Unterdrückte Wut rauslassen – Wut zeigen ist gesund & wichtig
Wut zu unterdrücken lernen wir früh. Dabei beweist die Medizin, dass innere Wut Deinen Geist & Körper krank macht. Wut rauslassen ist gesund, solange Du hier ein bestimmtes Ausmaß nicht überschreitest. Zudem kommt es immer auf die Art an, Deine Wut auszuleben.
Es gibt viele Arten seine Wut auszudrücken
wobei keine unterdrückt werden sollte. Wut rauslassen ist sogar notwendig, um gesund zu bleiben.
Wut im Bauch – gib ihr Ausdruck!
Denk positiv, Only Good Vibes und Entspannungs-Mantras haben heute Hochkonjunktur. Wut oder Aggression sind hingegen unerwünscht. Vor allem in der Öffentlichkeit. Im Christentum gilt Wut bzw. Zorn sogar als Todsünde.
Allerdings hat Wut ein Anrecht gefühlt, angenommen und kommuniziert zu werden, wie jedes andere Gefühl auch. Das zeigt sich alleine darin, dass wir Menschen ein Wut-Gen besitzen.
Die Frage ist also nicht, soll ich Wut zulassen?
Viel mehr geht es darum, dass Du erkennst, dass sie da ist, warum sie das ist und ihr angemessen Ausdruck zu verleihen.
Das sagt sogar der Dalai Lama 😃 Der hat übrigens 2020 ein Buch herausgegeben mit dem Titel: „Be Angry! Die Kraft der Wut kreativ nutzen“. Also, wenn so ein chilliger Mensch das schon sagt...
Wut liegt dem Menschen im Blut
In unserer und vielen anderen Gesellschaften ist Wut verpönt. Erziehung & unser Sozialgefüge bringen Dir zwar schon früh bei, Wut nicht zuzulassen, sondern rational und rücksichtsvoll zu sein.
Aber ist das deswegen gut? Oder geht es hier nicht eher, um eine bestimmte Art der Aggression. Also wie Du Wut zeigst?
Die Medizin belegt jedenfalls, dass Wut eine Basisemotion ist.
Total natürlich: Gerade Menschen in westlichen Sozialgefügen besitzen Gene, die uns für Wut prädestinieren. DARPP-32 (9) oder das Fyn-Gen sind solche Erbanlagen, die in diversen Varianten existieren (8).
Sogar Babys und kleinste Kinder sind wütend – und das sollen sie auch sein, um zu zeigen, wenn etwas nicht stimmt, etwas ungerecht ist etc.
Wut durch Fluchen auszudrücken ist sogar sinnvoll und entlastend. Übrigens lassen sich auch Schmerzen durch rausgelassene Wut besser aushalten.
Wohlgemerkt: Wir sprechen hier nicht von übertriebenen, cholerischen Wutanfällen mit richtigen Fluch-Tiraden, die nicht enden wollen. Denn die machen krank: So wurde 2014 in Studien (10) beobachtet: häufige Wutanfälle erhöhen das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.
Na, davon sind wir ganz weit weg, wenn ich hier allgemein von Wut rede. Es geht ja nicht darum, andauernd wütend zu sein. Sondern Wut als natürliches Gefühl zu sehen, ihren Nutzen zu erkennen und nach Außen zu tragen.
Wut in der Philosophie-Geschichte
Bilder, die uns bis heute prägen
Woher kommt die Verurteilung der Wut eigentlich? Wie so oft, ist diese Auffassung historisch entstanden. Mit Wut & ihrer zerstörerischen Macht haben sich die Menschen schon vor Jahrtausenden beschäftigt. Dabei war Wut und Zorn schon immer zweideutig.
Die Illias nimmt den Zorn des Achilles zum zentralen Ausgangspunkt ihrer Erzählung. Weil Achill von Agamemnon um seine Kriegsbeute (Briseis) betrogen wird, weigert er sich wütend mit den anderen Griechen um Troja zu kämpfen. Als sein engster Freund Patroklos im Krieg stirbt, verwandelt sich Achilles Groll in rasende Wut um. Er verfällt in einen kopflosen Blutrausch und erhält so die mörderische Kraft, den trojanischen Helden Hektor zu töten.
Ganz wichtig: In der Antike war Wut den Herrschenden vorbehalten. Sie war daran gebunden, die Macht zu haben, sie vollziehen zu können.
Thymos, das griechische Wort für Wut & Zorn, bedeutet aber auch Eifer und Lebensenergie, die den Tatendrang der Heroen befeuert. Ohne thymos kein Leben.
