Gedankenspirale (Gedankenkarussell) – mehr als bloß Grübeln
Eine Gedankenspirale (= Gedankenkarussell) & Grübeln sind nicht das gleiche, auch wenn sie gerne synonym benutzt werden. Bei Grübeleien handelt es sich um einen ganz normalen Vorgang, Gedankenspiralen sind dagegen krankhaft. Wichtig ist, die Unterschiede zu erkennen und Möglichkeiten, sich aus dem zermürbenden Gedankenkarussell zu befreien.
Grübeln oder Grübelschleife?
Diese Unterscheidung ist wichtig, um pathologisches Gedankenkreisen von gesunden Grübeleien zu differenzieren und richtig damit umzugehen.
Inhaltsverzeichnis: Gedankenkarussell (Gedankenspirale)
Gedankenkarussell stoppen – mit detailliertem Nachdenken
Fazit: Gedankenspirale
Gedankenspiralen sind kräftezehrend
Gedankenkarusselle rauben Energie
Jeder von uns grübelt. Das macht noch keinen kranken Menschen aus Dir. Grübeln ist sogar stink normal und bedeutet, dass Du Dich intensiv mit einem bestimmten Thema oder Problem auseinandersetzt.
Was völlig anderes ist es, wenn Du im Gedankenkarussell gefangen bist. Dann kannst Du Deine Gedanken nicht mehr lenken, nicht abschalten, nicht schlafen usw.
Permanent beschäftigt Dich ein einziger Gedankenkomplex in beängstigender und sorgenvoller Weise.
Gedankenkarusselle sind pathologisch. Sie führen zu keiner Lösung und setzen Dein Denken gefangen. Du bist sozusagen festgefahren, es geht weder vor noch zurück.
Menschen, die diese Art von krankhaften Denkprozessen nicht kennen, können sich nicht ausmalen, wie quälend das Ganze ist.
Gedankenkarusselle haben negative Auswirkungen auf Geist & Körper
Gedankenkarusselle treten bei Krankheiten wie Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen, PTBS, Borderline (vgl. Borderline-Depressiv) etc. auf. Ohne Ausnahme erzeugen sie Leid in Dir und schränken Deine Erlebnisfähigkeit ein. Kein Wunder, dass sich gesundheitliche Probleme ausbilden, die Dein Leben wesentlich beeinflussen
Auswirkung von negativen Gedankenspiralen
Gefühl der Ohnmacht & Hilflosigkeit
Schlafstörungen
Konzentrationsverlust
Gedächtnisschwäche
psychosomatische Beschwerden
Verlust an Selbstvertrauen
Erschöpfung
Vulnerabilität vgl. auch Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Infektanfälligkeit
Warum wirkt sich das Gedankenkarussell negativ auf Deine Gesundheit aus?
Dazu gibt es Forschungen.
Es ist mittlerweile erwiesen, dass stetig wiederkehrende negative Gedanken Dein Immunsystem beeinträchtigen und gleichzeitig Stress auslösen.
Cortisol wird bei Stressempfinden aktiv und versetzt Deinen Körper & Geist in einen dauerhaften Alarmzustand.
Passiert das einmal, ist das nicht schlimm. Da das Gedankenkarussell aber als immer wiederkehrend definiert ist, stehst Du unter Dauerstress. Und der macht krank oder zumindest anfällig für Krankheiten körperlicher und geistiger Art.
Was bedeutet Grübeln?
Um Dir den Unterschied noch einmal zu verdeutlichen, sehen wir uns die Sprachgeschichte zum Wort an. Grübeln stammt etymologisch von „graben“ ab und ist der Iterativ dazu: eine stetige Wiederholung von Vorgängen.
Ein pointiertes Bild: Wer grübelt, der gräbt unermüdlich in die Tiefe seines Denkens.
Im 18. Jahrhundert wurde Grübeln positiv interpretiert. Die Romantiker sahen darin eine Art Tiefsinn des Gemüts. So ähnlich wird auch Grübeln in der Umgangssprache benutzt. Man tüftelt, rätselt, denkt nach, sinniert aus freiem Willen über eine Sache oder Person.
