Was macht glücklich? – Lebensglück finden mit Glücksfaktoren

Was macht Menschen glücklich? Über das Lebensglück & Glücksfaktoren liefern Wissenschaften & Philosophie verschiedenste Antworten. Heute, da gibt es eine ganze Glücksindustrie, die Dir weismachen will, es gäbe anhaltendes Glück und Du müsstest es nur mit den richtigen Mitteln herbeiführen. Aber eigentlich läuft die Sache mit dem Glück ganz anders…

Was macht glücklich? Lebensglück & Glücksfaktoren

Was macht wirklich glücklich?

Die Glücksjagd ist alles andere als zufriedenstellend. Im Gegenteil: das Streben nach ständigem Glück kann laut Untersuchungen unglücklich & krank machen.

 

Was macht mich glücklich?

Die Frage, was glücklich macht & worin ein glückliches Leben besteht, scheint so uralt wie die Menschheit selbst. Glück ist heute ein großes Schlagwort für uns.

Doch eigentlich widerspricht der Glückstrend, das schnelle & einfache Herbeiführen von Glück, den wissenschaftlichen & philosophischen Erkenntnissen.

Und es gibt viele Beweise, dass gerade die Suche nach Glück unglücklicher macht.

 

Glücksforschung über ein glückliches Leben

Wusstest Du, dass Menschen um die 65 Jahre oft am glücklichsten sind? Das sagt die Glücksforschung zumindest.

Sie sagt auch, das extrovertierte Personen glücklicher sind als andere, dass emotional ausgeglichene Teenager die glücklichsten Erwachsenen werden, dass ein Mensch zu seinem persönlichen Glück Partner*in, Kinder und gute Freunde*innen braucht.

 

Was glücklich-sein bedeutet…

1939 wurde die längste Studie begonnen, welche die Bedingungen für ein gesundes, glückliches, langes Leben herausfinden sollte.

glueckliches-leben-was-macht-gluecklich.jpg

Verglichen wurden dabei 2 Gruppen: einmal Harvard-Studenten aus reichem Hause und einmal junge Menschen aus einkommensschwachen Familien.

Aktuelle Lebensumstände, Umgang in der Partnerschaft, Kindheit – alles wurde per Kamera dokumentiert.

Und zwar nicht ein paar Jahre, sondern genau bis jetzt (2021 also 82 Jahre) und noch weiter.

Die Harvard Study of Adult Development kam zum Ergebnis, dass es „um die Qualität unserer engsten sozialen Kontakte“ gehe. Sie sind das allerwichtigste für ein glückliches Leben:

 

4 Glücksfaktoren für ein glückliches Leben

  • Partner/Liebe

    Wie gut Du Dich mit Deinem Partner verstehst, mit dem Du zusammenlebst, fällt am schwersten ins Gewicht. Klar, Du lebst mit diesem Menschen auf engstem Raum und sehr privat.

  • Familiensituation

    Auch klar. So wie es sich für Dich im engsten Familienkreis lebt, wirkt sich direkt auf Dein Wohlbefinden aus.

  • Freundschaften

    Die Zahl der Freunde ist ziemlich egal, es geht um die Qualität, den Wert der Freundschaft. Echte Freunde sind für das Glück der meisten Menschen jedenfalls ein wesentlicher Faktor.

  • Gemeinschaft

    Das Umfeld spielt ebenso eine große Rolle dabei, ob Du Dich glücklich fühlen kannst. Bist Du in einer Gemeinschaft gut aufgehoben (Verein, Chor, Sportmannschaft etc.), verspürst Du eher Glück.

 

4 Unglücksfaktoren vereiteln das Lebensglück

Wenn das die 4 wichtigsten Faktoren für ein glückliches Leben sind, dann gibt es auch welche, die für Unzufriedenheit sorgen oder das Glück zumindest reduzieren.

Ja, auch die haben die Forscher identifiziert: „Einsamkeit tötet so wirkungsvoll wie das Rauchen oder Alkoholismus.“ (R. J. Waldinger).

Unglücks-Faktoren sind im Grunde das Gegenteil der 4 Glücksfaktoren:

Einsamkeit – Ablehnung – Hass – Distanz


 

Was macht wirklich glücklich?

Lebensglück finden – Was macht wirklich glücklich?

Wie Sprache, Denken und Fühlen, so ist auch das Glück wandelbar. Aber lässt sich mit Glück kalkulieren? Kann ich es eintauschen, sowie Geld für neue Socken?

