Depressionsspirale: Teufelskreis Depression – Info & Tipps

Einmal in der Depressionsspirale gefangen, findest Du schwer heraus aus diesem Teufelskreis. Deine depressiven Gedanken bestimmen Deine Gefühle und Dein Tun, Deine Gefühle und Dein Handeln nehmen Einfluss auf Deine Gedanken – und diese Dynamik setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die Dich noch tiefer in die Depression zieht. Doch Du kannst etwas dagegen tun!

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Der Depressions-kreislauf & seine Tücken

lassen sich durchbrechen. Das erfordert Anstrengung und evtl. auch Hilfe von Außen, aber lohnt sich und ist Gold wert.

 

Depression als Teufelskreis

Eine Depression ist nicht einfach eine Krankheit wie jede andere. Sie ist besonders hartnäckig und oft undurchsichtig, wie viele andere psychische Krankheiten. Bist Du daran erkrankt, findest Du Dich in einer sogenannten Depressionsspirale wieder, deren Komponenten einander bedingen und verstärken.

Das bedeutet, Du bist in einem geschlossenen Kreislauf gefangen, der sich immer wieder von selbst erneuert. Eben genauso wie das berühmt-berüchtigte Hamsterrad – nur viel schlimmer.

Diese Depressionsspirale besitzt eine brutale Dynamik, die Dich immer weiter hinabzieht. So tief & gewaltig, dass Du aus dem schwarzen Loch nicht mehr herausfindest.

Die Depressionsspirale wird oft in der Psychoedukation thematisiert. Denn wenn Du weißt, wie die Bestandteile der Depression als Zahnräder ineinander greifen, entdeckst Du auch Möglichkeiten, den Teufelskreis zu durchbrechen. Entweder allein oder mithilfe von Deiner Familie, Deinem Partner oder Deinen Freunden.

 

Depressionsspirale abwärtsgerichtet

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Depressionsspirale in Aktion

Als depressiver Mensch bist Du nicht mehr fähig dazu, Dein Verhalten an positive Verstärker zu koppeln.

  1. Du fühlst Dich niedergeschlagen und zu Tode erschöpft. Dir ist alles zu viel, also möchtest Du niemanden mehr sehen oder etwas unternehmen.

  2. Du bist überanstrengt und ziehst Dich noch weiter zurück. Positive Erfahrungen bleiben aus. Stattdessen fühlst Du Dich einsam.

  3. Deine Stimmung wird noch schlechter, Gedankenkarusselle und Schamgefühle stärker. Du machst nur noch das, was unbedingt zu tun ist, wie Einkaufen und die Spülmaschine einräumen.

  4. Weil Du Dich erschöpft fühlst und keine positiven Erfahrungen machst, fühlst Du dich immer öfter und stärker niedergeschlagen. Jetzt macht Dir gar nichts mehr Freude, Du hast kein Interesse mehr an Deinen Hobbys.

  5. Weil Du niedergeschlagen bist, schaffst Du den Alltag nicht mehr. Weil Du den Alltag nicht bewältigen kannst, regen sich weitere negative Gefühle in Dir. Bis Du den kompletten Nullpunkt erreichst: tiefste Depression mit all ihrer Schwärze.

 

Das Verstärker-Verlust-Modell (Verhaltenspsychologie)

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Zum besseren Verständnis muss ich Dir ein wenig Theorie liefern. In der Verhaltenspsychologie (VT) gibt es verschiedene Konzepte, die eine Depression mit unterschiedlichen Ansätzen erklären. Neben dem Modell der erlernten Hilflosigkeit und dem kognitiven Modell existiert die Verstärker-Verlust-Theorie. Hier gehen die Psychologen davon aus, dass Du depressiv wirst oder bleibst, wenn Du zu wenig positive Verstärkungen erlebst.

Ständiges Grübeln (Gedankenkreisen) ist oft der Einstieg in die Depressionsspirale. In Dir steigen immer wieder negative Gedanken auf, zum Beispiel:

Chronisches Grübeln ist meist negativ geprägt. Das bedeutet, Du beschäftigst Dich nicht mit der Lösung von Problemen, sondern mit Deinem vermeintlichen Anteil am Problem.

Und was passiert mit Dir, wenn Du solche Gedanken immer und immer wieder durchspielst? Sie sorgen für Angst, Selbstabwertung und große seelische Belastungen.