Erst durch den Psychiater W. Griesinger bekam das Wort Grübeln in der Psychopathologie eine negative Bedeutung als Zwangsvorstellung in Frageform. In der heutigen Psychologie unterscheiden die Mediziner zwischen normalem und pathologischem Grübeln.
Unterschied: Gedankenspirale und Grübeln
Warum grübeln Menschen?
Normales Grübeln ist in erster Linie eine Reaktion auf Probleme und Schwierigkeiten. Also typisch, wenn Du in Konflikt mit jemanden oder etwas gerätst. Oder mit Stress und Krisen konfrontiert bist.
Mit dem intensiven Nachdenken darüber versuchst Du Lösungen zu finden und kannst Fehler vermeiden. Beschäftigt sich Dein Grübeln um Vergangenes, hilft es dabei Dein eigenes Verhalten und Deine Haltung zu reflektieren und zukünftig zu korrigieren. Also eigentlich ganz cool, oder?
Bedeutung von Gedankenkarussell
Beim Gedankenkarussell nimmt diese verkettete Denkweise allerdings heftige Ausmaße an. Das Grübeln wird zur Grübelspirale, die so einen überwältigenden Sog auf Deine Gedanken ausübt, dass Du ihr nicht entkommen kannst.
Egal wie sehr Du Dich auch bemühst. Wissenschaftler sprechen von Rumination, einem ständigen Wiederkäuen von Gedanken.
Gedanken im Karussell drückt es im Grunde recht plastisch aus: Immerzu und anhaltend kreisen Deine Gedanken und schränken Deinen Alltag erheblich ein. Sie haben eine Gewalt über Dich, dass Sie Dich brutal und unerbittlich nieder ringen.
Gedankenspirale und psychische Krankheiten
Oft ist die Gedankenspirale Symptom einer psychischen Störung. Bei Depressionen ist Gedankenkreisen sogar ein Hauptsymptom. Als Depressiver drehen sich Deinen Gedanken in extremsten Auswüchsen um Deine eigene Person.
Sie „sprechen“ von Deiner Minderwertigkeit, werfen Dir die schlimmsten Dinge vor und rauben Dir das kleinste bisschen Hoffnung auf Besserung. Die Grübelspiralen sind so extrem, dass Du Dich nicht mehr lebensfähig fühlst.
Auch bei Angststörungen kommt pathologisches Grübeln vor, nicht in allen Fällen, aber in manchen. Hier sind Deine Angstgedanken vor Menschen, Katastrophen, Objekten etc. so präsent, dass sie Dir fast jede Handlungsmöglichkeit rauben.
Im Zusammenhang von Gedankenschleifen und Zwangsstörungen spricht man von einem Grübelzwang. Das Gedankenkarussell drängt sich Dir dann in Bildern & Vorstellungen, Ideen und Impulsen auf, die kaum zu unterdrücken sind. Die krankhaften Gedanken schießen plötzlich und aggressiv in Deinen Kopf. Meist sind sie Deinen eigenen Werten völlig fremd, weshalb Du extreme Angst und Schuld verspürst.
vgl. auch Depression: Bilder im Kopf (Intrusionen) – Was hilft?
Gedankespiralen erkennen
Manche empfehlen 2, andere 5 Minuten – so lange sollst Du Deiner Gedankenschleife folgen und dann Bilanz ziehen:
Bist Du zu neuen Erkenntnissen gekommen?
Wie geht es Dir jetzt?
Bist Du jetzt gelöster oder noch besorgter/ängstlicher/verstimmter?
Anhand der Antworten auf diese Fragen, erkennst Du, ob es sich um einen produktiven Grübel-Prozess handelt oder ein destruktives Gedankenkarussell.