Eine ganze Glücksindustrie will Dir das jedenfalls verklickern.

Glück ist heute allgegenwärtig, wenn man annimmt, dass all die strahlenden Gesichter in Magazin und auf Social Media authentisch glücklich sind.

 

Was ist glücklich sein?

Wer sich heute auf Glückssuche begibt, trifft auf Glücks-Experten, die das Blaue vom Himmel versprechen.

Glück wird damit zum Produkt herabgestuft, dass sich ebenso materialistisch erwerben lässt (nämlich, indem man das Coaching, das Buch, den Urlaub, diese Gewichtsdecke etc. kauft.).

Vgl. Innere Zufriedenheit & Glück in der Philosophie

Das Gute daran: Viele Menschen realisieren jetzt erst, dass Sie ein Recht auf Ihr Glück haben und tun etwas dafür.

 

Lebensglück als gesellschaftliches Ideal

Das Schlechte daran: Glück ist heute eine soziale Norm, die Dich verpflichtet, Negatives in der Öffentlichkeit zu verbannen.

Traurig, schwach, unmotiviert zu sein – passiert Dir das, dann bist Du selbst daran Schuld, unglücklich zu sein. Für immer glücklich sein, das geht dann eben mit Coachings, Trainings, Therapien und Beratungen.

 

Das Glücksparadox – Wer sucht, der erwartet zu viel?

glueckliches-leben-was-macht-gluecklich3.jpg

Wenn wir von Glück reden, muss ich auch Viktor Frankl erwähnen, den Gründer der 3. Wiener Schule der Psychotherapie.

Für Frankl ist Glück die Folge eines sinnvollen Lebens. Wie Du es auch hältst – mit dem Sinn des Augenblicks oder den Sinn des gelingenden Lebens „Es ist die Jagd nach dem Glück, die das Glück vertreibt“, sagte Frankl.

Die folgenden Studien bestärken seine Worte.

 

1) Zu hohe Erwartungen ans Glück

Im Jahr 2011 erschien eine Studie, die Aufsehen erregte. Es ging um die Frage: Machen sich Menschen, die Glücklichsein besonders wichtig finden, damit unglücklich?

Die Forscher kamen zum Ergebnis: Je wichtiger jemandem Glücksfindung ist, desto höher ist sein Risiko, enttäuscht zu werden. Und genau das traf bei den Tests häufig ein. Grund dafür sollen die hohen Erwartungen ans Glück sein, so dass man sich nicht glücklich genug fühlt. (1)


2) Zu viel sozialer Druck

Paradoxes zeigt auch eine Studie von 2018 (2): Menschen, die zu einer „Kultur des Glücklichseins“ gehören, kommen mit Misserfolgen & Fehlschlägen schlechter zurecht.

Insgesamt lässt das schließen, dass der soziale Druck, nur positive Gefühle zu erleben (Toxische Positivität), sich negativ auf das psychische Wohlbefinden einer Person auswirkt.


3) Zu hohe Ansprüche an sich selbst

Dazu noch eine Untersuchung (6): Forscher fanden heraus, dass die vehemente Suche nach Glück auch Stress & Unzufriedenheit pusht. Die Erwartung spielte dabei wieder eine große Rolle:

Die Glücksjäger gerieten durch ihre eigenen, hohen Ansprüche in Zeitnot. Die Teilnehmer hatten die ganze Zeit das Gefühl, sie hätten nicht ausreichend Zeit für glücksstiftende Beschäftigungen.


4) Falscher Fokus im Alltag

Es kommt sogar noch besser. Psychologen konnten nachweisen, dass der Wunsch nach mehr Glück die Psyche negativ beeinflusst (5). So wird die Wahrnehmung verstärkt auf Negatives gerichtet. Insbesondere wenn Du Dich als persönlich gescheitert betrachtest.


 

Positive Psychologie & der Glückstrend

Toxic Positivity ist ein Trend, der perfekt ins Scheinleben des Social Media Zeitalters passt. Und auch Seiten von Coaches, Therapeuten und anderen Mental Health Experten werfen einem bloß die standardisierten Sprüche entgegen:

Du allein bist für Dein Glück verantwortlich!

Glücklich sein ist eine Entscheidung!

Du hast Dein Glück selbst in der Hand!

 

Bitte nicht falsch verstehen: Es steckt ein Kern Wahrheit in diesen Sätzen, doch sie stellen das Verhältnis von Individuum und Glück falsch dar.

