14 Dinge, die Du nie zu depressiven Menschen sagen solltest

Sätze, die man Depressiven niemals sagen sollte, sind oft vergleichend, wertend und taktlos. Meist aus Verlegenheit, weil Du dem Menschen mit Depressionen eigentlich helfen willst. Lies hier, was Du besser nicht zu depressiven Menschen sagen solltest und warum.

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Was Du lieber nicht zu Menschen mit Depressionen sagen solltest

 

Was Depressive nicht hören wollen

Leidet der Partner oder ein nahe stehender Mensch unter Depressionen, wissen viele nicht, was sie sagen sollen. Gesunde Menschen können depressive Gedanken & Gefühle nicht nachvollziehen. Und wir Betroffenen selbst können sie schwer in Worte fassen. Vgl. auch Depression beim Partner – Stress, Überforderung & Probleme

Aus Unwissenheit und dem Drang zu helfen, kommen Dir dann Worte über die Lippen, die kontraproduktiv sind und manchmal alles nur noch schlimmer machen.

Hier findest Du eine Liste mit 14 Sätzen, die Du zu Depressiven besser nicht sagen solltest.

 

14 Dinge, die man niemals
zu depressiven Menschen sagen sollte

 

1) „Du musst mit Dir selbst klar kommen“

Der Satz fällt leider häufiger als Du denkst. Dabei zeigt er vor allem eines: dass sich der andere nicht richtig über die Krankheit Depression informiert hat.

Psychische Probleme haben tiefgehende Ursachen, sind aber kein Verschulden der eigenen Person. Eine Depression entsteht aus verschiedenen Gründen, kann aber jeden treffen – egal wie glücklich und erfolgreich.

Das ist wie bei Krebs, den einen trifft es, den anderen nicht.

 

2) „Ich kenn’ das. Ich bin manchmal auch deprimiert“

In der Umgangssprache nutzen wir „deprimiert“ oder „depri“ als Synonyme für schlecht drauf sein oder traurig sein. Mit einem schlechten Tag, wie ihn jeder mal erlebt, hat eine Depression aber rein gar nix zu tun.

Depressive Menschen zu verstehen, also so richtig das Leid desjenigen nachvollziehen, das kannst Du als Gesunder kaum. Können ich und andere Betroffene ja selbst nicht einmal vollständig, wenn es uns wieder besser geht.

Der Vergleich hinkt also extrem und verharmlost das psychische und körperliche Krankheitsleiden von depressiven Menschen. Lass solche Sätze daher lieber sein, so nett sie auch gemeint sind.

 

3) „Mach doch irgendwas, das Dir Spaß macht.“

Die Intention ist schon klar. Du willst den Betroffenen dazu bewegen, sich mit positiven und schönen Dingen zu beschäftigen. Aber wie bei jeder handfesten Krise, kann sich kein Mensch einfach mal so auf die Schnelle ablenken, wenn es ihm schlecht geht. Und Depressionen sind eine Krankheit, da helfen solche Ratschläge nicht weiter. » Warum Ratschläge wie Schläge sind

Dazu gehören übrigens auch so berühmte Sätze wie „Du musst mehr auf Dich achten.“ oder „Geh doch mal raus und triff Freunde, das lenkt ab.“

Depressive sind krank. Keine Liebe oder Freundschaft der Welt kann Depressionen heilen. Depressive Menschen brauchen fachärztliche Unterstützung, auf andere Weise werden sie nicht wieder gesund.

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4) „Hör’ auf, die ganze Zeit daran zu denken, wie schlecht es Dir geht.“

Wieder ein gut gemeinter Ratschlag, der in Schall und Rauch verpufft. Du musst wissen, ein Symptom von Depressionen sind negative Gedankenkreise. Betroffene können sich selbst nicht einfach daraus befreien, sie brauchen Therapie, Übung und viel Geduld.

Ich weiß, wenn Du nicht selbst Depressionen erlebt hast, dann erscheinen Dir die Gedankengänge von depressiven Menschen unlogisch und sinnfrei. Das ist auch okay so, denn Du bist ja gesund und der andere krank.

