohne es zu merken. Alles, was ich als Depressive selbst davon wahrnahm, war diese extreme Unsicherheit und “Was wäre wenn”-Gedanken.
10) Starke Erschöpfung & Müdigkeit
Anhaltende Schlafstörungen und ständige Erschöpfung sind ein starkes Anzeichen für versteckte Depressionen. Viele beschreiben ein umfassendes Gefühl von bleierner Schwere. So als wäre der Körper mit starrem, kaltem Blei umhüllt. Die Gliedmaßen lassen sich nur noch mit äußerster Willenskraft bewegen.
Gleichzeitig finden Betroffene nicht den ersehnten Schlaf, der Erholung und Regeneration bringen könnte.
11) Purer Aktionismus
Eigentlich ist ja Antriebsmangel ein depressives Leitsymptom. Allerdings nicht bei der larvierten, körperlichen Depression oder anderen atypischen Depressionen.
Starke Unruhe & Bewegungsdrang bei Agitiertheit
Ist die innere Unruhe am Zug, dann platze ich vor Aktivitätsdrang! Alles, nur nicht herumsitzen, versteinert sein, denken und fühlen. Ablenkung hilft der inneren Unruhe irgendwie und kurzfristig nachkommen. Sei es durch…
mehr Sport bis hin zum Körperkult
mehr Reisen & Erlebnisse,
mehr Arbeiten & Leisten,
mehr ehrenamtliche Tätigkeiten,
mehr Selbstoptimierung (entspannter, glücklicher, fitter werden)
12) Zwanghafte Selbstdisziplin
Evtl. kommt daher die frühere Beschreibung neurotische Depression. Für versteckte Depressionen sind neurotische Verhaltenszüge typisch. Mit Hilfe von festen Ritualen und Tagesabläufen soll der inneren Verzweiflung entgegengewirkt werden. Verständlich, Rituale, Wiederholungen geben die Sicherheit der vermeintlichen Kontrolle. (Vgl. Angst vor Kontrollverlust)
Kann ich selbst eine larvierte Depression erkennen?
Ist nicht ganz so einfach. Wie gesagt, das Ding ist ja maskiert. Aber folgende Fragen können Dir vielleicht helfen:
Leide ich häufig unter Stimmungsschwankungen?
Bin ich sehr unzuverlässig (geworden)?
Esse ich aus Frust oder gar nicht?
Ziehe ich mich häufig(er) zurück?
Leide ich unter Schlafstörungen?
Bin ich oft so erschöpft, dass ich kaum mehr als den Alltag schaffe?
„Der Mensch wird nur gesund, wenn er über seine Schattenseiten spricht“
Körperliche Depressionen sind keine Seltenheit
Ständig schlapp sein, Krankheitsgefühle, Angst, Schwächeanfälle & Kreislaufprobleme sind kein Spaß. Ebensowenig wie tiefsitzende Gefühle von Wertlosigkeit, Verzweiflung und Angst. Sich schwer wie Blei fühlen, ist für viele Depressive wirklicher Alltag. Und reduziert die Lebensqualität so sehr, dass sich bei einigen Betroffenen Selbstmordgedanken breit machen.
Egal wie unterschiedlich sich eine depressive Störung letztlich manifestiert, eines ist allen Erscheinungstypen gemeinsam: Ein Mensch, der an Depressionen leidet, hat keine Möglichkeit, sein Leben wie gewohnt weiterzuführen.
Mehr zu den körperlichen Veränderungen » Depression: körperliche Symptome – Korporifizierung des Leibes
Evtl. interessant für Dich » Mythos: Was dich nicht umbringt, macht dich stärker – Wachsen wir wirklich an Traumata?
Vgl. auch Einsamkeit in der Depression – existenziell einsam sein
Quellen:
1) Klinik Bad Wildungen: Depressionen erkennen Hilfe zur Selbsthilfe
2) Sage Journals: Studie “Wie Sprache eine Depression erkennen lässt”
3) Ulrich Kraft: Wenn die Depression auf den Körper schlägt (Apotheken-Umschau)
4) Neurologen und Psychiater im Netz: Frühe Symptome und erste Anzeichen einer Depression
5) Studie: Stress verschlimmert Sehverlust
6) Mirjam Mueller-Stahl: Versteckte Depression
7) Internisten im Netz: Versteckte Depression
8) Ulrike Fuchs, Heilpraktikerin und Psychotherapeutin
9) VFP: Verband Freier Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherpie und Psychologischer Berater e.V.
10) Die Presse: Versteckte Depression
11) Stiftung Deutsche Depressionshilfe
12) Max-Planck-Institut für Psychiatrie: Depression