Dein Glück ist nicht allein eine Haltungsfrage, sondern hat viel mit den Normen & Konventionen der Gesellschaft zu tun.

Das dürfen wir immer wieder im Hinterkopf behalten.

 

Durch die Positivitätsbewegung wird Glück zu einer Privatangelegenheit, die allein mit genügend Willen und Leistung zu erfüllen wäre.

Die typischen Tipps für ein glückliches Leben lauten meist pauschal:

  • Begeisterung finden,

  • gesunde Ernährung,

  • Bewegung,

  • ausreichend Schlaf,

  • soziale Kontakte pflegen,

  • Achtsamkeit,

  • positiv Denken,

  • Muße,

  • Neues ausprobieren,

  • in die Natur gehen,

  • persönlicher Werte bewusst werden durch Selbstreflexion und so weiter und so fort.



 

Die Ansätze der Positiven Psychologie sind deswegen aber kein kompletter Unsinn.

Viel mehr haben sie ihren Ursprung in der antiken Philosophie (zum Beispiel Aristoteles). Dort gibt es Eudämonie bei Aristoteles, tugendhaft & ideal. Hier die Hedonie, eine andere Form des Glücks, von Epikur. Leider wird Hedonismus in der Umgangssprache rein negativ gebraucht und mit sinnlich-kurzfristigen Lüsten gleichgesetzt.

Der philosophische Hedonismus ist da etwas differenzierter. (Vgl. Innere Zufriedenheit & Glück in der Philosophie – Was ist Glück?)

 

Das Problem ist die Industrialisierung des Glücks:

Millionen von Marketing Abteilungen erfinden immer wieder neue Reklame, die Dir einredet, Du könntest das Glück dauerhaft an Dich binden (mit dem oder jenem zum Preis von...bla bla).

Negative Gefühle zu verdrängen, als persönlichen Makel oder Misserfolg, als etwas Schlechtes anzusehen, ist jedoch alles andere als hilfreich & gesund. Sie verpuffen nämlich nicht einfach, sondern werden stärker.

Zum Untermauern eine Langzeitstudie (3) von 2013: Die Spezialisten entdeckten hier, dass Menschen, die häufiger gemischte Gefühle empfanden, eine bessere Gesundheit aufwiesen.

 

Das macht glücklich!
– Tipps aus der Langzeit-Studie

glueckliches-leben-was-macht-gluecklich5.jpg

Zugegeben, Philosophie ist manchmal sehr schwer zu verstehen. Wie wäre es also stattdessen mit den aufschlussreichen Ergebnisse der Harvard Study of Adult Development (16)?

Bei all dem darfst Du nicht vergessen, dass all diese Faktoren keine Garantie für ein glückliches Leben sind.

Aber positive Bestandteile, die Einfluss auf Dein Glück nehmen.

 

Weitere Glücksfaktoren für Dein Lebensglück


1) Glückliche Kindheit als nachhaltiges Fundament

Kinder, die eine gute Beziehung zu ihren Eltern genossen haben, profitieren als Erwachsene von besseren Chancen, gesunde und sichere Beziehungen mit ihren Liebsten zu pflegen.

Eine schöne Kindheit soll außerdem zu langanhaltenden Ehen beitragen und mit einer besseren Gesundheit (auch im Alter) einher gehen.

Wichtig ist außerdem, dass Kinder wenigstens eine enge Beziehung zu einem Geschwisterkind haben, denn statistisch wurden sie im Alter seltener depressiv.


2) Soziale Verantwortung befeuert Glückspotential

glueckliches-leben-was-macht-gluecklich7.jpg

Wenn Du eine schwierige Kindheit hattest, in unsicheren Verhältnissen aufgewachsen bist oder anderes Leid ertragen musstest, dann bist Du nicht zum Unglücklich-sein verdammt.

Denn Menschen im 50.-65. Lebensalter, die sich um ihre kollektive Verantwortung (Generativität) und das Wohlergehen der nächsten Generation kümmern – ob als Eltern, Lehrer, Bauarbeiter, Spender etc. – fühlten sich glücklicher als Personen, die sich dieser Rolle nicht bewusst waren, selbst wenn sie eine schönere Kindheit gehabt hatten.


3) Resistenter gegenüber Stress

Die Untersuchung zeigt außerdem, welche Methoden der Stressbewältigung am besten wirkten.