Grübeln und alles negativ zu sehen, sind keine Entscheidungen, die man in einer Depression trifft. Das sind Dinge, die die Depression erzeugt und mit allen Mitteln aufrechterhält.

Das Schlimmste an diesem Satz: er verstärkt bei Depressiven die quälenden Selbstzweifel und Schuldgefühle, die an ihnen nagen. Sie machen sich dann selbst fertig, weil es ihnen schlecht geht und sie sich hilflos fühlen.

 

5) „Kopf hoch, das wird schon wieder. Alles wird gut.“

Das ist es ja gerade: für einen depressiven Menschen wird gar nichts gut. Da ist einfach keine Hoffnung und kein Licht mehr. Die Zeit kann keine Depression heilen, sie vergeht nicht einfach so. (Auch wenn manche depressive Phasen selbstlimitierend sind)

Depressive Menschen verlieren immer mehr den Sinn fürs Leben, sie können nicht hoffen und positiv denken. vgl. auch: Depression: gestörtes Zeitgefühl

 

6) „Du hast doch eigentlich alles, was Du brauchst und ein schönes Leben“

Diese Art der Argumentation ist absolut kontraproduktiv. Und im Übrigen sehr oberflächlich. Eine Depression macht keine Unterschiede, wen sie befällt.

Sie schert sich genauso wenig wie ein Tumor darum, wer Du bist, wie alt Du bist oder was Du erreicht hast.

Wenn Du sagst „Du hast doch alles“, dann triggert das im Betroffenen wieder starke Schuldgefühle und Scham.

Nochmal: Depressionen sind eine Krankheit. Sie kommen nicht aus eigenem Verschulden und haben nichts mit Charakterschwäche, Überempfindlichkeit oder Faulheit zu tun.

 

7) „Du musst Dich nur zusammenreißen“

Alter Schwede! Taktloser geht es kaum noch, oder? Leider reißt der Satz noch tiefere Wunden bei einem Menschen mit Depressionen. Du musst verstehen, derjenige hat schon alles versucht und getan. Aber gegen die Krankheit kann er nur mit Therapie und Deiner Unterstützung ankommen.

 

Depressionen mit Philosophie verstehen lernen

 

8) „Lach doch mal“

Bitte sag’ das nicht. Ja, depressive Menschen können lachen – ist ja eine ganz einfache Körperfunktion, die sich willentlich steuern lässt. Und depressive Menschen lachen oft (Stichwort: Smiling Depression), damit niemand merkt, wie es ihnen in Wirklichkeit geht.

Davon mal abgesehen: Wenn es einem Depressiven schlecht geht, dann ist dieser Spruch gemein und Aufmunterungsversuche auch daneben. Dem Menschen geht es richtig seelisch schlecht, da hilft kein Späßchen oder ein Witz.

 

9) „Immerhin hast Du keine schlimme Krankheit, bist körperlich gesund“

Auch wieder so ein hartnäckiger Mythos.

Doch, Depression ist eine schwere und tödliche Krankheit. Eine Krankheit des Geistes, die das gesamte Leben beeinträchtigt und auch den Körper betrifft.

Unbehandelt führen sie oft zum Selbstmord (vgl. Selbstmordgedanken). Außerdem lösen Depressionen jede Menge körperlicher Leiden aus, die alles andere als harmlos sind.

Vgl. Depression & körperliche Symptome – Philosophie: Korporifizierung des Leibes

Einige Betroffene müssen ständig mit handfesten körperlichen Schmerzen, Schwindelattacken, Schwächeanfällen und noch vielem mehr kämpfen. Zum Beispiel sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht selten ein Resultat von Depressionen.

 

10) „Du bist doch immer so fröhlich und stark. Du schaffst das schon irgendwie.“

Es ist unglaublich, wie viele Jahre ein Mensch sein Leiden verstecken kann und für andere völlig normal wirkt. In einer Depression fühlt man sich weder stark noch fröhlich. Alles ist nur Maskerade, das Lächeln aufgesetzt.