Wut bei Platon & Aristoteles
Der Philosoph Platon beschreibt den thymos als 3. Seelenteil neben Vernunft & Begierde. In mythischen Bildern beschreibt Platon, wie Vernunft die beiden Triebfedern des Menschen, unbeherrschte Begierde & motivierende Wut, leiten soll.
Aristoteles sieht Wut bzw. Zorn als eines von 11 Grundgefühlen an und verbindet auch etwas Positives damit. Zorn ist ein “von Schmerz begleitetes Trachten nach Rache wegen einer erlittenen Geringschätzung” (22). Wut aufgrund von Kränkung ist für ihn nicht total unvernünftig, braucht aber die Führung durch unseren Verstand.
Wut bei den Stoikern
Anders sehen das die Stoiker, die heftige Gefühle als Übel ansehen und die Tugend des Gleichmuts postulieren. Seneca schreibt zum Beispiel: “Der Mensch ist zu gegenseitiger Hilfe geschaffen, der Zorn zur Vernichtung” (De Ira). Wut hat für ihn nichts Nützliches an sich. Sie ist lediglich ein blinder, zerstörerischer Trieb, den man gar nicht erst Ausdruck geben sollte.
Wut in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts
Das stoische Verständnis von Wut wurde im Laufe der Zeit vorherrschend. Im 18. Jahrhundert wird die Wut in Verbindung mit Ohnmacht und Scham gebracht: „Wütend wird man gewissermaßen aus der eigenen Schwäche heraus - wer wütend ist, ist schwach, irrational und gelegentlich auch lächerlich.“ (Lehmann, Quelle 21)
Rehabilitierung der Wut in der Moderne
Heute sind sich Philosophie & Psychologie einig: Wut zum Ausdruck zu bringen, ist wichtig. Sie ist ein Signal für Dich selbst, aber auch für Dein Umfeld. Berechtigte Wut steckt Grenzen und kann Veränderung bewirken. Maßlose Wut ist jedoch gefährlich für Dich und die Umwelt.
Wut zu unterdrücken, ist nie gut
Leider steckt die negative Betrachtung von Wut immer noch in Köpfen vieler Menschen fest. Du wirst schnell verurteilt, wenn Du Wut zeigst – insbesondere als Frau (vgl. toxische Weiblichkeit), aber auch generell als Erwachsener.
Negative Gefühle auszuleben, wird oft mit Hysterie, Schwäche oder Überempfindlichkeit gleichgesetzt. Oder sogar mit einer psychischen Störung.
Wie immer, ist das nur die halbe Wahrheit.
Na, nicht mal die halbe.
Wut zu unterdrücken ist nicht gesund für Deine psychische Gesundheit. Das ist genauso wie bei jeder anderen Emotion: an sich können wir hier nicht von guten oder schlechten Gefühlen sprechen.
Jedes Gefühl fordert Beachtung, ansonsten frisst es an Deinem Inneren und an Deiner Gesundheit. Wut zu unterdrücken, zehrt sogar mächtig an Deinen geistigen und körperlichen Energiereserven. (mehr dazu im letzten Abschnitt dieses Blog-Beitrags)
Übrigens gehen Mann und Frau unterschiedlich damit um. Männer zeigen ihre Wut oft laut und offensiv. Frauen richten ihre Wut häufig gegen sich selbst (Autoaggressionen).
Vgl. auch Depression: Aggressionen in 50 % aller Fälle oder Depression bei Männern: Wut auf Partner
Was im Körper passiert, wenn Du wütend bist
Wut setzt einen richtigen Energie-Push frei.
Deine Atemgeschwindigkeit steigt
die Pulsfrequenz ist höher
der Blutdruck schießt nach oben.
Außerdem spannt sich die Muskulatur an
und die Blutgefäße werden enger
Der hohe Blutdruck hemmt gleichzeitig kognitive Prozesse, er schirmt sozusagen Dein Gehirn von äußeren Reizen ab, um voll und ganz auf den Kampfmodus eingestellt zu sein.
Darum ist es auch fast unmöglich, einen wütenden Menschen mit rationalen Argumenten zu beruhigen. Weitere Effekte sind die Linderung von Ängsten & Schmerz sowie die Förderung von Mut & Motivation.
Salopp ausgedrückt: Wut verändert die Welt!
Du siehst, es ist nicht so einfach, Wut als negativ abzutun. Generell ist ein Entweder-Oder-Denken die falsche Herangehensweise, wenn es um die Bewertung von menschlichem Verhalten und Denken geht 😉 Aber das nur so nebenbei...