Gedankenkarussell stoppen mit detailliertem Nachdenken
Ja, das Gedankenkarussell lässt sich stoppen. Dazu findest Du allerlei Hinweise im Internet oder in Ratgebern. Typische Methoden, um die Gedankenspirale aufzuhalten sind
Aufschreiben,
Musik hören,
Lesen,
Telefonieren,
Spazierengehen,
Sport,
andere Ablenkungen usw.
Es gibt aber noch eine Methode, die Psychologen 2017 entdeckt haben:
Konkretes Denken mit Fokus auf Details stoppt Gedankenspiralen
Bitte, was? Ja klingt erst einmal seltsam, hat es aber in sich. Nach dieser Studie ist es nämlich äußerst hilfreich, wenn Du Dich auf Details der Situation konzentrierst. Allerdings sollst Du Dir den Kontext des Ereignisses in Erinnerung rufen.
Wichtig dabei: nicht generalisieren. Es geht NICHT darum, darüber zu brüten:
Warum es geschah?
Was der Vorfall über Dich aussagt?
Was der Vorfall über andere aussagt?
Welche möglichen Folgen entstehen könnten?
Stattdessen konzentrierst Du Dich auf sensorische Details und den Ablauf. Also:
Was ist geschehen? (z.B. Streit)
Wo ist es geschehen? Wie sah der Ort aus? (z.B. rechts gab es einen roten Container)
Wer sagte, was zu wem und wie? (z.B. Freund sagte wütend zu Dir die Worte…)
Wie lief das Geschehen ab? (z.B. Du antwortetest verletzt, folgendes…)
Es ist erstaunlich. Die Wissenschaftler führten dazu mehrere Studien durch und das Ergebnis war sehr positiv für die psychische Gesundheit der Teilnehmer. Sie entwickelten Resilienz, indem sie das emotional aufgeladene Ereignis gedanklich aufarbeiteten.
Das Geheimnis ist die Fokussierung auf sinnlich wahrnehmbare Details.
Das Training wurde nicht nur mit depressiven Menschen oder Personen mit einer Neigung zum Grübeln durchgeführt, sondern auch mit Studenten & Schülern nach schlechten Noten und bei zwischenmenschlichen Problemen.
Und warum funktioniert detailliertes Nachdenken bzw. reimaginieren?
Weil es Dich dazu bringt, Dich nicht auf das Problem zu konzentrieren, sondern das Drumherum. Es bringt Dich zurück auf die Tatsachenebene und durchbricht so das Gedankenkarussell.
Fazit: Gedankenspirale
Grübeln ist in erster Linie eine normale Reaktion auf Probleme, Krisen, Konflikte.
Wird das Grübeln chronisch, handelt es sich um ein Gedankenkarussell, das Anzeichen von psychischen Erkrankungen ist.
Gedankenspiralen versetzen Geist & Körper in dauerhaften Stress. In der Folge leidet nicht nur die Psychische Gesundheit, sondern auch die körperliche.
Gedankenkarusselle lassen sich aktiv stoppen. Das funktioniert mit Ablenkung, Verschriftlichung oder dem intensiven Nachdenken über Details der Situation.
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Quellen:
1) Chris Bloom: Gedankenkarussell stoppen: 9 Wege aus der Grübelfalle
2) Wikipedia: Grübeln
3) Dr. Nicolas Gumpert: Grübelzwang
4) Henning Seelmeyer: Grübelzwang – "Wie ein gedanklicher Tinnitus". Interview mit Thomas Hillebrand (Vorstand DGZ e.V.)
5) Tom Westerhold: Wenn das Gedankenkarussell zur Depression wird
6) Julia Sima: Gedankenkarussell stoppen: Raus aus der Grübelfalle
7) Psylex: Konkretes Denken stoppt Grübeln (Studie 2017)
Depressionen ziehen schwere Folgen nach sich und bilden massive Beeinträchtigungen in allen Lebensaspekten der Betroffenen und Mit-Betroffenen. Nicht nur für Einzelne sind sie eine Gefahr: Bereits seit den 1990er-Jahren gelten Depressionen als eine der psychischen Erkrankungen, welche die Gesellschaft am stärksten belasten.