  • Zu den adaptiven Bewältigungsstrategien gehören: Sublimation (grundsätzlich dagegen vorgehen), Altruismus (sich um andere kümmern), Unterdrückung.

  • Zu den negativen (maladaptiven) Methoden zählen: Verleugnen, Ausführen oder Projektion.

Menschen mit positiven Strategien haben bessere Beziehungen zu anderen Menschen, zu denen auch eine stärkere soziale Unterstützung gehört.


4) Soziale Kontakte / Gemeinschaft

glueckliches-leben-was-macht-gluecklich6.jpg

Interessant ist, dass die Langzeitstudie nicht nur die Qualität der Beziehungen als Bezugspunkt angibt, sondern auch die Anzahl an Zeit mit diesen liebgewonnenen Menschen.

Wenn wir nach unseren glücklichsten Augenblicken und Zeiten im Leben gefragt werden, messen die meisten der Zeit mit Familie, Freunden oder anderen angenehmen Kontakten das größte Glück zu.

Je mehr Zeit eine Person mit anderen Menschen verbringt, umso glücklicher ist sie im Alltag.


 

Fazit:
Was macht glücklich?

  • Es wäre schön, wenn Du das glückliche Leben allein aus Deinem Inneren speisen könntest. Doch leider ist es nicht so einfach. Der Großteil der Studien belegt, dass politische Umstände ebenso auf Dein Glück einwirken, wie Meinungsfreiheit, Demokratie und Sicherheit.

  • Vielleicht noch wichtiger sind gesellschaftliche Einflüsse: "In einer Hochleistungswelt, wie wir sie heute bei uns haben, gibt es oft nur Anerkennung für den, der ganz oben steht, der die Goldmedaille gewinnt", sagt die Soziologin Brockmann. "Dadurch werden die meisten Menschen immer wieder enttäuscht." (17)

    » Vgl. auch: Volkskrankheit Depression – Bedeutung von Gesellschaft & Politik

  • Ein zu viel an Streben nach Glück macht auf lange Sicht eher unglücklich, da es oft eine überhöhte Erwartungshaltung provoziert.

  • Ein soziales Umfeld, auf das wir uns verlassen können und das uns schätzt, ist der wichtigste Faktor für ein glückliches Leben.


Quellen:

1) Nocole S. Savino et al: Can Seeking Happiness Make People Happy? Paradoxical Effects of Valuing Happiness (Studie 2011)
2) L. McGuirk et al.: Does a culture of happiness increase rumination over failure? (Studie 2018)
3) H. E. Hershfield et al: When Feeling Bad Can Be Good: Mixed Emotions Benefit Physical Health Across Adulthood
4) Theresa Bäuerle: Wer Glücke sucht, macht sich unglücklich
5) Sebstian Herrmann: Wer ständig nach Glück strebt, wird unglücklich
6) K Aekyoung & S. J. Maglio: Vanishing time in the pursuit of happiness (Studie 2018)
7) Die Presse: Die Jagd nach dem Glück (Online-Version der Print-Ausgabe, 24.09.2011)
8) Christian Parth: Glücksjäger Mensch: Was uns glücklich macht
9) World Happiness Repot 2019
10) Andrea Barthélémy: Die Jagd nach dem Glück macht erst recht unglücklich
11) Daniela Mocker: Die fünf großen Fragen der Glücksforschung
12) Monika Sax: Glück – Psychologie
13) Metzler Lexikon der Philosophie: Glück
14) Gisbert Knüphauser: So gelingt uns ein glückliches Leben – Eine Spurensuche
15) Harvard Second Generation Study
16) Daryl Chen: 4 lessons from the longest-running study on happiness
17) Joachim Mohr: Wie findet der Mensch sein Glück? Dreieck des Wohlbefindens

Tamara Niebler (Inkognito-Philosophin)

Hi, ich bin Tamara, freie Journalistin & studierte Philosophin (Mag. phil.). Hier blogge ich über persönliche Erfahrungen mit Depressionen & Angst – und untersuche psychische Phänomene aus einer dezidiert philosophischen Perspektive. Zudem informiere ich fachkritisch über soziale Ungerechtigkeiten und gesellschaftliche Missstände, die uns alle betreffen.

Zurück
Zurück

Reflexion (Philosophie) – Reflektierendes Denken & seine Formen

Weiter
Weiter

Entstigmatisierung (Anti-Stigma) – Was tun gegen Stigmatisierung?