Was ist Wut?
– Unterschiede zu Ärger & Zorn
Wut gilt als heftige Emotion bzw. Affekt und als impulsive, aggressive Reaktion, die durch unangenehme Geschehnisse oder Aussagen ausgelöst wird. Die Psychologie unterscheidet zwischen Zorn, Ärger und Wut (2):
Ärger ist die leichtere Form von Wut, dient umgangssprachlich aber oft als Überbegriff für Wut (Rage), Unbehagen, Unmut, Missmut, Zorn.
Zorn ist mehr an das Ziel geknüpft, etwas zu verändern. Die Wut ist dagegen explosionsartiger und unkontrollierter.
Aggressionen sind Verhaltensweisen, also Methoden, Wut und andere Emotionen (Frustration, Schmerz, Furcht, Hunger) zu zeigen. Wut dagegen ist eine bloße Emotion.
Wie Wut entsteht (Psychologie)
Zur Entstehung von Wut gibt es verschiedene Ansätze in der Psychologie. Die wichtigsten Theorien sind:
Freuds Triebtheorie: jeder Mensch besitzt einen angeborenen Aggressionstrieb. Die Unterdrückung führt zu seelischen Krankheiten.
Frustrations-Aggressions-Theorie: hier ist die Aggression eine Reaktion auf Frustration. Wut dient also zum Abreagieren.
Banduras Lerntheorie: aggressives Verhalten ist erlernt, also von Erfahrungen und Personen antrainiert.
Schandrys Misch-Theorie: Die Erscheinungsform von Wut soll genetisch bedingt sein, ihre Kommunikation aber von Lernvorgängen & Kognition basieren. Formen und Art der Wut orientiert sich an sozialen Normen, die je nach Gesellschaft & Milieu anders entwickelt wird.
Heute ist man sich relativ einig, dass Wut eine psychische Schutzreaktion ist (5), die durch äußere Faktoren oder innere ausgelöst werden kann.
Körperlich ist die Wut in mehreren Gehirnstrukturen verortet, die als Netzwerk miteinander kommunizieren (6): darunter zum Beispiel die Amygdala, die auf Gefahren und soziale Signale reagiert. Oder auch der präfrontale Kortex, in dem vor allem rationale Prozesse ablaufen.
Die 4 Arten der Aggression
Nicht jede Wut ist gleich und wird auf gleiche Weise ausgelebt. Tatsächlich unterscheiden Psychologen unter 4 verschiedenen Aggressionen, die jeweils ein anderes Potential und eine andere Ausdruckskraft von Wut mit sich bringen (1).
1) Konstruktive Aggression
Das ist die gesunde Wut, die Du brauchst, um in Deinem Leben weiter voranzukommen, Dich nicht zu verkünsteln und Dich durchzusetzen.
Konstruktive Aggression sorgt dafür, dass Du aktiv wirst, anstatt passiv alles über Dich ergehen zu lassen. Dazu zählt auch, Widerstände und Hindernisse als Herausforderung anzunehmen, ohne den glauben an Dich und Deine Selbstwirksamkeit zu verlieren.
Gründe, warum Du konstruktive Aggression brauchst:
um Deine Ziele zu erreichen
um Mut zu haben, Dinge kritisch zu hinterfragen
um Dich abzugrenzen bzw. Deine Grenzen zu zeigen
um Dich auf neue Denkweisen und Situationen einzulassen
um Dinge zu verändern
um Dein Selbstwertgefühl zu stärken (vgl. kein Selbstwertgefühl)
um Dich bei Gefahr zu verteidigen
Wichtig: Konstruktiv ist Wut, solange Du weder Dir selbst noch anderen ernsthaft Schaden zufügst. Hier ist das richtige Maß des Wut-Auslebens relevant, aber auch notwendig.
2) Passive Aggression
Auch diese Wut musst Du rauslassen, um nicht daran zugrundezugehen.
Das Problem ist in diesem Fall, dass Du die Wut nicht offen kommunizierst, sondern in Dir selbst austrägst. Das kommt oft von Lernprozessen: vielleicht wurdest Du früher dafür bestraft, weil Du Position bezogen hast.