Und jetzt geht es erst richtig los: Je mehr Dich Deine Gedanken zermartern, desto kleiner und ängstlicher wirst Du. Je mehr depressive Angst & Selbstschuld in Dir aufsteigen, umso mehr ziehst Du Dich zurück, meidest soziale Kontakte (vgl. wenn Depressive sich nicht melden), findest keine Freude mehr an Hobbys und verspürst extremste Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Verzweiflung.

Vgl. auch Einsamkeit in der Depression – existenziell einsam sein

 

Was sind Verstärker?

Verstärker sind in der Psychologie Reize, die ein bestimmtes Verhalten in Dir auslösen, um bestimmte Gefühle zu vermeiden oder zu erhalten.

Negativ bedeutet hier, Du vermeidest bestimmte Reize & Verhaltensweisen. Positiv bedeutet, Du forcierst bestimmte Verhaltensweisen & Faktoren.

Negative Verstärker sind alles, was Dir negative Erfahrungen erspart. In einer Depression bist Du voller Angst und Scham, insbesondere vor anderen Menschen.

Damit Angst und Scham gar nicht erst aufkommen, vermeidest Du den Kontakt mit anderen Menschen. Was hier verstärkt wird, ist dein Verhalten, Dich sozial zurückzuziehen und Dich von Deinem Umfeld fernzuhalten. Im Großen & Ganzen etwas, das sich allerdings negativ auf Deine Befindlichkeit auswirkt.

Positive Verstärker sind Reize, die Dein Verhalten ebenso beeinflussen, die Du aber nicht vermeidest. Denn die bescheren Dir positive Gefühle & Gedanken, weil Du positive Erlebnisse gewinnst.

Wirst Du zum Beispiel jedes Mal gelobt, wenn Du den Hund Gassi führst, dann ist das Gassi gehen für Dich ein positiver Verstärker, der in Dir Wohlgefühl und Freude auslöst, weil Du damit eine positive Erfahrung herbeiführst: das Lob.

 

Depressionsspirale durchbrechen – Tipps & Erklärung

Die gute Nachricht zuerst: Du kannst etwas tun, um diese Abwärtsspirale aufzuhalten.

Die schlechte Nachricht: Es wird nicht von heute auf morgen klappen. Du bist an Depressionen erkrankt und darfst Geduld mit Dir selbst haben.

Bitte mach Dich auch nicht fertig wegen Rückschlägen. Die passieren uns allen und sind vollkommen natürlich. Wichtig ist nur, dass Du dran bleibst bzw. Dich immer wieder aufraffst.

Was ist genau zu tun, um die Depressionsspirale zu durchbrechen?

Du musst sie umdrehen. Heißt, anstatt negative Verstärker brauchst Du positive Verstärker, also Verhaltensweisen, die Dir gut tun, Dir schöne Erlebnisse bescheren und dadurch auch gute Gefühle und Gedanken.

Die meisten Betroffenen machen eine Liste von Aktivitäten, die ihnen besonders gut tun und Freude bereiten.

Beispiele hierfür sind:

  • im eigenen Garten arbeiten

  • einen Wellness-Tag für Dich genießen

  • kreativ sein (Schreiben, Malen, Häkeln etc.)

  • Meditieren

  • Sport machen

  • Urlaub planen

  • Haustiere beobachten und versorgen

  • Spaziergang in der Natur

  • ein leckeres Dessert selbst zubereiten

  • in Ruhe ein Buch lesen

 

Depressionsspirale aufwärtsgerichtet

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Depressionsspirale umkehren

  1. Du bist zutiefst depressiv und leidest: Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, keine Energie. Dir ist eigentlich alles zu viel.

  2. Trotzdem schaffst Du es, Dich aufzuraffen und eine Sache zu tun, die Du schon lange vor hattest. Zum Beispiel die Wäsche waschen, Einkaufen gehen, mit einer Freundin treffen, ein Gericht kochen etc. Irgendetwas Einfaches.

  3. Weil Du diese eine Sache endlich geschafft hast, verbessert sich Deine Laune. Du hast positive Gedanken und Gefühle.

  4. Im nächsten Schritt nimmst Du eine weitere Sache hinzu oder etwas, das nichts mit Alltagspflichten zu tun hat. Zum Beispiel könntest Du ins Kino gehen, etwas Schönes shoppen gehen, in ein Cafe gehen etc.