Kommt dann auch noch so ein Satz, fühlen sich Betroffene noch unzulänglicher, schwächer und schämen sich dafür.

Es klingt, als wären ihre Probleme nicht wichtig. Wie bereits gesagt, hat ein Depressiver keinerlei Hoffnung, dass sich sein Befinden bessern könnte.

 

11) „Warum bist Du immer noch depressiv? Du machst doch Therapie. Mittlerweile müsste es Dir besser gehen.“

Wenn es so leicht wäre, den Grund für Depressionen herauszufinden, würde die Zahl an Erkrankungen nicht weiter zunehmen. Außerdem gibt es keine logischen Gründe für eine Depression oder depressive Phase. Depressionen sind auch kein Schnupfen im Kopf, der abheilt und gut is’.

Rückfälle passieren häufig. Und nur weil jemand seine Medikamente nimmt und Therapie macht, geht es ihm nicht automatisch besser.

Zunächst kann eine Verschlimmerung eintreten, weil sich der Patient mit seinen Problemen auseinandersetzt. Dann ist noch die Frage, ob die Therapie anschlägt usw. Der Weg aus der Depression ist lang und nicht einfach.

Vgl. Depressiver Partner zieht mich runter – Gründe & Tipps

 

12) „Versuch doch mal XYZ, das wird helfen“

Meditation, Yoga, Sport im Freien, vollwertiges Essen, duftende Entspannungstees ... ist ja alles schön und gut, aber das bringt es nicht.

Diese Dinge unterstützen eine Therapie bei Depressionen und sind auch danach eine sinnvolle Rückfall-Prophylaxe.

Ein Patentrezept gegen die Erkrankung sind sie allerdings nicht. Auch Yogis, Künstler, Philosophen und Sportler sind schon an Depressionen erkrankt.

 

13) „Du siehst gar nicht depressiv aus“

Das ist einer der schlimmsten Sprüche, die Du zu einem Depressiven sagen kannst. Darunter fallen auch Sätze wie „Du siehst aber gut aus.“ oder „Man sieht Dir das gar nicht an.“

Warum sind diese Worte so problematisch für depressive Menschen? Weil sie dem Betroffenen seine innere Zerrissenheit, für die kein Verständnis herrscht, unter die Nase reiben.

Es gibt Depressive, denen kannst Du ihr Leid direkt ansehen. Es gibt aber noch viel mehr Erkrankte, bei denen Du niemals eine Depression vermuten würdest.

Wie bei jeder anderen Krankheit eben auch: Diabetes kannst Du niemandem ansehen, genauso wenig wie Schilddrüsendysfunktionen, Herz-Krankheiten oder Nierenschwäche.

Außerdem impliziert der Satz, dass es gar nicht so schlimm sein kann, wenn man „noch gut“ aussieht.

 

14) „Das ist alles nur in Deinem Kopf.“

Ja, Depressionen sind eine seelische Krankheit. Es ist jedoch faktisch absolut falsch und viel zu kurz gedacht, psychischen Leiden ihre Wirklichkeit abzusprechen.

Das, was ein depressiver Mensch fühlt und denkt, ist echt. Keine Einbildung.

Diese Gefühle und Gedanken müssen zwar hinterfragt werden, an ihrer Existenz und Realität ist aber nicht zu rütteln. Das beweist alleine die Tatsache, dass psychische Leiden sich auch körperlich manifestieren und bestimmte Beschwerden sowie Krankheiten hervorrufen können.

Lies auch: Liebe Worte für depressive Menschen – 30 Sätze mit aufmunternden Worten


 

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Tamara Niebler (Inkognito-Philosophin)

Hi, ich bin Tamara, freie Journalistin & studierte Philosophin (Mag. phil.). Hier blogge ich über persönliche Erfahrungen mit Depressionen & Angst – und untersuche psychische Phänomene aus einer dezidiert philosophischen Perspektive. Zudem informiere ich fachkritisch über soziale Ungerechtigkeiten und gesellschaftliche Missstände, die uns alle betreffen.

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