Merkmale von passiver Aggression sind:
Du hast negative Denkmuster und Glaubenssätze verinnerlicht, ausgelöst durch schlimme Erfahrungen
Du legst ein Vermeidungsverhalten an de Tag, blockierst Dich dabei aber selbst
Du bringst Aufgaben nicht zu Ende oder verschiebst sie lange (privat oder beruflich)
Du bringst verbale Spitzen, tust gleichzeitig aber so, als wäre alles in Ordnung
autoaggressive Einstellung, selbstverletzende Tendenzen
Damit Dich Deine Wut nicht länger gefangen und klein hält, musst Du lernen, sie zu spüren und nach außen hin zu kommunizieren.
3) Heiße Aggression
Klingt sehr plastisch. Auch die heiße Aggression ist eine typisch menschliche Eigenart, die jeder von uns in sich hat. Sie zeigt sich durch Wutausbrüche, Schreien, angespannte Körpersprache.
Heiße Aggression lässt sich nicht einfach so beherrschen, planen oder sonst was. Sie geschieht einfach.
Oft kommt es zu heißen Aggressionen, wenn:
Du Dich bedroht fühlst (Selbstwert, Selbstbestimmung)
Du Dich nicht respektiert fühlst
Du ständig kritisiert wirst
Selbstkontrolle kannst Du bei dieser Art von Wutanfall vergessen. Da spielen nämlich Gehirn-Aktivitäten und körperliche Reaktion so stark ineinander, dass Du wenig tun kannst.
Dein Gehirn steckt im Kampf-Flucht-Modus und schirmt sich gegen die meisten Außenreize ab.
4) Kalte Aggressionen
Die kalte Wut-Kommunikation zeigt sich durch strategisches und systematisches Vorgehen: die Wut ist klar abgespalten, damit das jeweilige Ziel erreicht wird.
Sie ist nicht per se schlecht, sie ist wahrscheinlich evolutionsbedingt. Bei der Jagd war es zum Beispiel wichtig, sich nicht von Aggression leiten zu lassen, sondern vernünftig vorzugehen.
Kalte Wut wird genutzt:
zum Beispiel beim Mobbing mit psychischem Druck & physischer Gewalt (Job, Familie, Freundeskreise)
von Menschen mit psychopathischen Zügen
von Menschen, die eine positive Einstellung zu Gewalt haben
wenn ein Ziel erreicht werden soll.
Du entscheidest Dich hier bewusst für ein aggressives Verhalten (im Gegensatz zur heißen Aggression). Auch die kalte Aggression ist nicht an sich negativ - es kommt immer auf den Kontext ihrer Ausübung an.
Mut zur Wut – warum Du Wut ausleben darfst & sollst
Kein Gefühl löst sich in Schall und Rauch auf, nur weil Du es nicht zeigst.
Viel schlimmer, je öfter und mehr Du Emotionen unterdrückst, desto mehr verliert Dein Leben an Intensität und Qualität. Sowohl im geistigen als auch im körperlichen Bereich.
Ich meine damit nicht, Du sollst herumlaufen und irgendwelche Leute schlagen oder beleidigen. Ich meine eine adäquate Weise von Wut-Rauslassen.
Studien belegen mittlerweile: Anhaltende negative Gefühle und Gedanken schwächen Dein Immunsystem und machen Dich anfälliger für Infektionskrankheiten, wenn Du sie in Dir schwelen lässt.
Zusammenhänge auf somatischer Ebene:
Hypertonie
Diabetes
Herzkrankheiten
Nierenschäden
Magen-Darm-Probleme
Zusammenhänge auf psychischer Ebene:
Panikattacken (Vgl. Panikattacken – Was tun als Partner?)
Suchterkrankungen
Schlussendlich macht unterdrückte Wut anfällig für maßlosen Zorn und Eskalation. Dann reicht der kleinste Auslöser, wie ein falsch verstandener Blick, und Du kannst vollkommen Ausflippen.
Zeige Dich,wenn Du wütend bist
Bist Du auf jemanden wütend, weil der Mensch Dich verletzt hat oder irgenwie anders Deine Grenzen überschritten hat, dann darfst Du das auch offen zeigen!
Die Energie Deiner Wut solltest Du nutzen. Natürlich nicht, indem Du heftig beleidigst, herumbrüllst, Dich kreischend auf den Boden wirst oder zuschlägst. Das wäre ja destruktiv und ist oft Ausdruck von reingefressener Wut.
Aber ich halte es für wichtig, dem Gegenüber klar zu zeigen, dass Du wütend bist.
In seltenen Fällen bin ich sogar fürs Beschimpfen: Wenn Dir ein Arschloch weh tut, dann darfst Du denjenigen auch Arschloch, Idiot oder Pisser nennen 😅 Natürlich nur, wenn es in angemessener Relation steht.