  5. Daraufhin verbessert sich Deine Stimmung weiterhin positiv. Jetzt traust Du Dir zu, weitere Aufgaben oder Unternehmungen zu planen.

 

2 Prinzipien bei der aufwärtsgerichteten Depressionsspirale

Bei all den tollen Dingen, die Dir vielleicht einfallen, will ich Dich bitten, Dir über diese 2 Prinzipien bewusst zu sein. Ansonsten könnte der Schuss nach hinten losgehen und Du landest wieder auf dem A***


a) Passe die Aktivität Deiner aktuellen Belastbarkeit an

Ganz wichtig finde ich, dass Du Dir nicht zu viel vornimmst. Du solltest auf Dich achten und Dich nicht gleich überfordern. Hast Du wochen- oder tagelang das Haus nicht mehr verlassen, dann musst Du nicht gleich einen Spaziergang im belebten Stadtpark einplanen.

Mach kleine Schritte: Spaziere in Deinem Garten herum. Oder verbringe etwas Zeit auf dem Balkon und beobachte die Vögel, die Baumkronen oder die Wolken am Himmel.


b) Achte auf selbstbestimmbare Aktivitäten

Das spielt für mich persönlich eine große Rolle und auch für viele andere Betroffene. Die Selbstbestimmbarkeit, mit der Du jederzeit und flexibel die Situation auf Deine Bedürfnisse anpassen kannst.

Anstatt Deine Freunde zu Dir einzuladen, solltest Du sie bei sich zuhause besuchen gehen. Warum? Erstens bist Du so aktiv, anstatt passiv auf ihr Eintreffen zu warten. Zweitens kannst Du gehen, sobald es Dir zu viel wird.

Denn wäre Dein Besuch bei Dir zuhause, wirst Du Dich sehr viel schwerer tun. Entweder weil Du ein schlechtes Gewissen bekommst, wenn Du sie bittest, zu gehen, oder weil Du nichts sagst, während es Dir wieder schlechter geht, und so eine negative Erfahrung sammelst.

 

Fazit: Depressionsspirale

Das klingt jetzt natürlich alles super einfach – in der Theorie! Das Ganze umzusetzen ist wieder eine ganz andere Sache, die überhaupt nicht leicht fällt.

Ich spreche da aus Erfahrung. Ich selbst gerate in depressiven Episoden immer wieder mal in den Sog der Depressionsspirale und kann mir dann nicht helfen.

In der Regel vergeht diese Zeit aber wieder und irgendwann finde ich den Mut oder die Kraft, mich wieder Stück für Stück ins Leben zurückzukämpfen. Manchmal schaffe ich das ganz allein. Manchmal brauche ich aber auch Hilfe – bei meinem letzten Einbruch brauchte ich wieder psychotherapeutische Unterstützung, um wieder aus dem Loch zu kriechen.

Ich möchte Dir mit diesem Text sagen, dass es uns allen so geht: jedem Menschen, der an Depressionen leidet. Egal ob jung oder alt, dick oder dünn, reich oder arm. Das ist völlig okay 😉 Ich bin kein schlechter Mensch deswegen.

Und Du schon gleich zehnmal nicht! (vgl. auch Selbstmitgefühl)


Quellen:

1) Sam J: Psychoedukation: Die Depressionsspirale & positive Aktivitäten
2) Wikipedia: Verstärker-Verlust-Theorie
3) Stangl Online-Lexikon der Psychologie und Pädagogik: negative Verstärkung
4) Claudia Eberhard-Metzger: Depression – Wege aus der Schwermut. Forscher bringen Licht in die Lebensfinsternis (Manuskript vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2007)
5) Deutsches Bündnis gegen Depressionen
6) Stiftung Deutsche Depressionshilfe
7) Psychatrienetz: Depressionen
8) Dr. Ulrike Lersner: Toolbox Therapiematerialien: Depressionsspiralen

Tamara Niebler (Inkognito-Philosophin)

Hi, ich bin Tamara, freie Journalistin & studierte Philosophin (Mag. phil.). Hier blogge ich über persönliche Erfahrungen mit Depressionen & Angst – und untersuche psychische Phänomene aus einer dezidiert philosophischen Perspektive. Zudem informiere ich fachkritisch über soziale Ungerechtigkeiten und gesellschaftliche Missstände, die uns alle betreffen.

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