Generell halte ich einen verbalen Ausdruck Deiner Wut für sinnvoller bzw. angemessener, als nur mit dem Fuß aufzustampfen. Zum Beispiel so:
“Ich finde das richtig Scheiße von Dir!"
“Was fällt Dir eigentlich ein, verdammt?!”
“ich bin extrem sauer, lass mich jetzt in Ruhe.”
Es muss natürlich keiner dieser Beispielsätze sein. Je nach Situation und Beteiligten sind andere Formulierungen angebracht.
Ist klar, ne?
Wut verändert die Welt
Die österreichische Psychiaterin Heidi Kastner hat den Blick auf die Wut schön zusammengefasst (22): “Sie vermittelt klare Grenzen, setzt Warnsignale, befreit von der Spannung, die aus Kränkung entsteht, vermittelt uns selbst präzise Einsichten in unsere Schwachstellen und fordert uns auf zu Veränderung, entweder an uns selbst oder unseren Lebensumständen, sie fordert und fördert Lebendigkeit.”
Fühlst Du Dich nicht geachtet, nicht akzeptiert und unterdrückt, dann entsteht Wut. Sie ist demnach eine Verteidigung Deiner Würde & Selbstachtung.
Wut bringt Dich zum Handeln! Bringt ganze Revolutionen hervor. Maßvolle Wut reißt Dich aus Deinem Hamsterrad, setzt Energien in Dir frei und füllt Dich mit Lebendigkeit.
Nochmal: Es geht nicht um die rasende Wut eines Achill, die in einem blutrünstigen Gemetzel endet. Zudem ist Achills Racheakt eher ein Ausdruck der zuvor unterdrückten Wut.
Nein, es geht um das richtige Ausleben von Wut und ihren Nutzen.
Unterdrückte Wut rauslassen
Zu empfinden, ist erst einmal nichts Schlechtes. Die Frage ist, wie kannst Du Wut, die Du bereits unterdrückst auf eine konstruktive Weise ausleben?
Dazu findest Du natürlich tausendfach Ratgeber und Tipps im Internet oder in Büchern. Ja, es gibt auch Anti-Aggressionscoachings und was weiß ich nicht alles.
Ich persönlich kann damit nichts anfangen. Übrigens sind Wuträume oder in den Wald gehen und Wut herausschreien laut Untersuchungen nicht dazu geeignet, Deine unterdrückte Wut nachhaltig abzubauen (16).
Es bringt wenig, wenn Du Dir jedes Wochenende mal Zeit nimmst, um einen Boxsack zu bearbeiten.
Wenn Du die Wut nicht realiter an den Adressaten richten kannst (weil nicht mehr da, destruktiv für euer Verhältnis etc.), dann könnten die folgenden Tipps helfen:
1) Verschriftlichen
Mein absoluter Favorit. Ich schreibe alles nieder, was mir die Wut eingibt. Du musst den Text ja nicht weitergeben. Es geht erst einmal darum, dass Du Deine Wut rauslässt. Danach kannst Du darüber nachdenken und Dich selbst reflektieren, falls das reine Ausleben in schriftlicher Form nicht ausreicht.
Ich finde es jedenfalls genial, meine Wut in Form von Gedichten oder Geschichten Ausdruck zu geben. Je kreativer, umso besser. Ray Bradbury meinte sogar, Wut und Hass sind starke Leidenschaften, die man wie Liebe und andere Gefühle zum Schreiben nutzen muss, um ein guter Autor zu sein.
Das funktioniert übrigens auch mit anderen kreativen Tätigkeiten: zum Beispiel Malen oder Zeichnen. Hauptsache, Du setzt Dich mit Deiner Wut auseinander und verarbeitest sie.
2) Bewegung
Auch super, da Du Deine Wut auf körperliche Ebene abreagierst. Und Glückshormone freisetzt, die der Aggression entgegenwirken, weil körperliche Aktivität den Cortisol- und Adrenalin-Spiegel senkt. Das kann ein Spaziergang an der frischen Luft sein, Tanzen oder Sport.
Wichtig ist nur, dass die Bewegung für Dich keine Qual ist.
3) Atem-Übungen mit Sofort-Effekt
Den Atem zu beobachten und kontrolliert zu regulieren hilft tatsächlich, weil Du dadurch ebenfalls Deinen Stresspegel senkst. Die langsame Atmung zwingt Deinen Körper sozusagen zur Ruhe, was wiederum Deinen Geist entspannt.
Am besten funktioniert das mit einer Kombi: Während Du tief und intensiv ein- und ausatmest, zählst Du in Gedanken langsam bis 10. Für Geübte ist die 3-7-8 Atemtechnik super: Einatmen und bis 3 zählen, Atem anhalten und bis 7 zählen, in Folge die 8 zählen und ausatmen.
Fazit: unterdrückte Wut herauslassen
Wut ist ein natürliches Gefühl und eine Basisemotion des Menschen
Wut braucht jeder Mensch, um Veränderungen zu erzielen, Selbstbewusstsein aufzubauen, kritisch zu denken uvm.
Chronische Wut macht krank
Wut zu unterdrücken macht ebenfalls krank, so werden Depressionen, Angststörungen und andere psychische Krankheiten mit unausgelebter Wut in Verbindung gebracht.
Es gibt 4 Typen von Aggressionen, wobei die konstruktive Art, Wut rauszulassen, am gesündesten und hilfreichsten ist.
Die besten Methoden, um unterdrückte Wut abzubauen, sind: kreative Verarbeitung, Bewegung, Atem-Übungen.
Wenn alles nichts hilft und Deine Wut schon lange besteht
Je länger Deine Wut an Dir frisst, desto schwieriger wird es für Dich, sie angemessen auszuagieren. Oft hat sie dann schon Deine psychische bzw. körperliche Gesundheit angegriffen.
In diesen Fällen ist fachärztliche Hilfe angesagt, zum Beispiel in Form einer Therapie.
Das ist völlig okay, denn die Wut hat sich dann bereits so stark verinnerlicht, dass es verdammt vielen Menschen unmöglich ist, alleine damit fertig zu werden. Und das muss auch niemand!
Ganz im Gegenteil, es ist sogar höchste Zeit, dass Du Dir Hilfe nimmst. Du hast schließlich ein Recht darauf, wie jeder andere Mensch auch.
Quellen:
1) Heike Leye: (Gefährliche) Wut im Bauch: 4 Arten von Aggression, die dir im Alltag begegnen
2) Verena Kast: Vom Sinn des Ärgers. Anreiz zur Selbstbehauptung und Selbstentfaltung
3) Anita Timpe: Ich bin so wütend! Nutzen Sie die positive Kraft Ihrer Wut!
4) taz online: Wissenschaft des Ärgerns – Die Wut im Bauch rauslassen
5) Oberberg-Kliniken: Die Macht von unterdrückten Gefühlen: Wie sich innere Wut auf die psychische Gesundheit auswirken kann
6) Tim Wiese: Emotionsforschung – Wer Wut unterdrückt, kann depressiv werden
7) Rebekka Thommen: 8 Anzeichen, dass unterdrückte Wut Dich blockieren könnte
8) Eric Mick et al: Genome-wide association study of proneness to anger (Studie 2014)
9) Martin Reuter et al: The biological basis of anger: associations with the gene coding for DARPP-32 (PPP1R1B) and with amygdala volume (Studie 2014)
10) Ärzteblatt: Wutanfall kann Herzinfarkt und Schlaganfall triggern (2014)
11) Pia Rauschenberger: Genderforschung – die Wut der Frauen
12) Jan Brüseke: Wut rauslassen: Wie Sie Ihre Wut kontrollieren und abbauen können
13) Anne-Ev Urstorf: Wut rauslassen: Wütend werden? Ja, aber so richtig!
14) Sascha Müller: Wut rauslassen: So machen Sie Ihrem Ärger Luft
15) Jana Zeh: Einfach mal alles rauslassen: Wie ratsam ist der Besuch im Wutraum?
16) Julia Beil: Rache ist süß und besser als ihr Ruf – Wir sollten Wut rauslassen
17) Dr. Udo Baer (Gesundheitswissenschaftler) im Interview: Ganz cool bleiben – So lässt sich Wut in den Griff bekommen
18) Susanne Rytina: Zornig im Büro – Der Ärger muss raus, aber richtig
19) Prof. Dr. Dr. Serge K.D.Sulz: Wo Angst ist, soll Wut werden – oder: Wut ist unsere vitale Kraft (PDF, Deutsche Angst-Hilfe e.V.)
20) Ray Bradbury: Zen in der Kunst des Schreibens
21) Michael Graupner: Unterschätzte Emotion – Machen Sie mich nicht wütend
22) Thomas Vašek: Wut und Traurigkeit (Serie: Die Weisheit der Gefühle, Teil 3)